Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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Verf. teilt ferner mit. daß die Hospize des Vereins für Kinderheil 
stätten an den deutschen Seeküsten, von denen dasjenige inWyck nahezu vollendet 
ist und dasjenige auf Norderney hoffentlich bald in Angriff genommen werden 
kann, um als deutsches Nation al-Hospiz an die Stelle des gegenwärtig 
provisorisch eingerichteten Hospizes zu treten, eine derartige Einrichtung und Ver 
waltung erhalten werden, daß gesundheitgemüßeste Beschaffenheit der Wohnung 
und Ernährung, mit Gewährung eines jeder Altersstufe entsprechenden Unterrichtes, 
den Winteraufenthalt für die Kinder in jeder Weise ersprießlich machen kann. 
Zum Schluß rekapitulirt Verf. noch einmal die Krankheitszustände, für welche 
der verlängerte Aufenthalt in der Nordseeluft von zweifellosem Nutzen sein 
werde und kommt dann ebenfalls noch einmal auf die Lehre von der An 
st e ck u n g s f ü h i g k e i t der Schwindsucht und ker Beziehung der Koch'scheu 
Bazillen zu derselben zurück und sagt wörtlich: 
Zugegeben, daß die Aufnahme der Bazillen in den Organismus w irk- 
lich für die verschiedenen Schwindsnchtsformen das veranlassende Moment 
bilden, so lehrt doch die Erfahrung von Jahrhunderten, daß zahllose Menschen, 
auch bei täglichem Verkehr mit Schwindsüchtigen, nicht von der Krankheit 
ergriffen werden. Selbst in Schwindsuchts-Hospitälern, wie z. B. im Brompton- 
Hospital in London, gehört die Erkrankung gesunder Wärter und Wärterinnen 
an der Schwindsucht zu den allergrößten Seltenheiten. Die Verteidiger der 
Bazillen-Theorie erklären dies damit, daß die Bazillen sich nur aus einem 
bestimmten Boden entwickeln, nur in bestimmten Konstitutionen sich ver 
mehren und nur in diesen die Schwindsucht erzeugen, ist dieses aber der Fall, 
so wird es sich, um der Entwicklung der Schwindsucht entgegenzutreten, lediglich 
darum handeln können, die Konstitutionen der Art zu ändern oder zu be 
festigen, daß sie keinen geeigneten Boden für die Entwicklung der Bazillen 
mehr darbieten, denn die Vernichtung der Bazillen selbst würde bei der unge 
heuren Verbreitung derselben auch bei der weitgetriebensten Desinfektion in 
keiner Weise gelingen. Die Hauptaufgabe des praktischen Arztes wird dem 
nach auch bei der weitgehendsten Koneession au die Bazillen-Theone nur dahin 
gehen können, die Mittel und Wege ausfindig zu machen und zu bestimmen, 
durch welche die phthisische Konstitution oder Anlage gebessert oder beseitigt wird, 
so empfehlenswert daneben immerhin auch Maßregeln sein mögen, welche auf 
eine Unschädlichmachung der Bazillen selbst hinzielen. Die Bazillen-Theorie kann 
demnach auch Nichts an den Wegen ändern, welche wir gegenwärtig verfolgen, 
um der Verbreitung der Phthisis mehr und mehr wirksam entgegenzutreten, und 
die Nordseeluft wird die gleiche heilkräftige Bedeutung be 
halten, ob man der Bazillen-Theorie beipflichtet oder ob man sie als eine jener 
mikroskopischen Entdeckungen betrachtet, deren Lebensdauer nach Henles Aus 
spruch selten mehr als 4 Jahre betrügt. Etwas Anderes ist, ob die Bazillen im 
kranken Organismus selbst e n t st e h e n d e Fermente sind. Die Buhl sche 
Jnsektionslehre des Miliartuberkels bildet den festen Ausgangspunkt 
für die weiteren Forschungen. Daß es sich bei der Entstehung einer Verbreitung 
des Miliartuberkels int Organismus wirklich um eine Infektion handelt, 
wird man kaum in Abrede stellen, nur Natur und Wesen des Jnfektionsstoffes 
sind noch fraglich! Aber auch in diesem Falle bleibt dem praktischen Arzte 
nichts übrig, als seine Bestrebungen der Verbesserung, resp. Änderung der 
Konstitutionen zuzuwenden und ein rüstiges Fortschreiten auf diesem Wege 
wird uns noch immer die relativ günstigsten Resultate erreichen lassen! 
Man sagt von unserem Prießnitz, daß — als ihn ein Kurgast zu guter 
Stunde einmal fragte: mit was er denn heilen würde, wenn er k e i n W a s s e r
	        
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