Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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Schmerzen hörten auf, es kamen vielmehr noch Herzklopfen und Ängst 
lichkeit hinzu; der Hausarzt konstatirte nun ein Herzleiden und gab 
dagegen Digitalis; es wurde aber von Tag zu Tag immer schlechter 
mit dem Kranken; dies dauerte beinahe drei Wochen; endlich äusserte 
sich der Hausarzt, dass eine Gefahr bevorstehe; die Eltern wurden nun 
bestürzt und liessen den best renommirten Arzt und Operateur in unserer 
Gegend holen; als derselbe den Kranken untersucht hatte, sagte er, dass 
sich eine hochgradige Herzerweiterung entwickelt habe, welche un 
heilbar sei; der Hausarzt habe auch die richtigen Mittel angewendet, 
denn er selbst hätte ihm auch nichts anderes verordnet. Er könne den 
Patienten aber nicht annehmen, weil in Folge des Herzleidens 
auch die Lungen angegriffen worden und Patient wohl sterben werde. 
Auf diese Erklärung fiel der Vater in Ohnmacht, die Mutter aber kam 
nicht aus der Fassung, sondern verabschiedete beide Ärzte, indem sie ihnen 
gleich das Honorar nach Hause schickte, und liess mich rufen; sie bat 
mich, ich solle ihr meine Meinung offen sagen, ob ich noch Hoffnung hätte 
zur Besserung, worauf ich versicherte, dass ich ihren Sohn nach meinem 
besten Wissen und Gewissen untersuchen und eine naturärztliche Pflege 
anwenden werde, um ihm zu helfen, nur müsse ich ihn genau be 
obachten, wozu ich wenigstens drei Tage nötig habe, und dann werde 
ich ganz aufrichtig meine Ansicht über ihren kranken Sohn äufsern. Die 
Mutter führte mich nun ins Krankenzimmer; ich fand den jungen Men 
schen sehr leidend, blasses eingefallenes Gesicht, auf welchem eine grosse 
Angst ausgeprägt war, schnelles Atemholen mit erweiterten Nasenflügeln; 
man sah deutlich, wie beide Halsadern pulsirten; er musste immer eine 
Bückenlage haben, denn er konnte auf keiner Seite liegen, weil die Angst 
grösser wurde; ich sah, wie das Hemd in Folge der starken Herzbewegung 
immer gehoben wurde, die Herzschläge korrespondirten mit den Halsadern ; 
seine Haut war heiss anzufühlen und mit klebrigem Schweifse bedeckt; 
es war kein Appetit, kein Schlaf vorhanden, sondern eine immerwährende 
Aufregung und Unruhe; nichts konnte man ihm recht machen, trotz 
dem er eine liebevolle Pflege von seiner Mutter und 3 Schwestern genoss. 
Durch mein Ohr, welches ich unmittelbar auf die Herzgegend legte, hatte 
ich alle Symptome wahrnehmen können, welche deutlich auf eine hoch 
gradige Herzerweiterung erkennen liessen; die Diagnose war also 
richtig konstatirt! 
Ich kenne die ganze Familie schon lange; Vater und Mutter, sowie 
8 Geschwister, unter welchen er der jüngste Sprössling ist, sie alle sind 
gesund und kräftig, weder Skropheln, noch ein anderes Siechtum war bei 
einem vorhanden, keines von ihnen litt je an einem Herz- oder Lungen- 
Fehler. Es ist bei diesem jugendlichen Individuum bei der grossen Kälte, 
welche in diesem Winter herrschte, beim Schlittschuhlaufen eine Erkältung 
entstanden und in Folge dessen ein akuter Gelenk - Rheumatismus 
eingetreten, wobei auch der Herzbeutel angegriffen wurde. Durch die 
aufregenden Arzneien resp. Gifte ist eine subakute Entzündung in den 
Herzorganen hinzugekommen und daher die höchste Gefahr konstatirt. 
Meine Behandlung war die hautbelebende und ableitende Methode; ich 
liess ihn mit 24 Grad Wasser täglich früh und abends mittels eines 
Schwammes teilweise abreiben und gleich abtrocknen, welches im Anfange 
schwer durchzuführen war, weil man ihn mit Mühe auf beide Seiten 
wenden konnte, denn aufsitzen war unmöglich; als ableitende Methode
	        
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