Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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Mai 1882 einen Vortrag über die „Nutzlosigkeit der Vivisektion" 
gehalten, worin er nachweist, daß alle Behauptungen der Vivisektoren bezüg 
lich des Nutzens der Tierexperimente für die Chirurgie u n wahr und un 
haltbar sind! 
Mein Besuch in Davss. 
(Januar 1880h 
Von einem süddeutschen Vegetarianer. 
Auf einer Geschäftsreise in der Schweiz nahm ich mir die Zeit, einen Ab 
stecher nach dem weltberühmten Winterkurorte Davos im Kanton Grau 
bünden , ea. 5500 Fuß über dem Meere gelegen, zu machen. Landquart an 
der Rheinthalbahn ist die Station, von der man per Postschlitten in 7 Hz 
Stunden nach Davos fährt. Am Sonntag, dem 25. Januar, früh 9 Uhr, 
traf ich in Landquart ein und lernte dort im Hotel die übrigen Passagiere 
nach Davos, 1 Amerikaner, 1 Schweizer, 1 Wiener, 1 Russin kennen. Die 
Konversation war reilweise französisch, teilweise deutsch; ich machte den Dol 
metscher, da der Amerikaner und die Russin nicht deutsch, sondern sich nur 
mittels der französischen Sprache verständlich machen konnten. Die Kälte im 
Thal war groß, etwas über 20 Grad Reaumur; die Passagiere sprachen davon, 
man müsse durch richtige Speisen und Getränke gut einheizen, die Russin war 
für Glühwein; der Wiener aber behauptete, Bouillon mit Ei, dann ein Rost- 
boeuf und Sassella (der beste Veltliner Wein, 4 Franken die Flasche) erwärmen 
am besten. 
Ich wurde eingeladen, mich auch auf diese Weise zu stärken; wie erstaunten 
aber die Leute, als ich ihnen erklärte, daß ich keinen Wein trinke, weil derselbe 
nur eine Zeit lang warm halte und man nachher um so mehr friere; im ersten 
Augenblicke erhitze er allerdings, treibe das Blut durch die Adern, nachher 
aber erfolge eine Erschlaffung und ein um so größeres Kältegefühl. Ich be 
stellte und verzehrte daher nur einiges Brod mit 3 weichen Eiern und zum 
Nachtisch mehre Äpfel. Ich trank nicht einmal Wasser dazu, wohl wissend 
aus Erfahrung, daß mau um so weniger friert, je weniger man überhaupt 
trinkt, weil der Körper um so weniger ausdünstet und hierbei Wärme verliert. 
Die Russin meinte, während ich das Obst aß, es friere, sie, wenn sie mich die 
kalten Apfel nur essen sehe, worauf ich ihr erklärte, daß diese Äpfel in meinem Magen 
auch Wärme erzeugen, weil der in ihnen enthaltene Zucker sofort gähre, während 
der Zucker in ihrem Wein bereits im Faß vergohren und der Währungswert 
des Weinmostes dadurch verloren gegangen sei, sich im Gegenteil in den 
absolut giftig wirkenden Weingeist verwandelt habe; ich versicherte sie weiter, 
daß ich trotz meiner leichten Kleidung, ohne Pelz, ohne Unterleibchen, nur mit 
einem baumwollenen Nachthemd unter dem weißen Taghemd und nur mit 
Glacehandschuhen versehen, nicht frieren werde. Es wurde über mich gespöttelt; 
man staunte aber noch mehr, als ich nur im offenen Schlitten Platz nahm, 
während die übrigen Passagiere sich im geschlossenen Schlitten gut einhüllten. 
Auf der etwa um 1*/* Uhr erreichten Mittagsstation Kublis aßen meine stark 
fröstelnden Reisegefährten wieder tüchtig Fleisch zu Mittag und tranken wieder 
Wein, während ich nur etwas Käse und Brod nebst 1 / a Flasche Bier genoß. 
Die Gesellschaft wunderte sich über meine ihr so sonderbar vorkommende Lebens 
weise. Ich befand mich aber, trotz der großen Kälte, welche meinen Bart ganz 
mit Reif überzog, auf der Fahrt ganz wohl, ohne durch die Kälte zu leiden.
	        
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