Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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quem ist, ein Stück Watte mit Sicherheitsnadeln an ein Taschentuch befestigen 
und sich bei den betreffenden Patienten (im Notfall Zahnschmerzen heuchelnd) 
mit demselben Mund und Nase bedecken; 
2. da bei pressanten Operationen und Manipulationen nach vorhergegangener 
Berührung mit Fäulnis und Krankheitskeimen bei anderen Patienten der arme 
Landarzt in die Klemme kommen kann, wird geraten, statt jedesmal die Kleider 
zu wechseln, diese dadurch zu desinfiziren, daß er sich dieselben mit einem in 
üprozentige Karbolsäure getauchten Schwamm oder Leintuch abreiben läßt; 
3. derselbe Arzt soll sich nach jeder verdächtigen Visite Haar und Bart 
mit Karbolvaseline pomadisiren und sich Hände und Gesicht mit 5 prozentiger 
Karbolsäure waschen; 
4. entgegen Wern igs Ansicht, der unsere Machtlosigkeit der Luftdesin 
fektion in Krankenzimmern gegenüber fatirt, hält Verfasser die Möglichkeit der 
selben aufrecht. Er rät, ei» Bettuch aus einer Gießkanne mit 5 prozentiger 
Karbollösung zu begieße» und es sollen dann zwei Leute dasselbe an den vier 
Ecken halten, auf- und niederschwingen und die Bakterien fangen, dasselbe wird 
ausgekocht und diese Jagd 3 —10 mal täglich erneuert. Für die Privatpraxis 
und ganz kleine Krankenzimmer wird die Konzession gemacht, daß der Patient 
oder Krankenwärter einen karbolisirten Regenschirm auf- und abschwingt; 
5. Wände, Decken und Dielen sollen folgendermaßen desinfizirt werden. 
Ein heugabelähuliches Instrument, dessen zwei Zinken durch einen eisernen Stift, 
auf dem eine Holzrolle beweglich läuft, verbunden sind, soll von einem Kunst 
schlosser gemacht werden. Die Rolle wird mit Watte umgeben, letztere mit 
5 prozentiger Karbolsäure getränkt und dann läßt man die Rolle Boden, 
Decken und Wänden entlang gleiten, 1—2 mal täglich, und das Zimmer ist 
desinfizirt." 
Der Leser glaubt wohl, das sei Spott oder Verhöhnung, aber nein — es 
ist bitterer Ernst, die äußerste Konsequenz der Bakterienlehre! Angesichts 
solch' haarsträubender Weisheit dürfte jede weitere Kritik überflüssig sein! 
Zur Dieber-efiilition. 
Vom Herausgeber. 
In dem Befinden des Prinzen Karl hat sich bis jetzt noch kein Fieber 
eingestellt. Der fünfte oder sechste Tag der Krankheit, also der Donnerstag oder Freitag, 
wird als sehr entscheidend für den weiteren Verlaus angesehen; tritt bis zu den genannten 
Tagen k e i n F i e b e r e l n , s v h v s f t m a n , daß der Prinz bei seiner immer noch 
starken Körpcrkonstitntion in nicht zu langer Zeit den Fall glücklich überstan- 
den haben wird. (Dresdner Nachrichten v. 9. Juni 1882.) 
Aus vorstehender Mitteilung haben wir mal wieder den sonnenklarsten Be 
weis, daß das Fieber nicht als ein Extra-Heil bestreben der Natur 
anzusehen ist, wie unsere selbst sich so nennenden Lehrer der Naturheilkunde 
in ihren Schriften und Vorträgen dem Publikum noch immer vordemonstriren, 
sich anschließend an den Ausspruch Rauffk's in seinen „Miszellen zur 
Gräfenberger Wasserkur" Kap. 9, S. 93 „Natur und Zweck des Fiebers", 
wo er wörtlich sagt: „Das Fieber ist nichts mehr, nichts weniger als die 
Wirkung einer heftigen Anstrengung ^?), die über die normalen nach 
haltigen Kräfte des Körpers geht". Und Kollege Th. Hahn definirt es in 
seinem „Handbuch der naturgemäßen Heilweise" II, S. 33: „Wie das 
ursprüngliche Wesen der Entzündung, so ist auch das des Fiebers allemal 
ein Aufruf des Gesamtorganismus, fein d l i ch e Angriffe auf seinen Bestand
	        
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