Volltext: Der Naturarzt 1879 (1879)

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Sprudicä: „Hundert Krankheiten Vorhuten ist leichter, als eine einzige heilen" — greife 
tcq fei bst Z u - sobald das geringste Unwohlsein bei mir und meinen Angehörigen auftritt, 
^ch habe damit schon so schöne Resultate erzielt, daß ich nicht selten von Andern zu Rathe 
gezogen werde! " > 
Dresden, 6. Octobcr 1869. 
Hugo Kreisch in gr, Lehrer der 8. Bezirksschule. 
Inzwischen ist dieser Herr zum Schuldirector avancirt und in einen ganz 
anderen Stadtthcil versetzt worden; da ich nun vor ca. zwei Jahren in der 
Nähe seiner neuen Wohnung eine Patientin öfters besuchen mußte, so benützte 
ich eines Tages diese Gelegenheit, ihm einen freundschaftlichen Besuch zu machen; 
er begleitete mich alsdann in die Stadt herein bis aus den Neumarkt, wo 
unsere Wege auseinander gingen; hier klopfte er mir auf die Schulter und 
sagte schmunzelnd: „Nicht wahr, lieber Doctor, das Zeugniß müssen Sie mir 
geben, daß Sie seit zehn Jahren keinen Groschen mehr in meinem Hause ver 
dient haben; ich habe Ihnen jetzt Alles abgelernt!" Ich lachte und 
sagte: „Ja, es ist richtig, daß ich von Ihnen seit dem Jahre 1867 keinen 
Groschen mehr erhalten habe, und wenn ich lauter solche Kundschaft hätte, ich 
längst auch ohne Familie verhungert wäre!" 
Als ich andern Tags meine Patientin wieder besuchte, begegnete mir das 
älteste Töchterchen von K„ begrüßte mich und klagte mir, daß sein Brüderchen 
krank geworden sei und im Bette liege. Ich entgegnete ihm, daß ich dem 
Jungen schon gestern Abend angesehen, daß er nicht recht wohl sei, es brauche 
sich aber nicht zu ängstigen, denn der Papa werde ihn schon wieder kuriren. 
Redactionsarbeiten hielten mich diesen Abend, wie schon mehre vorher, länger 
auf als sonst, so daß ich erst nach Mitternacht mein Lager aufsuchte und 
kaum eingeschlafen, wurde ich gegen 1 Uhr geweckt und erhielt eine Karte mit 
folgenden Worten: 
Mein jüngster Sohn ist seit 4 Tagen krank; eben komme ich nach Hause und finde 
das Kind bewußtlos; jedenfalls Gehirnkrankhcit; bitte, kommen Sic sofort 
mit dem Boten. Hugo Kretzschmar, Schuldirector. 
Ich fragte den Ueberbringer, ob er einen Wagen mitgebracht habe, denn 
ich sei so müde wie ein Droschkenganl an Vogelwiesetagen und könne den weiten 
Weg nicht eilends zu Fuß machen, ganz abgesehen davon, daß mir mein 
krankes Schienbein einen solchen Eilmarsch von mehr als 30 Minuten 
schon gar nicht gestatte; nächstdem verstehe der Herr Schuldirector, wie er 
mir vorgestern noch sarkastisch versichert, das Naturheilverfahren ja so gut wie 
ich selbst; er solle also nur einstweilen ein laues Halbbad mit kühler Ueber- 
gießung vornehmen und gegen Morgen, wenn ich etwas geruht habe und geistig 
wieder frisch sei, werde ich bestimmt kommen und dann bleiben, so lange als 
nöthig. Als ich am frühen Morgen die Treppe hinabging, erhielt ich eine 
2. Karte mit der Bemerkung: „ich solle von dem erbetenen Besuche nur abstehen, 
da Kr. den Dr. med. Meinert habe holen lassen, der von jetzt ab auch 
sein Hausarzt sein werde!" — 
Und Tags darauf las ich im „Dresdner Anzeiger" die Todesnachricht 
dieses Jungen! Da ich nun mit Dr. med. Meinert in den nächsten Tagen 
wegen einer Patientin eine Confercnz hatte, so benützte ich diese Gelegenheit 
ihn zu fragen, wie er den Jungen gefunden habe. Derselbe sagte mir, daß er 
den Pat. bereits im Collaps angetrosten und die Krankheit als Diphtherie 
erkannt habe, was der Herr Schuldirector nickst gewußt (s. oben); er habe auch 
nichts mehr verordnen können, als ein laues Bad; nun fragte er mich, warum 
ich denn nicht gegangen sei und stimmte mir dann vollständig bei, als
	        
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