Volltext: Der Naturarzt 1879 (1879)

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Methode befolgt und seine Anstalt alljährlich ausdehnen muß und doch zum Brechen 
voll hat, unlängst schreibt — herrscht jetzt ein babylonischer Wirrwarr 
im sogenannten Naturheilverfahren und es thut Noth, daß man wieder Klarheit in die 
Sache bringe und sich bewußt werde, was Prießnitz schon geleistet hat! Daß 
bei Ihnen keine Animosität gegen denselben vorherrscht, bin ich überzeugt und darum 
möchte ich Sie freundlichst bitten, künftig in Ihren Ausdrücken und Citaten über Prießnitz 
etwas behutsamer zusein, denn der Mann ist todt und kann sich nicht mehr vertheidigen! 
Antwort: Ich danke Ihnen sür.Jhre Mittheilung und lasse dieselbe hier zur Belehrung 
auch für Andere abdrucken, möchte aber doch kurz beifügen, daß ich allerdings nicht mit 
eigenen Augen das Leben und Treiben auf Gräfenberg unter Prießnitz gesehen 
habe, aber außer dem, was ich in ca. fünfzig und mehr Schriften über ihn gelesen, noch 
viel von Personen gekört habe, die Monate lang in den vierziger Jahren auf Gräsenberg 
waren und deshalb immerhin einiges Urtheil mir zutrauen darf; nächstdem aber betone 
ich, daß es ja in der menschlichen Natur liegt, daß Einer nicht gleich von vornherein Voll 
kommenes leisten kann und darum halte ich es für kein Verbrechen, daraus hinzuweisen, 
daß auchdiePrießnitz'scheWasserheilmethode ihre Wandlungsstadien theils 
unter ihm selbst, theils unter seinen Nachfolgern durchgemacht hat. — 
Ab. in S t r e b i tz. Wo bleibt der junge Mann mit der K n i e g e s ch w u l st, 
welche die Aerzte mehrmals aufgeschnitten haben und der nun statt einem gesunden, be 
weglichen Beine ein krummes, steifes hat? Wenn ich den Patienten selbst gesehen und 
untersucht habe, kann ich doch viel sicherer Rath ertheilen, als auf Ihre Beschreibung hin 
und demselben gleich die Curmanipulation zeigen, die hier am Platze ist. — 
Daß dort in dem kleinen Nest von achthundert Einwohnern gegen vierzig, Kinder b e i 
medizinischer Behandlung am Scharlach g e st o r b e n sind und Sie deshalb 
Ihr Kind selbst mit Wasser behandelt und dadurch gerettet haben, ist bemerkenswerth. 
Frau B. in F ö r d e r st e d t. Daß Sie dort bei siebenhundert Einwohnern dreiund 
fünfzig Unterschriften auf die Oidtmann'sche Petition und fünfhundertfünfzig Jmpfpfemüge zu 
sammengebracht haben, ist eine Heldenthat, die eine Votivtasel verdient; da müssen 
sich doch die Dresdner Frauen schämen, die eine verschwindend kleine Anzahl von Unter 
schriften und Psennigen zusammengebracht! Sie fragen wegen Behandlung wunder 
d u r ch g e s o g e n e r Brustwarzen an, indem Ihre Frau Tochter bei ihrem ersten 
Kindbett fürchterlich kabe leiden müssen trotz all Ihrer Mühe, ihr durch feuchte Compressen 
auf Brust und Leib Linderung zu verschaffen und darum der zweiten Entbindung in acht 
Wochen mit großer Besorgniß entgegensehe; obwohl der Nichterfolg der Wasserbehandlung 
daher rühre, daß die Hebamme hinter Ihrem Rücken vier bis sechs Wochen vor der 
Entbindung M u s c a t n ü s s e in Sp.iritus getaucht auf die kleinen Brustwarzen 
gelegt habe, um solche zu vergrößern? A.: Das war allerdings von der klugen Hebamme 
unrecht gehandelt, daß sie hinter Ihrem Rücken die Brustwarzen mit Spiritus tractirte. 
denn diesem Umstand muß ich wohl die Schmerzhaftigkeit beim Saugen und die Eiterung 
zuschreiben, da ich schon mehren Frauen am selben Uebel mit bestem Erfolge geholfen habe, ja 
sogar in solchen Fällen noch. wo die Brüste zur Hälfte schon ganz vereitert waren 
(ich werde demnächst einen solchen Fall nach Aufzeichnungen des Mannes mittheilen). — 
Ihre Frau Tochter möchte sich gerne ein gutes Handbuch des Naturheilverfahrens anschaffen 
und hätte Lust zuMunde 's Buch, konnte dasselbe aber in L e i p z i g bei A r n o l d nicht 
bekommen ! Wo ist dasselbe denn zu erhalten ? A.: Jede Sortimentsbuchhandlung muß Ihnen 
dasselbe verschaffen können, wenn nicht, dann will ich es Ihnen in kurzer Zeit besorgen! Nach 
Munde haben Sie Ihr jüngstes Töchterchen, welches Sie trotz mehrmaliger Bestrafung nicht 
imp sen ließen und das dann zur Freude der dort igen Aerzte die Pocken in fürchter 
lichem Grade bekam, mit Wasser behandelt, dabei aber doch Unglück gehabt, indem das 
Gesicht des Kindes, trotz Befolgung der Munde'schen Vorschrift, starke Narben davongetragen, 
wodurch dasselbe zeitlebens entstellt ist! Und doch sind Sie drei Wochen lang 
Tag und Nacht nicht von seinem Bette gewichen, um solches Unglück zu verhüten! — Das 
ist sehr bedauerlich! Siehe heutiges Attest bei Diphtherie, worin auch von einem schweren 
Pockenfall berichte! wird, der ohne Narben ablief! — Durch sofortiges Aufstechen jeder 
vollen Pustel, Auswaschen derselben mit lauem Wasser und nachhcrige feuchte kalte Com 
pressen bis zur Heilung wird jegliche Narbenbildung verhütet! 
Ab. in Wien (Bierbrauer für Andere und Vegetarianer für sich). Ueber Ihre 
humoristische Expectoration wegen der geplanten erhöhten Malzsteuer und die dadurch pro 
vocirte Bierkalamität resp. B i e r t r i n k e r k ä l a m i t ä t im deutschen Reiche — in 
nächster Nummer.
	        
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