Volltext: Der Naturarzt 1879 (1879)

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pflanzliche Parasiten, Pilze und Pilzkeimc (Sporen) gefunden 
und daraus den Schluß gezogen, daß dieselben mit der Entstehung der Krank 
heit im Zusammenhang stehen! Diese Annahme ist zur Zeit aber noch eine 
Hypothese, resp. eine offene Frage. 
Die Krankheit tritt nicht blos selbstständig auf, sondern kommt auch bei 
anderen Erkrankungen vor, namentlich beim Scharlachfieber; es ist ja 
bekannt, daß dasselbe gewöhnlich mit Halsschmerzen verbunden ist und Hals 
entzündung ein charakteristisches Symptom desselben bildet; diese Scharlach 
bräune tritt nun gerade so auf, wie die pure diphtherische, indem man hier 
ebenfalls den grauweißen Belag bemerkt. 
Das Krankheitsbild der Diphtherie ist ungefähr folgendes: man hat 
ein unangenehmes Gefühl von Mattigkeit und Abgespannthcit in allen Gliedern, 
abwechselnd Frösteln und vermehrte Wärme, man fühlt sich wie zerschlagen, 
ist unlustig zur Arbeit; Kinder liegen theilnahmlos in einer Sophaecke oder 
wollen nicht aus dem Bette heraus; Appetitlosigkeit, belegte Zunge, großes 
Durstgcfühl; die Pulse gehen rascher und legt man den Thermometer an, so 
findet man eine um 2—3 und mehr Grade erhöhte Körpertemperatur, also 
schon bedeutendes Fieber! Nun empfindet man beim Schlucken ein 
stechendes Gefühl auf einer oder beiden Seiten des Halses und drückt 
man hier von außen in der Gegend der Mandeln etwas herzhaft, so verspürt 
man einen lebhaften Schmerz nach innen; untersucht man jetzt die Mund 
höhle, so bemerkt man gerade aus eine starke Röthung des weichen Gaumens 
und seitwärts auf den beiden Drüsen, den Mandeln, kleine oder schon 
größere Stellen, die mit gelblichgrauen oder grauweißen Auflager 
ungen bedeckt sind, schimmelich aussehen; dies ist der berüchtigte 
diphtherische Belag, welcher in der Größe variirt; man kann denselben mit 
einer Pincette abziehen und findet darunter keine Schleimhaut mehr, sondern 
ein offenes Geschwür. Auffallend ist unter solchen Umständen der 
süßlich faulige Geruch aus dem Munde, und erkennt man schon 
an diesem das Vorhandensein der Diph t herie. Der Krankheitsproceß dehnt 
sich nun auf der Halsschleimhaut mehr und mehr aus, indem er dieselbe 
immer weiter in solche diphtherische Häute verwandelt und sie dadurch ver 
nichtet oder er bleibt auf der ersten Stelle wie gebannt stehen; man hat da 
her in neuester Zeit 2 Formen der Rachendiphtherie aufgestellt, die eine 
mit weichem, rahm- oder käseartigem, leicht zerfließendem, locker haftendem 
und darum auch leicht zu entfernendem Exsudat von größerem Umfang, die 
andere mit sulziger. fast knorpelartiger, sehr fest haftender, meist nadel 
förmig zugespitzter, zum Zerfließen keine Neigung zeigender, zäher Aus 
schwitzung von geringerem Umfang; die erstere milde Form läßt eine g ü n st i g e 
Prognose zu, die zweite schwere Form nur eine sehr schlimme, in 
dem hier der Tod in kurzer Zeit durch Blutvergiftung erfolgt. Bei 
der milden Form grenzen sich die dicken weißgelblichen Membranen gegen 
die dunkel geröthete Schleimhaut ab, lösen sich vom Rande aus'und gehen in 
einzelnen Fetzen fort, theils werden sie verschluckt und gehen dann durch den 
Darm ab, theils werden sie durch Räuspern ausgcspien. Das Hauptzeichen 
beginnender Besserung ist der Nachlaß des Fiebers, dann wird das Schlucken 
wesentlich erleichtert, die Zunge röthet sich wieder von der Spitze an, der Ge 
sichtsausdruck wird wieder ein freundlicher, der Appetit kehrt wieder und mit 
größerer Nahrungsaufnahme wachsen die Kräfte und weicht die oben geschilderte 
Mattigkeit und Schwäche. Nun ist noch zu merken: selbst wenn die 
Krankheit scheinbar in Genesung endet, folgen auf dieselbe in vielen Fällen
	        
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