Volltext: Der Naturarzt 1879 (1879)

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Die Nacheilbriilme oder Diphtherie. 
Kurze Beschreibung und Behandlung derselben 
von Hnstav Woköokd. 
Bereits im Jahrgang 1873, Nr. 5—7, habe ich einen längeren Artikel 
über diese Krankheit nebst Krankengeschichten gebracht und wenn es jetzt wieder 
geschieht, so erfülle ich nur den dringenden Wunsch verschiedener Leser und 
neuer Abonnenten und weil die Diphtherie durch den jüngsten Todesfall in 
D a r m st a d t wieder ein besonderes Interesse erregt hat. 
Mit den Worten R a ch e n b r ä u n e (auch M a n d e l b r ä u n c) bezeichnet 
man eine eigenthümliche Entzündung des M u n d e s, resp. des Hinteren 
Theiles desselben, des R a ch c n s und d c r d a r i n befindlichen Gebilde, 
welche mitAusschwitzung plastischer, eine eigenthümliche Auflager 
ung bildender Massen verbunden ist, welche die alten Aerzte zur Römer 
zeit schon kannten und angina maligna (bösartige Rachenentzündung), neuere 
französische Aerzte aber wegen des Belages nach dem griechischen Worte Diph- 
thdra (Haut) Diphtherie oder Diphtheritis benannten. 
Unsere Pathologen zählen die Diphtherie (was richtiger sein soll, als 
D i p h t h e r i ti s!) zu denjenigen akutenVergistungs-Krankheiten, 
welche sich durch ein Contagium (Ansteckungsstoff) verbreiten, das hier un 
zweifelhaft in den von den Rachengebilden abgestoßenen PseudoMem 
branen und Gewebsfetzen und in der von den Kranken ausgeathmeten 
Lust enthalten ist, denn die Organ e im Mundc (Mandcln, Gaumen 
segel, Zäpfchen) sind es hauptsächlich, welche eine Ernährungs 
störung erfahren haben, doch pflanzt sich dieselbe auch auf die obern Abschnitte 
der Luftwege (Bronchien), die Nieren, NMz, sogar bis in's Nerven 
system fort, woher die große Mannigfaltigkeit der hier auftretenden Krank 
heitserscheinungen resultirt. C h a r a k t e r i st i s ch ist bei der D i p h t h e r i e 
aber immer der grauweiße Ueberzug (Pseudomembran genannt, nach 
Anderen der S ch i m m e l p i l z s. unten) der Mandeln und Gaumensegel, 
kurz gesagt: der hintern und seitlichen Rachenpartie, welcher sich 
in manchen Fällen leicht, in manchen sehr schwer abstreifen läßt, später 
jedoch von selbst abgestoßen wird, wenn er zu einer mißfarbenen, stinkenden 
Masse zerfallen ist und dann einen S u b st a n z v e r l u st der befallenen Gebilde 
durch Zerstörung der betreffenden Schleimhaut hinterläßt. Es ist also 
wohl zu bemerken: ohne diesen grauweißenUeberzug — keine Diph 
therie ! Geht die Entzündung bis zum Kehlkopf und in die Luftröhre 
hinab, so tritt hier die Ernährungsstörung in anderer Form auf, nämlich 
in croupöser, d. h. die Schleimhaut wird mit einer andern Ausschwitzung 
bedeckt, welche man leicht abstreifen kann und die nach der Abstoßung 
keinen Substanzverlust hinterläßt, und von der ein anderes Mal die Rede sein soll. 
Ich füge hier bei, daß neuere Pathologen die Behauptung aufstellen: die 
Diphtherie feie lediglich die Folge einer Pilzwuchcrung und dieser ur 
sächliche Pilz wuchere nicht nur in der Ausschwitzung, sondern dringe auch 
in das Schleimhautgewebe und die dasselbe durchziehenden Blut- und 
Lymphgefäße ein, gelange so in den Kreislauf und durchwandere 
den ganzen Körper, namentlich aber werde er in den Nieren abgeschieden 
und in Folge hiervon vermöge er auch in diesen krankhafte Veränderungen 
hervorzubringen! Man hat nämlich bei der microscopischen Untersuchung 
neben den zerstörten organischen Theilen der kranken Schleimhäute noch
	        
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