Volltext: Der Naturarzt 1879 (1879)

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ihre Nahrung — Baum- und Becrenfrüchte —zu ergreifen. Virchow 
mag sich nun drehen und wenden wie er will, es wird ihm mit der Ernährungs 
frage gerade so gehen wie mit der Jmpffrage, er wird in beiden noch sein 
porter peccavi anstimmen müssen. Da lobe ich mir doch unsern klugen Sanitäts 
rath Dr. P a u l N i e m e y e r, der läßt dem Vegetarianismus vollste Ge 
rechtigkeit widerfahren, obgleich er selbst kein Vegetarianer ist; damit er 
nun aber in aller Ruhe ohne Vorwürfe seinen Braten und B r a t w u r st re. 
essen kann, hat er sich gar trefflich eine famose Hinterthüre erfunden, welche 
man aus Nachstehendem ersehen wird. In M i t t w e i d a in Sachsen hat der 
selbe nämlich den von ihm verfaßten Aufsatz „Ueber Dichtung und 
Wahrheit in der Heilkunde", den ich in Nr. 1 im Auszug mitgetheilt 
habe, ebenfalls vom Blatt abgelesen und bei der darauf folgenden 
gemüthlichen Unterhaltung, wobei Braten, Fisch und Wurst gegessen, 
Bier getrunken und geraucht und dem Herrn Sanitätsrath verschiedene 
Fragen gestellt wurden, unter anderen auch die: „Kann der Mensch ohne 
Fleisch leben, gesund bleiben und dabei alt werden?" — 
nachstehende Antwort gegeben: 
„J a w o li 1! Auch gebe ich gern zu, dass die Vegetarianer nicht so leicht 
erkranken, wie die Fleischesser, zumal heutigen Tages so viel krankes Vieh 
geschlachtet und dessen Fleisch verkauft wird (vor Kurzem ward wieder von 
Chemnitz (150) und Lockwitz (100) über vielfältige Erkrankungen von 
Erwachsenen und Kindern berichtet, in Folge des Genusses von Würsten, welche 
mit Fleisch von krankem Vieh bereitet wurden! d. R.); ich habe auch mehre sehr 
gute Freunde unter den Vegetarianern, achte dieselben sehr hoch, zumal sie den 
selben hygieinischen Principien huldigen, wie ich; wer kein Fleisch essen will, der 
lasse es halt bleiben, er thut gut daran und wohl bekomm’s! Meines Er 
achtens ist der Mensch aber nicht blos zum Füttern auf der Welt, 
sondern auch zum Gemessen und darum isst der Mensch auch 
Braten, trinkt Kaffee, Bier und Wein und raucht seine Cigarre!“ 
Mein Berichterstatter schreibt mir dazu: daß das genußsüchtige Publikum 
dem Redner zujauchzte, Beifall klatschte, bravo, bravo schrie, 
ja brüllte, können Sie sich denken; es war ein Heidenlärm! 
Zur Nothwendigkeit chirurgischer Operationen. 
Von Kirstav Wol'öolb. 
In den „Dresdner Nachrichten" vom 16. April d. I. stand folgender Artikel: 
Wie hart manchen Menschen das Schicksal (?) trifft, zeigt nachstehender Fall: 
Im Stadtkrankenhaus liegt jetzt ein armes 14jähriges Mädchen aus Deuben, das 
jüngste von 8 Geschwistern. Im November vorigen Jahres musste (?) ihm ein Bein 
oberhalb des Kniees amputirt werden. Kaum war das verstümmelte Glied geheilt, 
als sich das andere Bein entzündete und zwar der Art, dass , sollte dem Kind 
das Leben erhalten werden, auch dieses (?) amputirt werden musste! Das ist denn 
auch am 8. d. M. geschehen und ist alle Hoffnung vorhanden, das Mädchen am Leben 
zu erhalten — aber in welchem Zustande?! 
Hierauf muß ich nun bemerken, daß mir im vorigen Jahre in meiner Praxis 
wieder ein ähnlicher Fall vorgekommen ist, der aber ein besseres Ende genommen 
hat, als der vorstehende, weshalb ich ihn hier zum Besten geben will, woraus 
man nun aber ganz deutlich erkennen kann, daß es mit dem „mutzte^ nicht 
immer so dringend ist, wie die Herren Beinabschneider in ihrer Weisheit ganz 
unfehlbar sich einbilden! — 
Im Mai vorigen Jahres bat mich Frau Baronin von Gassen, Gemahlin 
des königlich bairischen Gesandten hier, Präsidentin des Elisabethvereins, doch
	        
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