Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

84 
er dort durch die schlau berechnete und mit mystischem Scheine ausgestattete Strenge und 
Rücksichtslosigkeit der Doctorbäurin dazu gebracht wird, eine ganz einfache und 
vernünftige ländliche Lebensweise zu führen, wenn er dadurch seine Ge 
sundheit bessert, ist es da zu wundern, daß er vor aller Welt das Lob der Hohen- 
c st e r p r e i st und sie hoch über alle Professoren setzt? Und wer ist schuld daran? 
Niemand anders, als unsere hochweisen Professoren selbst! Sie besitzen Schätze von 
Wissen und speisen die Patienten mit einem Hokuspokus von Recepten ab; bei der 
Hohenester fand das Gegentheil statt: ihr Wissen war reiner Hokuspokus, 
aber sie zwang den Patienten zu einer vernünftigen und geordneten einfachen 
Lebensweise! So war der Erfolg auf ihrer Seite und die Vertreter der 
Wissenschaft haben wie gewöhnlich zu dem Schaden noch den Spott! — 
Und die Doctorbäurin soll ein Vermögen von 250,000 Mark 
zusammengedoctert haben! Soviel schlägt aber sicher ihr guter Freund 
Professor Dr. N u ß b a u m nicht zusammen! 
Ich habe vorstehende Urtheile der Fachpresse über die Doctorbäurin mit 
getheilt, um zu zeigen, daß ich nicht vereinzelt dastehe, wenn ich das Wirken 
derselben dahin analysire, daß ihre, wenn ich so sagen darf, medizinische 
Größe nicht etwa aus der Kenntniß geheimnißvoller egyptischer Wunder 
tränke, sondern vielmehr aus den negativen Leistungen unserer 
Staats Heilkunde recht wohl zu erklären ist, welche wohl gegen Krank 
heiten mit giftigen Stoffen aller Art in dreisten fast poli 
zeiwidrigen Gaben zu Felde zu ziehen, allein keinen kranken Menschen 
körper zu heilen, d. h. in seinem natürlichen Heilproceß mit un 
schädlichen Mitteln zu unter st ützen versteht!! Was sodann die 
Doctorbäurin in ihrem angeblichen Mekka-Mariabrunn bei chronisch 
Kranken wirklich Gutes geleistet hat, das wird in jeder nicht auf Geld 
schneiderei basirten Wasserheilanstalt, in der nicht noch nebenher 
Arzneien angeblich zur Unterstützung der Natur gegeben werden (was in 
manchen von Medizinern geleiteten Anstalten wirklich öfters vorkommt!) und 
wo man der Bequemlichkeit, Sinnlichkeit und Lüderlichkcit der Patienten keinen 
Vorschub leistet, ebenfalls geleistet, weshalb ihr unerwarteter früher 
Tod (erst 49 Jahr alt!) in den Augen Vernünftiger — gerade kein un 
ersetzlicher V e r l u st für die leidende Menschheit genannt werden kann, 
da ja kein wichtiges nützliches therapeutisches Geheimniß 
mit ihr v e r s ch w u n d c n ist! — Mag immerhin ihre Hokuspokus -Wasser- 
guckerei, mit der die Doctorbäurin sogar dem approbirten Dr. Gleich 
zu imponiren verstand (siehe oben) und die sie Niemand lehren zu können vorgab, 
da dics jutv eine Raturgabe von ihr selbst sei, mit ihr ein Ende gefunden 
haben, es werden dennoch nach wie vor kranke Menschen wieder gesund 
werden, ohne daß solcher Schwindel vorher bei ihnen versucht worden ist, da 
zur Behandlung nach dem System des Naturheilverfahrens eine Urin- 
diagnose gar nicht nothwendig, der pure Humbug ist! 
In München und auch hier sprach ich mehre Personen, die in Maria 
brunn einige Zeit zur Kur gewesen, ich erhielt auch mehre Briefe von solchen, 
die in ihrer Verzweiflung, nachdem kein approbirter Doctor ihnen 
mehr hatte helfen können, noch zur Doctorbäurin gegangen waren und könnte 
daher noch Vielerlei über ihr merkwürdiges Thun und Treiben vorbringen, doch 
will ich es gut sein lassen und blos noch anführen, daß zum Originellen ihres 
phänomenalen Auftretens auch die Art und Weise gehörte, wie sie mit ihren 
Patienten verkehrte, nämlich sie duzte Jedermann, ob hoch oder niedrig, 
das war ihr Wurst, nämlich so lange sie ihre Patienten waren und be 
hauptete: ihnen sonst nicht helfen zu können!! Auch nicht übel!!! 
Zn mir redete sie per Sie! Daß die Hohenester auch das Handwerk der
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.