Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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tiker; ebenso wichtig nun wie eine hinlängliche Größe der athmenden 
Fläche ist für das Zustandekommen des normalen Gaswechsels eine flotte 
Erneuerung der in den Alveolen enthaltenen Luft; wird nämlich der 
Brustkorb und mit ihm die Lunge während der Einathmung nicht gehörig 
ausgedehnt oder während derAusathmung nicht gehörig verkleinert, 
so kann die Luft in den Alveolen auch nicht genügend erneuert und in 
Folge dessen weder die im Körper bereitete Kohlensäure in normaler Weise aus 
dem Blute ausgeschieden, noch die für den Organismus nothwendige Menge von 
Sauerstoff dem Blute zugeführt werden. 
Die Anatomie lehrt uns, daß der wichtigste Jnspirationsmuskel das 
Zwerchfell ist, welches während der Inspiration nach abwärts und wenn 
seine Muskulatur erschlafft, theils durch den Druck der comprimirten Bauch- 
eingeweide auf seine untere Fläche, theils durch den Zug der elastischen 
Lunge an seiner obern Fläche in seine exspiratorische Stellung zurücktritt. 
Es ist somit klar, daß der Verlust der Elasticität, welchen die Lunge 
durch die emphysematische Verdünnung ihres Gewebes erfährt, die Rückkehr des 
Zwerchfells in seine exspiratorische Stellung beträchtlich erschwert und unter 
Umständen vollständig aufhebt. Damit fällt die Wirksamkeit des 
wichtigsten Jnspirationsmuskels, durch dessen freie Action die inspira 
torische Erweiterung und exspiratorischeVerkleinerung des 
Brustkorbes und der Lunge und somit der Wechsel der Luft in den Alveolen 
wesentlich bedingt ist, f a st v o l l st ä n d i g aus; man muß demnach als einen 
zweiten wichtigen Factor für die A t h e m n o t h der Emphysematiker die 
permanente inspiratorische Stellung oder den Tiefstand des 
Zwerchfells annehmen. 
Als drittes anatomisches Moment kommt noch eine Entartung 
der Rippenknorpel hinzu, welche in einer Hypertrophie besteht, durch 
welche die einzelnen Knorpel nach allen Richtungen voluminöser werden, 
während sie gleichzeitig eine auffallend feste, spröde und rigide Be- 
schaffenheit annehmen. Durch die Verlängerung der Rippcnknorpel wird nicht 
nur das Brustbein weiter vom vorderen Ende der knöchernen Rippen abgedrängt 
und nach vorn geschoben, sondern es werden auch die Rippen nach oben und 
außen bewegt und in derselben Weise, wie während der Inspiration durch den 
Zug der Juspirationsmuskeln um ihre Längsachse gedreht. Da nun aber die 
hypertrophirten Rippenknorpel eine rigide Beschaffenheit angenommen haben, 
kann der Brustkorb ans dieser inspiratorischen Ektasie, welche viel beträchtlicher 
sein kann als die größte inspiratorische Erweiterung, die der Brustkorb unter 
normalen Verhältnissen erreicht, nicht wieder in seine exspiratorische Stellung 
zurückkehren; es entsteht somit ein Zustand, den man die starre Dila 
tation des Brustkorbes nennt; und dieser permanente abnorme Zustand 
ist der dritte Factor für dieAthemnoth derEmphysematiker. 
Die ganze Erscheinung der Kranken verrätht die gehindertcRespira- 
ration, die Beklemmung, die Athemnoth, den Lufthunger; sie 
bieten alle Kräfte auf, um den Brustkorb ergiebiger zu erweitern, ihre 
Nasenflügel spielen, die untern Halspartien werden bei jeder Inspiration breiter 
und härter. Auf der gehemmten Oxydation und Dekarbonisation des Blutes beruht 
auch die M u s k e l s ch w ä ch e, die S ch l a f f h e i t, die Apathie, welche man bei 
Asthmatikern wahrnimmt. Kommt zu vorstehenden constanten Respirations 
hindernissen noch ein neues hinzu, werden namentlich die Bronchien durch 
Steigerung des Katarrhs beträchtlich verengt, so steigert sich auch die 
Athemnoth zu einer extremen Höhe; die Kranken bringen ganze Nächte aus
	        
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