Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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Jur Jukunftssrtograß oder verbesserten Rechtschreibung. 
Das illustrirte Familien-Journal „Das neue Blatt", Verlag von Payne 
in Leipzig, Redacteur Dr. Franz Hirsch, bringt in seiner Nr. 32 einen Ar 
tikel, bet. „Die Verböserung der deutschen Rechtschreibung", welcher 
also eingeleitet wird: 
Wie unsere Leser wissKl, ist es seit einiger Zeit im Werk, die bisherige deutsche 
Rechtschreibung total umzuwerfen und sogenannte orthographisch ^Verbesserungen 
einzuführen. Das preußische Unterrichtsministerium hat seiner Zeit eine ortographische 
Conferenz zusammenberufen, die aus den gelehrtesten Kennern der deutschen Sprache 
zusammengesetzt war; sie ist aber unverrichteter Sache auseinandergegangen, weil 
die Herren Sprachforscher nicht darüber einig werden konnten, wie weit man zu 
gehen habe. Die Majorität brachte die graue Theorie der Studirlamp e zur Geltung und 
ging in der Revolution gegen die bestehende Rechtschreibung so weit, daß die vernünftigere 
Minorität (darunter der berühmte Sprachforscher Professor Daniel Sanders) die 
Conferenz verließ und Proteste gegen das Gebühren der allzugelehrten Herren veröffentlichte. 
Da nun aber auch viele Laien gelehrt und sein gebildet zu sein glauben, wenn sie in ihrer 
Ortographie v e r m e i n t l i che überflüssige Buch staben beseitigen, so halten 
wir's für nützlich und zeitgemäß, einer Stimme das Wort zu geben, die sich energisch und 
überzeugend gegen dieses Unwesen der omographischen Fanatiker aus- j 
spricht. Wir theilen im Nachfolgenden den wesentlicher Inhalt einer kleinen Schrift mit, die 
unter dem Titel „Deutsche Recht- nicht Schlechtschreibung" ohne Nennung des Verfassers ! 
in Commission bei Denicke in Berlin erschienen ist und die wir hier warm empfehlen. - 
Nach dem bekannten Spruche „auäiatur et altera pars a — man höre 
auch den andern Theil — nehme ich keinen Anstand, Vorstehendes zur Kennt 
niß meiner Leser zu bringen, womit ich mich zugleich bei allen denen gerecht 
fertigt zu sehen glaube, welche mir meine Rückkehr zur üblichen Schreibweise 
übel vermerkt haben. 
Inzwischen habe ich mich in der betr. Literatur umgesehen, nämlich den 
Sanders- und Duden'schen Schriften; es sind folgende: 
„Dr. Daniel Sanders Vorschläge zur F e st st e l l u n g einer einheitlichen 
Rechtschreibung für Alldeutschland. An das deutsche Volk, Deutschlands Vertreter und 
Schulmänner. Erstes Heft 145 S., Berlin 1873, Zweites Heft, 242 S., Berlin 1874. 
Dessen Katechismus der deutschen Ortographie. 3. Aust. Leipzig 1873; dessen Ortho 
graphisches Wörterbuch oder alphabetisches Verzeichniß aller deutschen oder im Deutschen 
eingebürgerten Wörter mit schwieriger oder fraglicher Schreibweise in endgültiger Feststellung. 
2. Ausl. Leipzig 1867; dessen Kurzgefaßtes Wörterbuch der Hauptschwierigkeiten in der 
deutschen Sprache. 10. Ausl. Berlin 1877. Dessen Die großen Anfangsbuchstaben 
in der deutschen Rechtschreibung. Berlin 1873. — Dr. Konrad Duden, Die deutsche 
Rechtschreibung, Abhandlung, Regeln und Wörterverzeichniß mit etymologischen Angaben, 
für die oberen Klassen höherer Lehranstalten und zur Selbstbelehrung für Gebildete. 
Leipzig 1872. Dessen Die Zukunftsortographie nach den Vorschlägen der zur^ Her 
stellung größerer Einigung in der deutschen Rechtschreibung berufenen Conferenz erläutert 
und mit Verbesserungsvorschlägen versehen. Leipzig 1876. Dessen Anleitung zur Recht 
schreibung nebst einer Jnterpunctionslehre. Regeln und Wörterverzeichniß für Volksschulen, 
sowie für die unteren Klassen höherer Lehranstalten. 2. Ausl. Leipzig 1878. 
Ich werde mich bemühen, in Zweifelfällen diesen beiden deutschen Sprach 
forschern zu folgen, bis von Oben herab ein Weiteres in dieser Angelegenheit 
beschlossen wird; ein willkürliches Vorgehen, wenn es auch viele Anhänger 
und Liebhaber finden dürfte, verstößt gegen den Willen der Majorität, der 
wir uns aus triftigen Gründen fügen müssen. Damit wollen wir nun diese 
Angelegenheit vorläufig ruhen lassen! G. Wölb old.
	        
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