Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

34 
AMmmilngsresllliat 
bezüglich -er Schreibweise unsrer Zeitschrift. 
Von 
Gustav Woköotd. 
Nur ein Zehntel (ca. 100) unserer Abonnenten hat unserer Bitte in vor. Nummer 
Gehör geschenkt und schriftlich seine Meinung kundgegeben; diejenigen, welche für Bei- 
b e h a l t u n g der z u r Zeit üblichen schulgemäßen S ch r e i b w e i s e — eine 
geringe M e h'r zahl dieses Zehntels — sich ausgesprochen, sind zum Theil in ihren Ausdrücken 
u n Parlamentarisch über mich und die Andern hergefallen, daß wir auch nur daran denken, 
an der alten ehrwürdigen Schreibweise etwas u n recht zu finden, geschweige daß s i e es gut 
heißen, selbige zu r e f o r m i r e n (an diesem Edelstein zu feilen, wie sich Einer auszudrücken 
beliebt!); dieselben machen es gerade wie die Mediziner und Apotheker, als die 
unsinnige (?) Wasserheilmethode auftauchte und die L o h n k u t s ch e r und 
F r a ch t f u h r l e n t e, als die erste E i s e n b a h n eröffnet wurde! Und jetzt? — da 
lassen sich ja Mediziner und Apotheker selbst mit Wasser kuriren, wenn's der alte er- 
würdige Arzneikolben nicht mehr thun will und die Herren Kutscher fahren flott mit auf der 
verdammten Eisenbahn! Ja, von Lünzen au im Lande Sachsen läßt sich so ein alter 
Schreibzopfheld anonym beikommen, mir auf wirklich flegelhafte Weise den Leviten 
zu lesen (Pfui, schäme er sich!), während wieder Andere die Sache ganz vernünftig auffassen 
und. ihre Ansicht lakonisch zu erkennen geben wie folgt: Ad Zukunftsortografi: 
wider die neue — wieder die alte! Schönsten Gruß! (Bravo, Bruder Zittauer!) 
Von der andern Partei beschwört mich die gute Hälfte, „nur mutig so fortzufaren 
und mich um das gegenteilige Gepolter ja nicht zu kümmern, es sei noch immer so ge 
wesen bei allen Reformen, darum brüllen alle Ochsen, wenn etwas Neues und Gutes auf 
tauche, auch wenn keine mer geschlachtet werden wi zu Pythagoras's Zeiten!" Ich bin nun 
aber Willens, beiden Parteien Rechnung zu tragen und zwar auf folgende Weise: da doch 
die überwiegende Mehrzal für die zur Zeit übliche deutsche Schrift und Schreibweise stimmt, 
so steure ich schon in Nr. 3 wieder i n' s alte großväterliche Fahrwasser, 
bringe aber die S e c u r i u s 'sehe Extra-Beilage mit dessen Zustimmung in 
der internazioualen Zuknnftsorthographie mit latein. Lettern, damit die Freunde der gewöhn 
lichen Schreibweise einen richtigen Begriff davon bekommen, wie dieselbe im Ernste aussieht und 
die Reformfreunde mögen ihre Freude daran haben und zugleich vernehmen, daß ich ab und 
z u m a l ein kurze s Artikelcheu so setzen lassen werde, — ihnen zum besonderen Gruß 
und Ergötzen, aber ja nicht den andern zum Possen und Aerger, sondern vielmehr zur all- 
m ä h l i ge n G e w ö h n ung ! Mein Berliner Freund und Rechtsgelehrte, von dem ich mir 
beileibe keinen Prozeß auf den Hals ziehen möchte, hat insofern Recht, und viele Andere 
haben es ihm nachgesprochen: daß sie den „Naturarzt" wegen seines Inhaltes, nicht 
wegen seiner Schrei b w e i s e halten und durch eine Aenderung in der gewohnten in 
ihrem Genusse nicht gestört sein wollen; die Reformfreunde aber können ihn auch so lesen 
wie bisher und bez. ihrer Liebhaberei mögen sie sich die F r i k k eft'che Zeitschrift halten, damit 
ist Allen geholfen und wir bleiben „Gutfreund" mit allen unsern Lesern, was unser 
aufrichtiger Wunsch ist! 
Daß übrigens eine Reform der alten so zerfahrenen willkürlichen Schreibweise bei 
Vielen großen Anklang findet, die auch n i ch t aus den Kopf gefallen sind, beweisen 
mir die noch täglich einlaufenden Karten mit der Bemerkung — „F ü r di n e n e S ch reib 
weise !" Hat man doch in höheren Regionen vor einigen Jahren dieses Bedürfniß selbst 
gefühlt und daher mehren renommirten „G e l e h r t e ii"*) die Aufgabe eines zeitgemäßen 
Reformversuches gestellt, welche aber, wie es meist so zu gehen pflegt, sich darüber nicht 
einigen konnten , weshalb dann diese deutsche S ch r e i b c o n f e r e n z jo resultatlos 
wieder auseinanderging, wie einst das bekannte Hornberger Schießen! Was bleibt daher 
anders übrig, als daß wieder „dumme Laien" die Sache in die Hand nehmen und 
eine solche Reform anbahnen, welche hernach die Herren Gelehrten herablassend anzunehmen 
geruhen werden , geradeso wie jetzt die Herren Mediziner die P r i e ß n i tz ' s ch e 
Wasserheilmethode in ihre n Heilschatz aufgenommen haben! 
*) Einer dieser Gelehrten — Dr. Daniel Sanders — hat darauf „Vorschläge z u r 
Feststellung einer e i n h e i t l i ch e n Rechtschreibung für Alldeutsch- 
land" herausgegeben, wovon Heft 1 — 1873, Heft 2 — 1874 erschienen ist (Berlin); 
damit ist doch sonnenklarbewiesen, daß wir zur Zeit noch keine einheitliche Rechtschreibung 
besitzen, sondern e r st eine solche anstreben müssen !!!
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.