Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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durch die Impfung lassen sich auf die einfache Prozedur der Sifilisation 
zurückfüren und vollständig erklären. 
Jene Fälle, in denen von der Uebertragung anderer, angeblich 
der constitutioneilen Sifilis angehörenden Formen durch die Impfung 
die Eede ist, gehören sonder Zweifel nicht der Sifilis, am aller 
wenigsten der nicht existirenden, latenten Sifilis, sondern an 
deren Prozessen an, welche entweder unabhängig von der Impfung 
im kindlichen Organismus bestehen .oder möglicher Weise von der auf die 
Kinder übererbten scrofulösen, tuberkulösen, höchst warscheinlich auch 
von der merkuriellen Krase abhängen. Aus disen Gründen halte ich es 
für den Kampf gegen die Impfung für nicht ersprislich und für überflüssig, mit 
dem Schreckbilde der Verpflanzung der latenten Sifilis vorzugehen, da dise 
Teori am Prüfsteine exacter Forschung die Probe nicht bestehen wird. 
Die ganze Impfinstitution steht ja bereits auf so schwachen 
Füssen, dass sie mit den gewönlichen Waffen der wissenschaftlichen 
Warheit zweifelsone vollständig zu bekämpfen ist. Ich halte nebst der 
Aufklärung und Selbsthülfe für eines der wirksamsten Mittel, um den 
Humbug der Impfung bald aus der Welt zu schaffen, folgendes: 
Die Regirungen civilisirter Staten liehen die Prämien und Aus 
zeichnungen für Impfärzte auf, streichen die ganzen Agenden der Impf 
ung aus irern Ressort, überlassen die ganze Impfung irem eigenen 
Schicksale und hinnen eines Decenniums impft kein rationeller 
Arzt und kein Vernünftiger lässt seine Kinder mer impfen. 
Wir sönnen nicht umhin, diser Dr. Hermau n'schen Erklärung 
gleich den jüngsten eklatanten Fall von Jmpfsifilisation hir folgen zu 
lassen; er lauset nach der Frankfurter Zeitung: 
Am 11. Januar d.I. gelangt vor dem Kreisgerichte zu Frankfurt a. d. Oder 
eitr strafgerichtlicher Fall zur Verhandlung, der sowol in wissenschaftlicher wie in prak 
tischer Bezihung ein ungewönliches Interesse darbitet. Es handelt sich um jenen Fall 
massenhafter S i f i l i s - Ü e b e r i m p f u n g in L e b u s bei F r a n k f u r t a. O., der, 
obwol die medizinischen Journale ihn sistematisch totzuschweigen suchten, insbeson 
dere durch die Schrift von Kolb „Zur Jmpffrage", in weiteren Kreisen bekannt wurde. 
Der Tatbestand, wie sich derselbe aus einem Reskripte der k. Pr. Regirung vom 20. März 
1877 ergibt (dessen Inhalt ein späteres Reskr. vom 10. April strengstens geheim zu 
halten gebitet, um das Widerstreben gegen das Impfwesen nickt zu vermeren, welche 
beiden Aktenstücke jedoch in einer Schweizer Zeitschrift abgedruckt wurden), ist folgender: 
Am 1. Juli 1876 wurden zu L e b u s 26 beiläufig zwölfjärige Schulmädchen r e v a e e i n i r t. 
Der Stampumpfling war ein 7 Monate altes Kind, das ein Muster von Gesundheit zu 
sein s ch i n. Aber nach 4—6 Wochen stellten sich bei 12 der Revaeeinirten die untrüg 
lichsten Zeichen der S i f i l i s ü b e r i m p f u n g ein , nämlich, nachdem die übrigen 
Vaeeineuschurfe bereits abgeheilt waren, an der Impfstelle 1—3 p r i m ä r s i f i l i t i s ch e 
A f f e k t i o n e n in Form eiternder Geschwüre, die große, braune Narben zurücklißen; 
den Geschwüren folgten als sekundäre Erscheinungen sifilitische H a u t a u s s ch l ä g e, 
M und- und H a l s g e s ch w ü r e, F e i g w a r z e n a m A f t e r.Ozaena syphilitica 2c. 
Noch zu Anfang des März 1877, also nach 9 Monaten, war es nicht bei allen diesen 
Mädchen gelungen, inen Heilung zu verschaffen. Außer bei jenen zwölf, 
zeigten sich bei 3 weiteren der Revaeeinirten Bedenken erregende, größere braunrote 
durch längere Eiterung an der Impfstelle bedingte Narben, one daß vollständig sifilitische 
Erscheinungen hervortraten. Erst, hintenn ach wurde herausgebracht, daß der Stamm impf- 
ling von seiner Mutter her mit latenter hereditärer Sifilis behaftet war. 
Nach diser, dem gedachten Regirungs-Reskripte entnommenen Darstellung scheint beit 
Jmpfarzt kein Vorwurf zu treffen, da das Aussehen des Stammimpflings jede Besorg 
nis zu beseitigen und dessen Alter eine spezielle Garantie zu gewäreu schin, da von 
den Aerzten angenommen zu werden Pflegt, daß beim Vorhandensein ererbter sifilitischer
	        
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