Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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gebackenen Schleimmassen zu befreien und inen dadurch ire frühere Elasticität 
wider zu verschaffen, worauf dem Astma der Rigel vorgeschoben würde. Ich 
sagte ihm also, wenn er Lust und Mut in sich süle, wolle ich eine mvdifi- 
c i r t e S ch r o t h 'sche Kur mit ihm vornemen, doch möge er sich die Sache 
wol überlegen, denn es sei kein Spas; ich teilte ihm sofort mit, wie ich etwa 
für ihn eine solche Behandlung angezeigt fände, oue daß sie ihn für den An 
fang zu stark anpackte; ich wolle ihn nächtlich ca. 6 Stunden in die feuchte 
3 | 4 - Packung legen, worauf Morgens wie bisher die nasse Abreibung mit 
Uebergus folge; das Wassertrinken solle für den ganzen Tag unterbleiben, 
blos in der Frühe möge er ein par Schlucke nemen; nach der Rückker von 
der Promenade solle er 3—4 Schnitte altes Schrotbrod vne Milch genisen; 
um 11 Ur bleibe es bei der activen Gimnastik, die ich ihm wegen Händ- und 
Fußkälte vorgeschribcn; Mittags solle er Reis mit Pflaumen haben, 2 Mal 
wöchentlich ein consistentcres Essen und dann Nachmittags 1 /< s Fläschchen Mosel 
wein bekommen und daraus das Halbbad nemen, an den 5 andern Tagen blos 
längere Promenade machen und für einen Hungcranfall eine Semmel ein 
stecken, zum Abendbrod möge er immer 2—3 Aepfel mit Schrotbrod genisen und 
gegen 9 Uhr komme Johann zur Einwickelung; auch möge er heute noch sich 
auf die Wage stellen und das Ergebnis notiren. „Sonst nichts?" fragte mich 
Patient, „ich habe mir die Geschichte schlimmer vorgestellt, das ist ja gar keine 
strenge Kur, da habe ich ganz andere Geschichten von discr Schrotherei erzälen 
hören; da fange ich gleich am nächsten Montag an." Gut, bin mit einverstanden; 
und am Sonnabend in der 2. Woche, nach 12 Tagen schon sagte mir Patient: 
„die Kur greift mich doch an, das ist wirklich kein Spas; der Durst ist ja ent 
setzlich, ich darf meine Wasserflasche nicht mer ansehen, auch süle ich mich 
matt, kann kaum mer gehen, es tut mir der Rücken wehe, namentlich in der 
Gegend des 6. Wirbels schmerzt cs mich scr und wenn ich mich im Spigel 
besehe, glaube ich es schaut ein Greis heraus, so abgemagert bin ich schon; 
zwar von Astma spüre ich noch nichts, aber der verdammte Schnupfen will 
auch noch nicht zum Vorscheine kommen; an Gewicht habe ich bereits netto 
18 Pfd. in 14 Tagen verloren, wenn das 14 Tage noch so fort geht, ver 
schwinde ich in der Luft!" — Darauf tröstete ich ihn, hilt ihm vor, daß 
ich ihm ja gesagt habe, cs sei kein Spas zu schrothen, ich habe selbst 16 
Wochen lang die ächte Metode am eigenen Leibe durchgefürt, die noch ein 
greifender ist, und kenne somit aus eigener Empfindung die Annemlichkeitcn 
derselben, allein ein Sprüchwort sagt: wer will haben den Nutzen, muß auch 
haben den B u tz e n! — Also sei die Losung — mutig fortmachen, denn die zweiten 
14 Tage gehen leichter vorüber als die ersten. Als ich darauf am Montag 
früh ihn in der Wonung besuchte, da nam mich die besorgte Mutter gleich 
auf die Seite und sagte: bitte, was ist denn das mit meinem Sone, ich habe 
Angst, er bleibt uns ligen! Darauf erwiderte ich ihr, daß mir eine solche 
Wirkung von einer milderen modificirten Behandlung noch nicht vorgekommen 
und daß ich daraus ersehe, wie miserabel das Nervensistem ires Sones be 
schaffen sei, ich für m üne Person sei daher gar nicht darauf versessen, daß er noch 
weitere 14 Tage so fortmache, sondern bereit, heute noch in die frühere Be 
handlung einzulenken, welche ihm so gut getan; dem Schnupfen wolle ich schon 
auf den Sommer mit Sonnen- und Elbbädern beikommen und den Winter 
hindurch mit Dampfbädern. — Und zu meinem Patienten sagte ich: wir wollen 
es bei disem erste Versuche jetzt sein lassen, 14 Tage Pause nmchen und dann 
wider Beratung halten, ob es ratsam, noch einmal einen solchen Stoffwechsel 
eingriff zu unternemen. Es tat dem jungen Manne wehe, daß er mit dem
	        
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