Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

nissen beruhen, indem einer irer Anen Arzt in Egipten gewesen sei, 
von welchem die Geheimnisse herstammen, die den Inhalt merer in ircm Besitze 
befindlicher Bücher bilden! Wol eine Zugs-Reclame?) Ich bin nun allerdings 
schon mersach gefragt worden, warum ich, da ich keine Kinder habe, nicht irgend 
einem Angehörigen meine Kunst lere oder mein Wissen und meine Erfarungcn 
literarisch verwerte, und habe stets darauf geantwortet, daß es eben Dinge auf 
der Welt gibt, über die man sich selbst keine genaue Rechenschaft geben kann, 
viel weniger sie einem Andern kurz und bündig angeben!" Hiraus erwiderte 
ich, daß ich in 25jährigcr Praxis allerdings auch meine vilfältigeu Beobachtungen 
über das verschidene Aussehen des Urins in Krankheiten gemacht und deshalb 
eifrig in medizinischen Büchern darnach geforscht habe, in welcher Bezihuug 
dises Stoffwcchselproduct zu den Gesundheitsstörungen steht, allein die Ausbeute 
war keine so große, wie ich vermutete, geschweige daß ich gefunden, daß die 
Harn-Untersuchung allein in diagnostischer Hinsicht das A und O des Arztes 
bildet, sondern blos für einige Krankhcitszustände sichert die Untersuchung des 
Harnes auf seine tägliche Menge, das specifische Gewicht, die Farbe, Reaction, 
Sedimente und gelöste Harnbestandteile die Diagnose, wärend für vile 
andere Zustände diselbe gar Nichts leisten kann. 
Speciell für die Behandlung nach den Regeln des Naturheilverfarens 
habe ich gefunden, daß der Harn eine untergeordnete Rolle spilt, da 
ja nicht nach seiner jeweiligen Beschaffenheit eine bestimmte Verordnung für 
die Behandlung zu erfolgen hat, sondern in akuten wie chron'schen Krankheiten 
noch andere Simptome für diselbe maßgebend sind. Ich erzälte ihr hir, 
wie disen Sommer ein junger Mensch vom Lande hilfesuchend sich an mich 
gewant, der schon 6 Jare krank, nicht sitzen, nicht stehen und gehen konnte 
und bei dem alles Kuriren bis jetzt Nichts geholfen (s. N.-A. 1877, Nr. 8, 
S. 124); was sollte ich in solchem Falle lediglich aus dessen Urinbeschauung 
und Untersuchung über seinen Krankheitszustand erfaren, one ihn selbst ge 
sehen zu haben? Ich lis daher disen Lazarus zu mir kommen und nachdem 
ich durch Besichtigung seines Körpers entdeckt, wo ver Feler sitzt, konnte der 
selbe nach 4 monatlicher Behandlung wider sowol sitzen, als stehen und gehen, 
wenn auch vorläufig nur mit Krücken, bis seine Muskulatur wider so gekräftigt 
worden, daß sie das Knochengerüste fortbewegen kann. 
Frau Doctorin gab mir hirin Recht und fragte mich im weiteren Verlauf 
unserer Unterhaltung, ob das Publikum in Sachsen auch noch so dumm . 
sei, wie in irer Gegend, wo die Leute auf das Einnemen von Arzneien 
noch ganz versessen seien, worauf ich ihr weder mit Ja öder Nein antwortete, 
noch darauf hinwis, daß ja auch Personen aus Sachsen zu ihr kommen, bei 
denen sie ja den Bildungsgrad wol habe studircn können, sondern sie blos frug, 
ob sie noch nichts vom Adorser Zetteldoctor gehört habe, welche Geschichte 
doch wol am besten einen Gradmesser für die higieinische Bildung der Sachsen abgeben 
dürfte. Als sie dis verneinte und ser beging war zu vernemen, was denn 
das für eine Kurart sei, erzälte ich ihr, was die Tagesblätter über disen 
Wunderdoctor one Arznei berichteten, nämlich: 
Zwei Stunden von Chemnitz in dem Dorfe Adorf lebt ein ehemaliger Oekonom, 
Namens Sonntag, ein schon bejarter Mann mit weisem Har und klugen Augen; 
er besitzt Haus und Hof und sein Anwesen verrät Ordnung und Wolhabenheit. Er be 
treibt seine Doctorpraxis schon seit einer langen Reihe von Jaren und scheint seine Schäf 
chen bereits im Trockenen zu haben, obgleich er, wie man sagt, von jeder Person, sie sei 
noch so wolhabend, nur 15 Pfennige für die von ihm verabreichten Zettel abnimmt; 
armen Leuten gibt er sie wol auch umsonst. Als Landwirt ist er auf keinen grünen Zweig 
gekommen; erst durch seine Simpatikuren, welche er nach dem Tode des in gleicher 
Weise doctorirenden Schäfer's im benachbarten Raben st ein begann, ist er wider zu
	        
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