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|ö e 9 zu Dekreten und seine Ü n a st falberer — NlitllrhkilMethtzde zu nennen. Er
sagt irn Borwort: Jahrelang habe ich keine Mühe und Arbeit gescheut, nl d I rt d Prä
parate so herzustellen, daß sie unbedingt beit gewünschten Erfolg haben müssen (?),
Meine Methode beruht nicht auf einer Zufallsmischerei von allen möglichen Ingredienzen,
wovon oftmals 5—6 Stoffe in einer Flasche zusammengeschüttelt und alsdann eßlöffelweise
eingenommen werden, sondern dieselbe ist eine neue eigenthümliche und bis
jetzt noch einzig in ihrer Art! Sie ist, um den passendsten Ausdruck hierfür zu
gebrauchen, eine sich treibende!
Gut gebrüstt — f ü r alle Dummen zum Reinfallen! Weiß denn der
Mann nicht, daß das eigentliche Naturheilverfahren gar keine chemischen Prä
parate kennt! Doch wöhl, allein weil gegenwärtig Naturheilmethode — Mode ist,
so llenllt er seillö,Heilmethode ebenfalls so Und weil er angeblich seine Heilmittel aus
o6u feinsten üiid bestell pflanzlichen E t 0 f s e li bereitet. Die beigegebenen anatomischen
Abbildungen auf 4 Seiten sollen der Sache einen gelehrten Anstrich geben und die im
zweiten Abschnitt befindlichen ,.W i s s e n s ch a f t l i ch e n G u t a ch L e n" über seine selbst
gelobten Präparate, ebenso wie die K r a n k e n - A t t e st e sind der r e i n e S a n d in die
Augen der Dummen, die nicht alle werden! Also lieber Leser, Du bist gewarnt und
warne nun auch Andere wieder, damit dieses Natur-Heilmittel-Unkraut aus
Mangel an Theilnahme baldigst wieder verkommt!
29. Dr, Simon Sailer, ArztundPfuscher, zeitgemäße Erwägungen:
2. Auflage, gr, 8. 28 Seiten. München 1878. Verlag von Weinreich,
Preis 80 Pfennige.
Bekanntlich hat die Gewerbe-Ordnung vom Mai 1869, welche
später auch für das ganze deutsche Reich acceptirt tvurde, den früheren § 199
des Strafgesetzbuches, welcher j e d e m N i ch t a p p r o b i r t e n überhaupt
das Kurilen gegen Belohnung untersagte, aufgehoben und ist
somit Jedermann das Kuriren von Menschen und Vieh erlaubt, nur
darf er sich keinen Titel beilegen, wodurch der Glauben erweckt wird, der
Inhaber feie eine geprüfte Medizinalperson. Ein Theil der Mediziner be
absichtigt nun beim Reichstag eine Petition einzureichen, damit diese Kurir-
freihcit wieder zurückgenommen werde, weil ihrer Erwerbsfähigkeit
dadurch wesentlich Abbruch geschehe!! Verfasser, selbst Mediziner, eifert nun
gegen dieses Gebühren; doch ich will ihn selbst sprechen lassen: er sagt:
„Allemal beschleicht mich ein eigenthümliches Gefühl, wenn ich . in diesem oder jenem
Blatte einer ärztlichen Jeremiade über Kurpfuscherei begegne. Crambe quinquagies
cocta! Ich verwundere mich aber hierbei nicht sowohl darüber, daß man über einen
Gegenstand schreibt, dem sich nicht leicht eine neue Seite abgewinnen läßt, als vielmehr
darüber, daß man so weit geht, den ärztlichen Stand gewissermaßen in Gefahr
gestellt zu sehen , sich zu einem dringlichen Appell an die S t a a t s h i l f e hinreißen zu
lassen und nur in den schärfsten Z w a n g s m a ß r e g e l n das Heil zu erblicken. Es
müßten denn doch ganz besondere zwingende Gründe vorliegen, um implicite voraussetzen
zu dürfen, daß unsere Gesetzgeber förmlich verblendet oder im Halbschlaf befindlich
gewesen seien, als sie jene Bestimmungen festsetzten, die jetzt von Manchen als die
Matrix der Kurpfuscherei angeschuldigt werden; — ganz besondere, zwingende Gründe,
um mit Ungestüm völlig couträre gesetzliche Normen verlangen zu können, ja ge
radezu es als das Beste erklären zu können, „daß durch ein nacktes Gesetz Jeder-
m a n n in jedem Falle gezwungen werde, ärztliche (d. h. approbirte medizinische) Hilfe in
Anspruch zu nehmen! Man spricht wohl von den „Gefahren der Ueberhandnahme
der Kurpfuscherei", aber man unterläßt es, diese Gefahren zu erweisen; man
spricht wollt von einem „steten Wachsen dieses Krebsschadens", aber man
ist weit davon entfernt, diese Hyperbel zu begründen; man spricht sogar von einer
„Gesundheit und Leben massenhaft vernichtenden Landesealamität", aber man erbringt dafür
keine Belege und, man erhebt keine Anklage gegen jene Herren Staatsanwälte und
Amtsärzte, die — wäre wirklich Gesundheit und Leben massenhaft vernichtet worden —
eine schwere Pflichtverletzung sich hätten zn Schulden kommen lassen, indem sie
in ccmereto keine Notiz davon genommen! Man beschränkt sich also darauf, eine
Z u n a h m e der Kurpfuscherei hervorzuheben, und man erachtet diesen Umstand für ein
genügendes Motiv, um gesetzliche Maßregeln zur Ausrottung des Pfuscherthums für
geboten zu erklären! Allein gerade damit zeigt man nur zu deutlich, daß man über das