Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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|ö e 9 zu Dekreten und seine Ü n a st falberer — NlitllrhkilMethtzde zu nennen. Er 
sagt irn Borwort: Jahrelang habe ich keine Mühe und Arbeit gescheut, nl d I rt d Prä 
parate so herzustellen, daß sie unbedingt beit gewünschten Erfolg haben müssen (?), 
Meine Methode beruht nicht auf einer Zufallsmischerei von allen möglichen Ingredienzen, 
wovon oftmals 5—6 Stoffe in einer Flasche zusammengeschüttelt und alsdann eßlöffelweise 
eingenommen werden, sondern dieselbe ist eine neue eigenthümliche und bis 
jetzt noch einzig in ihrer Art! Sie ist, um den passendsten Ausdruck hierfür zu 
gebrauchen, eine sich treibende! 
Gut gebrüstt — f ü r alle Dummen zum Reinfallen! Weiß denn der 
Mann nicht, daß das eigentliche Naturheilverfahren gar keine chemischen Prä 
parate kennt! Doch wöhl, allein weil gegenwärtig Naturheilmethode — Mode ist, 
so llenllt er seillö,Heilmethode ebenfalls so Und weil er angeblich seine Heilmittel aus 
o6u feinsten üiid bestell pflanzlichen E t 0 f s e li bereitet. Die beigegebenen anatomischen 
Abbildungen auf 4 Seiten sollen der Sache einen gelehrten Anstrich geben und die im 
zweiten Abschnitt befindlichen ,.W i s s e n s ch a f t l i ch e n G u t a ch L e n" über seine selbst 
gelobten Präparate, ebenso wie die K r a n k e n - A t t e st e sind der r e i n e S a n d in die 
Augen der Dummen, die nicht alle werden! Also lieber Leser, Du bist gewarnt und 
warne nun auch Andere wieder, damit dieses Natur-Heilmittel-Unkraut aus 
Mangel an Theilnahme baldigst wieder verkommt! 
29. Dr, Simon Sailer, ArztundPfuscher, zeitgemäße Erwägungen: 
2. Auflage, gr, 8. 28 Seiten. München 1878. Verlag von Weinreich, 
Preis 80 Pfennige. 
Bekanntlich hat die Gewerbe-Ordnung vom Mai 1869, welche 
später auch für das ganze deutsche Reich acceptirt tvurde, den früheren § 199 
des Strafgesetzbuches, welcher j e d e m N i ch t a p p r o b i r t e n überhaupt 
das Kurilen gegen Belohnung untersagte, aufgehoben und ist 
somit Jedermann das Kuriren von Menschen und Vieh erlaubt, nur 
darf er sich keinen Titel beilegen, wodurch der Glauben erweckt wird, der 
Inhaber feie eine geprüfte Medizinalperson. Ein Theil der Mediziner be 
absichtigt nun beim Reichstag eine Petition einzureichen, damit diese Kurir- 
freihcit wieder zurückgenommen werde, weil ihrer Erwerbsfähigkeit 
dadurch wesentlich Abbruch geschehe!! Verfasser, selbst Mediziner, eifert nun 
gegen dieses Gebühren; doch ich will ihn selbst sprechen lassen: er sagt: 
„Allemal beschleicht mich ein eigenthümliches Gefühl, wenn ich . in diesem oder jenem 
Blatte einer ärztlichen Jeremiade über Kurpfuscherei begegne. Crambe quinquagies 
cocta! Ich verwundere mich aber hierbei nicht sowohl darüber, daß man über einen 
Gegenstand schreibt, dem sich nicht leicht eine neue Seite abgewinnen läßt, als vielmehr 
darüber, daß man so weit geht, den ärztlichen Stand gewissermaßen in Gefahr 
gestellt zu sehen , sich zu einem dringlichen Appell an die S t a a t s h i l f e hinreißen zu 
lassen und nur in den schärfsten Z w a n g s m a ß r e g e l n das Heil zu erblicken. Es 
müßten denn doch ganz besondere zwingende Gründe vorliegen, um implicite voraussetzen 
zu dürfen, daß unsere Gesetzgeber förmlich verblendet oder im Halbschlaf befindlich 
gewesen seien, als sie jene Bestimmungen festsetzten, die jetzt von Manchen als die 
Matrix der Kurpfuscherei angeschuldigt werden; — ganz besondere, zwingende Gründe, 
um mit Ungestüm völlig couträre gesetzliche Normen verlangen zu können, ja ge 
radezu es als das Beste erklären zu können, „daß durch ein nacktes Gesetz Jeder- 
m a n n in jedem Falle gezwungen werde, ärztliche (d. h. approbirte medizinische) Hilfe in 
Anspruch zu nehmen! Man spricht wohl von den „Gefahren der Ueberhandnahme 
der Kurpfuscherei", aber man unterläßt es, diese Gefahren zu erweisen; man 
spricht wollt von einem „steten Wachsen dieses Krebsschadens", aber man 
ist weit davon entfernt, diese Hyperbel zu begründen; man spricht sogar von einer 
„Gesundheit und Leben massenhaft vernichtenden Landesealamität", aber man erbringt dafür 
keine Belege und, man erhebt keine Anklage gegen jene Herren Staatsanwälte und 
Amtsärzte, die — wäre wirklich Gesundheit und Leben massenhaft vernichtet worden — 
eine schwere Pflichtverletzung sich hätten zn Schulden kommen lassen, indem sie 
in ccmereto keine Notiz davon genommen! Man beschränkt sich also darauf, eine 
Z u n a h m e der Kurpfuscherei hervorzuheben, und man erachtet diesen Umstand für ein 
genügendes Motiv, um gesetzliche Maßregeln zur Ausrottung des Pfuscherthums für 
geboten zu erklären! Allein gerade damit zeigt man nur zu deutlich, daß man über das
	        
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