Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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Literarische Besprechungen. 
1. G. Fr. Kolb, a. Mitglied der statistischen Central - Commission des 
Königreichs Bayern; Zur Jmpfsrage. Unzulänglichkeit der bisherigen Er 
mittelungen und Verlangen nach Aufhebung des Impfzwanges, gr. 8, 78 S. 
Leipzig 1877. Verlag von A. Felix. Preis 1 M. 30. 
Der Inhalt dieser kleinen, aber doch wichtigen Brochüre ist folgender: 
Einleitung , zugleich Vorwort; Wem steht in der Jmpfsrage ein Votum zu? Der 
heutige Standpunkt der Jmpftheorie; Auch unter den Aerzten giebt es I m p f g e g n e r. 
Der Streit auf dem Gebiete der S t a t i st i k über die Ergebnisse der Vaceination, sind die 
vorliegenden Hauptzahlen verlcifsig ? Einfluß der A l t e r s v e r s ch i e d e n h e i t auf die 
Mortalität. Die Revaccination und deren Ergebnisse, namentlich bei den Truppen. Das 
Verschwinden der Pockenseuche nach Einführung der Vaceination. Die Pockenverbreitunq 
1870/71 durch die gefangenen Franzosen. Wie'läßt sich die Abnahme der Blattern 
erkrankungen und Sterbefälle seit Einführung der Kuhpockenimpfung erklären? — Kann 
die Gesundheit durch die Impfung geschädigt werden? Mögliche Nachtheile der Impf 
ung an sich. Ueberimpfung anderer Krankheiten, namentlich der Syphilis. Die Frage 
des Häufigerwerdens nicht überimpfter Krankheiten. Versuchte Bilanz der Jmpfungs- 
Vortheile und Nachtheile und die Frage wegen des I m p f z w a n g e s. Schluß. 
Vers, sagt im Vorwort — Wie sehr sich Viele dagegen sträuben — man wird sich 
do ch entschließen müssen, die Jmpfsrage, die man längst g e l ö st hielt, einer gründ- 
l i ch e n n e u e n Prüf n n g z u unterstelle n; denn das ist bereits unzweifelhaft, 
daß manche früher als felsenfest angesehenen Argumente für die Vaceination heute 
erschüttert sind ! Dazu , zu n e u e r unbefangener Untersuchung und Prüfung auf 
zufordern, und S u s p e n d i r u n g des polizeilichen Impfzwanges zu empfehlen , so lange 
diese Prüfung nicht wirklich beruhigende Resultate geliefert hat, dies ist der Zweck der 
gegenwärtigen Blätter! 
Vers, erzählt dann weiter, w a s ihn bewogen, von seinem Fach-Standpunkte (S t a - 
t i st i k) aus der Jmpfsrage nähe r zu treten; nämlich zur Zeit, als der deutsche Reichstag 
das Jmpfgesetz berathen, habe ihm ein befreundeter Arzt eine st a t i st i s ch e Gegenüber 
stellung von Pockenerkrankungs- und Sterbefällen vor und nach Einführung der Jmpf- 
u n g mitgetheilt, als z i s f e r m ä ß i g e n Beweis, wie thöricht und unheildrohend das 
Auftreten der Jmpfgegner sei! Beim ersten Ueberblick dieses Tabellchens habe er aber 
sofort erkannt, daß das keine richtigen Zahlen sein können, denn jeder Statistiker 
müsse wissen, daß man im vorigen Jahrhundert mit ganz wenigen lokalen Ausnahmen, 
nirgends eine so hochentwickelte Statistik besaß, um über Erkrankungen und Todesfälle 
sowohl überhaupt, als insbesondere über solche an einer einzelnen Krankheit, genaue, 
ziffermäßige Auskunft geben zu können, ganz besonders, wenn es sich um Länder handelt, 
deren Bevölkerung sich auf einer so niedrigen Culturstufe befand, wie die von Posen, 
O st - und We st Preußen, G a l i z i e n , B ö h m e n , M ä h r e n rc., die alle hier 
bis auf die Einer herab, mit de:: st a t t l i ch st e n Zahlen paradirten! 
Durch dieses statistische Tabellchen, welches alle Einwendungen niederschlagen sollte, war 
gerade sein Zweifel und Mißtrauen rege gemacht, seine Kritik in dem ihn speciell be 
rührenden Fache geweckt, und von nun an verfolgte er den Gegenstand näher und 
wie eingehend diese Studien waren, zeigt uns das obige Jnhaltsverzeichniß l Den Schluß, 
zu welchem Verf. als Ergebniß derselben gelangte, habe ich in Nr. 1 und 2 als Votiv- 
tafel gebracht, denn diese seine Worte wiegen schwer und sollten von allen Jmpfgegnern 
den Jmpffreunden unter die Nase gerieben, von den Frauen, den impfpflichtige Kinder 
besitzenden M ü t t e r n jeden Morgen ihren in die Kammern oder in's Parlament gehenden 
Männern, die nach Oidtmann den Verstand verloren haben, mit gellender Stimme in die 
Ohren geschrieen werden, bis sie sich ermannen und das fluchwürdige Jmpfgesetz wieder 
abschaffen und den U r h e b e r n desselben mindestens 10 Jahre Festungshaft und 
Ersatz der I m p f st r a f e n zuerkennen! 
2. Dritter Hilferuf an den hohen deutschen Reichstag, Petition 
um Aufhebung des Impfzwanges, gr. 8, 135 S. Chemnitz, 1878 Verlag der 
Ceutralstelle deutscher Jmpfzwangsgegner. 
Dieses Schriftchen enthält zuerst eine Petition an den Reichstag; derselbe möge 
beschließen: „daß die Jmpfsrage einer nochmaligen gründlichen Prüfung unterzogen 
und zu diesem Behufe eine eigene Commission aus Vertheidigern u n d Gegnern der Jmpf- 
nng gebildet werde, welche sich, ob Aerzte oder nicht, durch praktische Erfahrungen, liter 
arische Leistungen und wissenschaftliche Befähigung auszeichnen.
	        
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