Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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med. Dr. Haupt ein Institut für Elektricität, Heilgymnastik, 
Kiefernadel- und Kalt-Wasserbäder errichtet, welches seit seinem 
Tode med. Dr. Runge leitet, der zur Unterstützung der Kur auch nach Gut 
dünken Medicin giebt, wie mir von verschiedenen Personen mündlich und 
schriftlich berichtet wurde! Nach Besichtigung dieser aus 3 Häusern bestehenden 
Heilanstalt fuhr ich mit nächstem Zuge nach Ems zurück, dem alten berühmten 
Kurort in hübscher Lage auf beiden Ufern der Lahn, von wald- und reben 
bedeckten felsigen Anhöhen umgeben, dessen warme Quellen (24—40° R.) 
schon im 12. Jahrhundert bekannt waren, zu den alkalischen Wässern 
gezählt und zum Trinken, wie zum Baden benutzt werden. Der Trink- 
quellen giebt es 6, wovon der Kr ä h n ch e n, K e s s e l b r u n n e n, Fürsten- 
b r u n n e n die bekanntesten sind; der Badequellen sind es auch 6, wor 
unter die berühmte Bubenquelle (28° R.), eine auffteigcnbc Strahl- 
douche, welche sich in einem prächtig eingerichteten Badeeabinete befindet: 
ich ließ mir dieselbe zeigen und in Thätigkeit setzen, und bemerke hier sub rosa, 
daß gläubige kinderlose Frauen bei- ihrem Gebrauche auf einem 
niedrigen breibeinigcn, blos mit einem Sitzringe versehenen Stühlchen in einem 
leeren mit weißen Kacheln ausgekleideten Bassin sitzen und, während der warme 
Wasserstrahl au ihre äußere Schampartie springt oder mittelst Gummischlauch 
in ihr Allerheiligstes eindringt, ihre Blicke in den Hintergrund des Cabinets 
richten müssen, wo auf einer Etagere ein reizender kleiner Amor aus 
Marmor steht! Also die Quelle allein thut's nicht, auch der 
Glaube und die Verzückung gehören dazu! Und was für ein 
Glaubet°?!!! Die beste und einzig richtige Menschen-, Mädchen- wie 
Bubenquelle, ist natürlich nur die, welche vom nicht impotenten Manne beim 
Begattungsaet kommt; somit ist diese angebliche wunderbare Bubenquelle der 
reinste medizinische Humbug, den es nur geben kann; nichts desto 
weniger rufe ich mit jener Kuh st allbegeisterten ebenfalls himmelhoch 
jauchzend aus: 
Ich hab' sie geseh'n, ich bab' sie geseh'n, 
Ich habe die E m s e r B u b c n q u e l l e geseh'n! 
Es wurde mir aber auch noch eine p o l i t i s ch e Q u e l l e, die deutsche 
Kaiserquelle, gezeigt, nämlich ein weißer Stein auf der Promenade, wo König 
Wilhelm im Juni 1870 stand, als er zu seinem Adjutanten mit der Hand 
auf den unverschämten zudringlichen Franzosen Benedetti deutend, die denk 
würdigen Worte sprach: „Sagen Sie dem Herrn da, daß ich nichts weiter mit 
ihm sprechen will!" Damit war der Agent Napoleon III. kurzweg ab 
gewiesen und zugleich die Losung zum Kriege gegeben, dessen für Deutschland 
günstiger Erfolg die Ursache, resp. die Quelle der Wiedergeburt des deutschen 
Kaiserreichs wurde! 
Die Lage von Ems ist sehr hübsch, die Gebäulichkeiten auf beiden 
Ufern dev Lahn, die neuerdings eine zahlreiche Vermehrung in meist geschmack 
vollem Stil gefunden haben, sind interessant und sehenswerth, somit kann 
ich nur Jedem rathen, der einmal in seine Nähe kommt, sich dieses Kaiser 
bad (weil von Kaisern besucht), wenn auch nur flüchtig, anzusehen. 
Die therapeutische Verwerthung der Emser Quellen soll an 
gezeigt sein bei folgenden Zuständen: 
1. Bei Katarrhen der Athmungsorgane und Asthma; 
2. bei Magen- und Darmkatarrhen, Dyspepsie, Diarrhoe, Katarrhen der 
Gallengänge;
	        
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