Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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Nun diesen Weg hat eben jetzt unser wackerer Dr. Oidtmann 
betreten, nämlich seine Kollegen, die Aerzte, über die originale Ent 
stehung und Entwickelung der Pocken und das Phantom der Impfung als Schutzmittel 
dagegen zu b e l e h r e n und sie nach und nach dahin zu bringen, daß sie, die Menschen 
ärzte, gleich wie vor. Jahr die T h i e r ä r z t e im preußischen Abgeordnetenhause die 
L ä m m e r i m p f u n g verpönten, im deutschen Reichstag die K i n d e r i m p f u n g 
zu verbieten beantragen; denn dann erst wird der Moloch der Men 
schenimpfung purzeln, eher nicht! Was haben bis jetzt alle Laien 
petitionen gefruchtet? Nichts, gar nichts!! Abgesehen nun von dem 
geistigen und zeitigen Aufwand, bcn diese Arbeiten erfordern, wofür 
Dr. Oidtmann keine Entschädigung von irgend Jemand erhält, so ist diese 
Agitation auch noch mit vielen p e k u n i ä r e n O p f e r n für ihn verbunden, 
für welche er wieder in keiner Weise Ersatz erhält! 
(Schluß folgt). 
Comspoitdenz für Alle und mit Allen. 
Herrn N. mit Poststempel Wien. Sie schreiben: Aus der Correspondenz in voriger 
Nummer ersehe ich, daß Sie auf erneutes Verlangen Einiger nun doch im nächsten Jahr 
gang die Behandlung der Geschlechtskrankheiten nebst Krankengeschichten 
bringen wollen, weshalb ich mir die Bemerkung erlaube, sich diesen bedenklichen Schritt 
doch ja vorher n o ch zu überlegen! Sie sagen mit Recht, daß der N.-A. kein 
F a m i l i e n j o u r n a l, wohl aber ein Blatt für Familienväter und Mütter sei, 
denen keine menschliche Krankheit fremd bleiben sollte; recht gut, die Beschreibung 
derselben haben Sie schon im vorigen Jahr geliefert und damit ist es auch genug, 
denn ordentliche Familienväter und Mütter bekommen niemals Ge - 
s ch l e ch t s k r a n k h e i t e n und brauchen also deren Behandlung gar nicht zu wissen! 
Die V e n e r i e ist nur bei den P r o st i t u i r t e n zu finden und wer sich mit ihnen 
einläßt, hat sich die Folgen selbst zuzuschreiben, denn venerisch wird Niemand ohne 
s e i n e e i g e n e Schuld, stets liegt es in Jedermanns Macht, einer Ansteckung aus 
dem Wege zu gehen, und wegen der paar jungen Leute, die den N.-A. vielleicht lesen 
und ihre Lüsternheit nicht bezähmen können, brauchen Sie keinen Schutz - und 
Trutzzettel der Venerie zu liefern; diese Leutchen und verheirathete lüderliche 
Kerle mögen sich nur schriftlich an Sie wenden und extra dafür zahlen, wir Andern wollen 
Nichts davon wissen! Ich verweise Sie auf M. Rath Di-. Schürnmyer in seiner mediz. 
Polizei § 55, wo er sagt: 
Die A n s i ch t e n über die Beschränkung und Duldung der Prostituirten 
und Bordelle im Staate sind verschieden; aber der einzige praktische 
Grund, welchen man für ihre Duldung geltend macht, dass sie ein nothwendiges 
Uebel seien, muss gegenüber den Forderungen der Sittlichkeit und des 
Staatsz weckes als unhaltbar zurücktreten! Der Schutz, den solche An 
stalten gegen Angriffe auf ehrbare Frauen und Mädchen gewähren sollen, be 
währt sich nicht in der Erfahrung, da in Städten, wo die Ausschweifungen 
in der Frequenz der Prostitution und Bordelle überhandnehmen, das sittliche 
Y er derben gerne auch in die übrigen Kreise der bürgerlichen Gesellschaft ein 
greift und sich überall seine Opfer sucht! Der ganze Gedanke, das Laster 
in seiner niedrigsten Gestalt zu dulden und selbst zu leiten, ist ein falscher, und 
deshalb führt er denn auch in seiner weiteren Entwicklung zu immer falscheren 
Folgesätzen. Die der Behörde durch die Annahme dieses Systemes der möglichsten 
Unschädlichmachung des Prostitutionswerkes zufallenden Geschäfte sind im 
höchsten Grade unwürdig und sie allein schon müssen zu dem Schlüsse führen, 
dass man hier auf unrichtigem Wege ist! Der Staat soll keinen Ver 
trag mit dem Laster Schliessen und demselben sogar den Besitz eines 
Gebietes einräumen, sondern es bekämpfen, wo und wie er kann!“ 
Ich glaube, die Mehrzahl Ihrer Leser wird m i r nun beistimmen und Sie haben gut ge 
than , bis jetzt der Stimme einiger weniger Wüstlinge und vorwitziger Bengel nicht Ge-
	        
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