Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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Ein berühmter Nedinner auf dem Schmerzenslager. 
Oder: 
Wie wird die Gicht am sichersten geheilt? 
Bon G u st ci b Wolbold. 
(Schluß.) 
Zu den Aufgaben der indicatio symptomatica gehört es vor Allem , den Gicht 
anfall abzukürzen und ihn für die Kranken möglichst erträglich zu 
machen; denn die Annahme, dass der Gichtanfall gehegt und gepflegt wer 
den müsse, weil er einen wohlthätigen depuratorischen Einfluss auf den Organismus 
ausübe , ist mit Recht verlassen worden. Die Erfahrung hat gelehrt, dass die 
Antiphlogose bei der gichtischen Entzündung weder die Schmerzen wesentlich er 
leichtert, noch den Verlauf des Anfalles abkürzt; vor Allem aber hat sich heraus 
gestellt, dass durch eine un zeitige Antiphlogose, namentlich durch allgemeine und 
örtliche Blutentziehungen und durch starke salinische Purganze n dem 
Uebergang der regulären akuten Gicht in die irreguläre chronische und atonische Gicht 
Vorschub geleistet wird. Eine ausgedehnte Anwendung gegen die Anfälle der 
akuten wie der chronischen Gicht verdienen (?) dagegen die Narcotica und vor 
Allem (?) das Colchicum; auf welcher Eigenschaft des Colchicum seine Wirk 
samkeit gegen die Gichtanfälle beruht, ist bisher noch nicht ermittelt; nebenbei 
empfiehlt es sich, während des Anfalles den Kranken reichliche Mengen eines 
Säuerlings trinken zu lassen; vielleicht besteht die günstige Wirkung dieser 
Verordnung darin, dass bei derselben der Urin diluirt und der Secretionsdruck in 
den Nieren gesteigert wird; dieser Theorie würde auch die Behandlung des Anfalles 
nach der Methode von Cadet de Vaux, bei welcher der Kranke alle Viertelstunden 
ein Glas mit 6 Unzen einfachen Wassers, so heiss es ihm möglich ist, trinken muss, 
entsprechen. Es scheint in der That, dass durch dieses Verfahren einzelne vor 
zügliche Erfolge erzielt werden, indessen ist dasselbe nicht ganz ungefährlich. 
Während des Anfalles muss dem befallenen Gliede eine erhöhte Lage gegeben und 
dasselbe mit Watte oder Wolle. ,(?) bedeckt, .sowie der Kranke auf eine, knappe, Diät 
gesetzt werden. Bleiben nach den Anfällen Bewegungsstöru ng e n zurück, 
so sind Badekuren in Wildbad, Teplitz, Wiesbaden indicirt (?). Bilden 
sich an den von der Gicht befallenen Gelenken Abscesse, so müssen Kataplasmen 
angewendet werden und führen die Abscesse zu Geschwüren, so müssen die 
Umschläge womöglich so lange fortgesetzt werden, bis sie geheilt sind. Für die Be 
handlung der Anfälle von anomaler innerer Gicht lassen sich keine allgemeinen 
Regeln aufstellen; die Anwendung von Blutentziehungen führt leicht zu einem ge 
fährlichen collapsus und ein reizendes Verfahren ist wegen der drohenden Para 
lyse gewöhnlich besser am Platze. Ist eine peripherische Affection verschwunden, 
während das Gehirn, der Magen, das Herz befallen wurden, so mag man immerhin 
den früher befallenen Theil mit reizenden und blasenziehenden Mitteln bedecken, ob 
wohl (?!) von einem solchen Verfahren gewiss nur selten ein günstiger 
Erfolg zu erwarten ist! — 
Soweit der gelehrte Mediziner Niemeyer, der, nebenbei gesagt, im 
besten Mannesalter gestorben ist — an Plethora, welche bei ihm zwar 
keine Gicht hervorgerufen, wohl aber sein Blut mit schlechten Säften der 
Art überfüllte, daß ein Typhus ihn rasch wegfegte, dem sein Reactionsvermögen 
nicht mehr gewachsen war und wobei eine unsinnige medizinische Behandlung 
vielleicht auch noch das ihrige gethan haben mag! Und der weise Mann wußte 
doch selbst recht wohl, daß die öftern Freuden einer guten Tafel, vollends 
gewürzt mit starken Weinen (die N. sehr geliebt haben soll!) ein Miß 
verhältniß zwischen Stoffeinnahme und Ausgabe herbeiführen, welches den 
Menschenleib auf irgend eine Weise vor der Zeit ruiniren muß! Auch bei 
einem medizinischen Professor, bei dem die Natur keine Ausnahme macht! 
So hübsch nun auch seine Beschreibung der Gicht lautet, so er 
bärmlich ist seine Anleitung zur Behandlung derselben, nämlich bezüglich 
dessen, was er außer der diätetischen noch empfiehlt, wo er die Haupt-
	        
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