Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

Nachtrag finit Ni kl Mm Artikel. 
Ersatz von Bett-Dampfbädern bet fieberlosen Kindern. 
Von Gustav Wotboti». 
(Fortsetzung.) 
Als ich nach Tische in die ziemlich entfernte Wohnung kam (gleich nach 
meinem Weggänge vom Hause soll noch Jemand da gewesen sein, um mich zur 
Eile zu mahnen!), wurde ich an das Bett des Jungen geführt, welcher hell 
pfeifend bei jedem Athemzuge, mit offenem Munde, halb geschlossenen Augen 
und ganz bewußtlos dalag, mit eiskaltem Kopf, kalten Händen und Füßen. 
Ich hatte unter solchen Umständen keine Lust, den Approbirten nach mir in's 
Handwerk zu pfuschen, denn — sagte ich mir — wenn der Junge unter deiner 
Behandlung stirbt und die Herren Mediziner nach dir eine Leiche vorfinden 
und hören, was mit ihm geschehen ist, dann wird ein schönes Gerede über dich 
und die verdammte Kaltwasserkur losgehen! Wie ich nun ein paar Minuten 
so nachdenklich und den Jungen betrachtend am Bette stand, hörte ich auf 
einmal die Tante des Patienten (Vater ist Wittwer) mit dem Fuße auf den 
Boden stampfen und höchst unwillig mir zurufen: Vorwärts! Darauf 
fragte ich dieselbe, ob das wirklich mir gelten solle, denn hier habe n>ir Nie 
mand zu befehlen; ich sei auch nur auf dringendes Bitten des Vaters gekommen, 
mir den Jungen einmal anzusehen und habe demselben schon in meiner 
Wohnung gesagt, daß ich den Fall nicht gerne übernehme, weil es hier gleich 
sam einen Versuch auf Leben und Tod gelte und auf den Abend ja schon zwei 
Mediziner zur Gurgeloperation angesagt seien, denen ich den Spaß nicht ver 
derben resp. den Status praassus nicht verbessern wolle! Darauf erwiderte 
mir der Vater begütigend, ich solle doch einen Versuch machen, dem armen 
Jungen etwas mehr Luft zu verschaffen, wie ich ihm vorgelesen habe, sonst 
ersticke er, ehe die Doktoren kommen; wenn cs gelinge, werde er die Operation 
natürlich nicht machen lassen und sollte es wider Erwarten schlimmer werden, 
so werde mich kein Vorwurf treffen, da er jede Verantwortlichkeit übernehme! 
Nunmehr sagte ich Topp und gab meine Anordnungen zu einem blutwarmen 
Bade, in welches ich den halbtodten Jungen bis an den Hals setzte und vom 
Vater halten ließ, da seine Muskelkraft gleich Null war; mit einer zweiten 
Person frottirte ich Rumpf und Glieder bis ich sie erwärmt fühlte, dann begann 
ich mittelst in frisches Wasser getauchtem Schwamm seinen Kopf und 
Hals zu waschen und zuletzt mittelst einer Blumengießkanne seinen Hals zu 
bedouchcn, so lange bis das Pfeifen aufhörte und der Junge durch die Nase 
fast unhörbar athmete; dann nahm ich ihn heraus, legte ihn auf ein Leintuch 
in seinem Bette, frottirte ihn gut trocken, zog ihm dann sein Hemdchcn an, 
machte ihm einen kalten Halsumschlag, brachte seine Füße in ein trockenes, 
erwärmtes Tuch, deckte ihn mit dem Oberbett gut zu und ließ ihn nun geraume 
Zeit in Ruhe. Inzwischen ließ ich Kuhmilch warmstellen und flößte ihm hiervon 
in kurzen Pausen löffelweise ein, welche er auch hinunterschluckte; so war es 
4 Uhr geworden und nunmehr für mich nichts weiter hier zu thun, daher 
empfahl ich dem Vater den Wechsel des Halsumschlagcs, so oft er heiß geworden, 
das öftere Einflösen von frischem Wasser abwechselnd mit warmer Kuhmilch, 
das Visitiren der Füße, ob sie warm bleiben und sagte, daß ich vor 6 Uhr 
wiederkommen werde, da ich inzwischen bei andern gefährlich erkrankten Patien 
ten eben so nothwendig sei, wie hier und zwar dürfe ich dieselben dieses Falles 
wegen nicht vernachlässigen, weil ich sic schon vorher und ganz allein in Be-
	        
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