Volltext: Der Naturarzt 1877 (1877)

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Niitttisnelle Nervenleiden mcd. bttilctt: Neurosen. 
Paralyse — Lähmung der Extremitäten wie auch der Blase und 
des Mastdarms bei einer jungen Frau nach ihrem Wochenbette. 
Vollkommene Heilung derselben durch eine combinirte 
Behandlung vom Herausgeber. 
(Fortsetzung.) 
Unter meinen zahlreichen Attesten, die ich gesammelt zwecks Erlangung 
der Concession zum Betrieb der Wasserheilanstalt Centnerbrunn in Schlesien 
im Jahre 1869, welche mir daraufhin auch in Kürze ertheilt worden ist, suchte 
ich nachstehendes heraus, welches wohl geeignet war, der Patientin neue Hoff 
nung und frischen Muth zum Beginn einer Cur unter meiner Behandlung 
einzuflößen ; es lautet nämlich wie folgt: 
Der Unterzeichnete bestätigt hiermit, daß Herr W o l b o l d seit Anfang September 
1868 bis heute seiner F r a u durch seine naturärztlichen Bemühungen sehr wesent 
liche D i e n st e geleistet hat; dieselbe hat nämlich ein den früheren sie behandelnden hiesigen 
wie Leipziger Medizinern ziemlich dunkles Unterleibsleiden, wogegen jene kein Mittel 
wußten und welches ihre Nerven derart irritirte, daß sie nach und nach immer elender 
wurde, keine Treppen mehr steigen, kaum noch im Zimmer sich etwas bewegen 
konnte, die meiste Zeit im Bette oder aus dem Sopha zubringen mußte, dabei heftige 
Schmerzen in dem rechten Beine und derselben Seite des Unterleibes aus 
zustehen hatte, wobei nach und nach eine G e s ch w u l st in der Gegend des Ererstockes entstand. 
Durch die physiatrische Behandlung des Herrn Wolbold hat sich nun seine Frau binnen 
Jahresfrist wieder soweit erholt, daß sie nicht nur im Hause und Garten herum- 
gehen, sondern bereits stundenweite Fußtouren ohne besondere Beschwerden oder 
Schmerzen unternehmen kann. Appetit und Schlaf sind wieder vortrefflich, die Schmer- 
z e n im Beine sind total verschwunden und die in der rechten Eierstocksgegend nur 
noch selten und ganz unbedeutend, es genirt auch die Geschwulst weiter nicht, die zwar 
noch nicht ganz verschwunden, doch aber bedeutend kleiner geworden ist und bei Beweg 
ungen mit den Armen (Klavierspielen) keine r e f l e e t o r i s ch e n Schmerzen mehr 
hervorruft. Die Gesichts- und Hautfarbe ist colorirter, ihre Nerven sind nicht mehr so an 
gegriffen, so daß man auch einen Versuch mit dem Hoftheater wagen konnte, welcher nicht 
übel ausfiel und der Patientin viel Freude verursachte, da sie Musikkennerin ist unb schon 
so lange diesen Genuß sich versagen mußte. Allen Erfahrungen nach hat seine Frau in 
Folge der Behandlung des Herrn W o l b o l d die Aussicht, in nicht zu ferner Zeit bei 
Fortsetzung der begonnenen Diät und Curvorschriften ihre frühere Gesundheit vollständig 
wieder zu erhalten, woran sie bereits stark gezweifelt hatte, namentlich deshalb, weil die 
früheren Aerzte ihr das Leben schon abgesprochen hatten! Man sieht an diesem 
Krankheitsfälle abermals, daß es noch andere Wege des Heils giebt, als durch die Apotheke an 
der Hand der privilegirten Allopathen und sollte man darum billig im Interesse der kranken 
Menschheit die ärztliche Praxis unter gewissen Vorsichtsmaßregeln ganz frei*) geben 
und es jedem Einzelnen überlassen, sich seinen Heiland da zu ftlchen, wo er Lust hat, nicht 
aber eine Heilmethode mit allen Privilegien ausstatten, die sicherlich nicht auf der Basis 
heutiger Wissenschaftlichkeit beruht und eine andere mit dem Jnterdicte belegen und ihre 
Vertreter mit Geldstrafen verfolgen, die weit wissenschaftlicher als diese legitime ist und 
meist noch immer diejenigen Krankheitsfälle zur Besserung uub Heilung überzuführen ver 
mag, welche jene legitime als unheilbar erklärt hat! 
Dresden, 30./9. 1869. Fl. Mitschke, Partikulier. 
Andern Tages besuchte ich die gelähmte Frau wieder, las ihr dieses Attest 
über einen dem ihrigen ähnlichen Fall vor, übergab ihr meine erste Curverord- 
nung. zu deren richtigen Ausführung ich ihr dann eine geübte Wärterin empfahl 
und ergänzte das Mitschke'sche Attest noch durch folgende Mittheilung, wie 
sie mir von dieser Patientin seiner Zeit gemacht worden ist. 
„Madame M. hatte im Jahre 1861 eine Reise in die Schweiz gemacht, 
welche ihr körperlich und geistig wohl gethan; nach ihrem damaligen Wohnort 
Leipzig zurückgekehrt, trat ihre erste Periode jedoch viel starker wie sonst 
*) Ist seit October 1869 durch Reichstagsgesetz geschehen. 
(D. R.)
	        
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