Volltext: Der Naturarzt 1877 (1877)

Epilepsie = Msnchl. 
Ist dieselbe j, hysiatrisch heilbar'? 
Bejaht durch mehre Krankengeschichten 
vom H er ausgebe r. 
Ouvertüre. 
Wer von der Fallsucht wird befallen — 
Der grelle Schrei tönt durch die Hallen; 
Du stehst ihtt taumelnd niederstürzen 
lind krampfhaft seine Hände schürzen. 
Sanft hebe. trag' und leg' ihn nieder 
Aus weichem breitem Pfühl; die Glieder — 
Laß sie nur u n g e h a l t e n toben, 
Das ,,Auf die Daumen" wir n i ch t loben. 
Doch auf die e n g e n K l e i d e r schlitze 
Und in's Gesicht kalt Wasser spritze. 
Wem: f r i s ch e Luft dazu ltoch wehet, • 
Der Unfall bald vorübergehet. 
Der Arme wird sich d'ran gewöhnen 
Zu schlafet! zwischen hohen Lehnen! 
P. P. 
Ich habe einen Bruder, der bis zu seinem 17. Jahre vollkommeir, im strengsten 
Sinne des Wortes, gesund war. Mit 17 Jahren war er Commis in einer Spezerei- 
lvaarenhandlnng. Im Dienste des Geschäfts wohin geschickt, kehrte er gegen Abend (es 
war im Herbste) nach Hause llnd mußte den Weg durch einen Wald machen. Da tritt ein 
Kerl aus dem Dickicht heraus, packt ben Bruder an der Brust und fordert sein Geld. Der 
Bruder aber, ziemlich stark, entreißt sich ulld läuft nun, ohne sich aufzuhalten, bis in's 
nächste Dorf, wo er im Gasthause des Onkels niedersinkt und mit Krämpfen 
befallen wurde, deren Ursache einestheils der große S ch r e ck e n , anderntheils das 
schnelle, eine gute halbe Stunde anhaltende, Lauf e n. Später kam der Bruder nacl) 
Prag, ist jetzt in Wien angestellt und Heuer, 21 Jahre alt, ist bie Epilepsie zum s e ch st e n 
Male bei ihm erschienen. Dieselbe war Heuer so stark, daß der Anfall achtmal in 
einem Tage erfolgte und ein Wiener approbirter Mediziner, der ihn behandelte, die 
Aeußerung machte, es werde unbedillgt eine Lähmung eintreten, lvenn der Anfall noch ein 
mal geschehe. Es wurde nun unendlich viel Medizin verschrieben und so manches Gift 
als Heilmittel (?) (Arznei) gegeben. In ben Recepten fand ich öfters „Bella - 
d o n n a " notirt,! Nachdem von Wien, telegraphische Anzeige von der Krankheit gekommen, 
machte sich die Schwester auf den Weg, um den Bruder so bald als möglich nach Hause zu 
bringen, um da andere Mittel zu versuchen, als Gifte einzuschlucken. Bor dem Anfalle 
fühlte der Bruder ein leises Zittern im k l e inen Fing e r der linken Hm it d , 
das sich an dem Arm immer weiter herauf zog, bis dasselbe zum Herzen gelaugte. Dem vor 
zubeugen, verordnete der Doctor ein enges Gummischnürchen, das der Bruder beständig 
tragen muß. 
Meiner Ansicht nach schadet es eher, als es nützt, denn es steht dem freien Blut 
umlauf im Wege. Können mir Ew. Wohlgeboren wohl sagen, ob der Bruder auf Natur- 
tz e i l w e g e n die Krankheit jemals wieder los wird? Angeboren ist sie Vicht, 
auch der Vater und die Mutier sind nicht damit behaftet, nicht einmal bei den Großeltern 
zeigte sie sich. Auch bitte ich, Ew. Wohlgeboren mögen mir jene Mittel angeben, die zu 
treffen wären. Daß Alles strengstens vollzogen wird, kann ich garantiren, denn der Vater 
ist der größte Feind aller Medikamente und ein eifriger Anhänger der Wasserkur. Auch 
steht uns ein Mann zur Hand, der sich im Wasserkurverfahren sehr gut auskennt. Der 
selbe war lange Jahre beim V. Prieffttitz auf G r a e f e n b e r g als Badediener beschäf 
tigt und besitzt außer der Praxis einen gesunden Menschenverstand. Der Vater erlaubt 
sich, Ew. Wohlgeboren Gruß zu senden mit der Versicherung, sich für den freundlichen Rath 
später dankbar zu zeigen! 
In Erwartung einer baldigen Antwort zeichne mich achtungsvoll 
ergebenster 
I. B. P. - k. 
L-e bei Mein, 10./11. 1875. 
Böhmen. 
Bürgerschullehrer. 
P. S. Werde mir erlauben, das nächste Mal Ew. Wohlgeboren die Recepte zur Ein 
sicht zu schicken.
	        
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