Volltext: Der Naturarzt 1876 (1876)

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Nervosität und Hysterie. Ihre Ursachen, Verhütung und Heilung. Ein 
Rathgeber für Jedermann. Einzelpreis 1 Mark. 
Vers. sagt im Kap. Bleichsucht, daß diese Krankheit doppelter Natur 
sei, indem sie erstens auf chemischen Veränderungen des eisenhaltigen Blut- 
krystallin's und zweitens auf einer mangelhaften organischen Anlage der 
Blutgefäße, besonders der Schlagadern und des Herzens beruhe, und daher, 
wo die erste Form vorwalte, die Heilung auf chemischem Wege leicht gelinge (?), 
bei den Formen der 2. Gruppe dieser aber nicht genüge, sondern die gesammte Diäte 
tik des Organismus umgestaltet werden müsse, was durch kaltes Wasser, in 
Form von Bädern, Abreibungen, Regendouchen, Uebergießungen, bewirkt werde, 
indem dadurch der Organismus gegenüber den Witterungseinflüssen gestählt, 
die Hautnerven und die Blutgefäße der Haut gekräftigt werden, sowie der 
Brustkorb zu tiefen ausgiebigen Athmungen angeregt, auf welche Weise der 
Blutmasse eine erhebliche Menge Sauerstoff zugeführt, der Appetit vermehrt 
und die Verdauung verbessert werde. 
Soviel zur Verhütung der Bleichsucht; zur Heilung der bereits be 
stehenden thue es das Eisen nicht allein, sondern eine geeignete Diätetik 
müsse die medikamentöse Behandlung unterstützen; mäßige Bewegung in freier 
Luft, gute Nahrung, insbesondere Milch, Vermeidung von Aufregungen und 
allzuanstrengendcr Körper- oder Geistesarbeit seien die besten Mittel hierzu. 
Im Kapitel „Die Migraine" bezeichnet Vers. diese Krankheit als eine 
Nervenkrankheit, und zwar eine Krankheit derjenigen Nerven, welche die 
Blutgefäße des Kopfes beherrschen und beeinflussen. Diese Entdeckung habe der 
Berliner Professor Du Bois-Reymond gemacht, während er selbst an 
diesem schmerzhaften Uebel litt, und zwar habe derselbe erkannt, daß hier 
Reizungs - und Erschlaffungszustände dieser Nerven vorliegen, wo 
durch bald eine krampfartige Verengerung, bald eine lähmungsartige Er 
weiterung der Blutgefäße zu Stande komme. 
Die Ursache dieser Krankheit sei oft unbekannt, oft aber seien es Gram, 
Kummer, schlaflose Nächte, übertriebene Geistesarbeit und Körperanstrengung. 
Ein positives Mittel kennt Vers. nicht, zwar sei die Electrieität vielfach 
versucht worden, doch habe sie nur in einigen Fällen geholfen; auch Eisen 
präparate und Seebäder haben oft gut gethan. In einer der nächsten Nummern 
werde ich die eklatante Heilung einer wöchentlich zu bestimmten Tagen 
auftretenden Migraine bei einem Künstler auf physiatrisch - diätetischem 
Wege mittheilen. 
Im Kap. „Nervosität" beschreibt Vers. zuerst das Nervensystem nach seiner 
anatomisch-physiologischen Beschaffenheit und sagt dann, daß Nervosität nichts 
Anderes sei, als eine gesteigerte Empfindlichkeit der Nervenendapparate, 
sowie eine gesteigerte Erregbarkeit mit rascher Ermüdung des Muskelsystems und 
durch beides zusammen eine hochgesteigerte Reflexerregbarkeit; auch sei 
sie der Ausdruck einer innern krankhaften Veränderung in den Nervenfasern. 
Als beste Heilmittel der Nervosität werden angegeben — gute leicht 
verdauliche Kost, den Verdauungskräften und dem Appetit der Kranken an 
gemessen (natürlich Fleischkost!), Aufenthalt in frischer Luft, Genuß von 
kleinen Portionen guten Rothweins und Bieres; in wieweit auch zur 
rascheren Beförderung der Heilung in den Arzneischatz hineingegriffen 
werden dürfe, wobei Eisenpräparate und Chinin eine Rolle spielen, 
müsse dem Arzte überlassen bleiben. Bei Nervosität, die keine körperliche 
Basis habe, könne nur des Kranken eigener Wille helfen! (?) Von einer 
rationellen Wasser- und diätetischen Behandlung ohne Reizmittel
	        
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