Volltext: Der Naturarzt 1876 (1876)

Was der Verf. sonst noch in dieser Einleitung über Vegetarianismus 
und Impfung vorbringt, kann ich füglich als barockes Zeug übergehen und 
ihn zu seiner Belehrung blos auf die Schriften über diese Themate ver 
weisen, worunter z. B. das größere Werk über die Jmpffrage seines appro- 
birten Collegen Prof. Dr. Germann ihm Stoff genug liefert, und neben 
„Schlickeysen, Obst und Brod" mag er nochmals durchlesen, was ich im 
N.-A. Jahrgang 1871 über „Vegetarianismus" geliefert, ferner was sein 
College Dr. Holub an Prof. Dr. Hyrtl in Wien geschrieben und dieser mir 
znm Abdruck im N.-A. (1875, Nr. 6 geschehen) geschickt hat, dann wird er 
gestehen müssen, daß der Doctrinarismus mehr in seinem eigenen Schädel, 
als in dem meinigen, spuckt, der stets ein offenes Auge für Alles hat, was 
in der hygieinisch-therapeutischen Frage nur immer Gutes und 
Rationelles auftaucht, während er, Dr. C., nur den alten störrischen Schimmel 
Allopathie und zur Abwechslung nebenher noch ein klein wenig den gelehrigen 
lammfrommen Pony „Naturheilkunde" reitet!! 
Nun zu dem instructiven Buche selbst, das nach seines Verfassers An 
sicht das erste und beste seiner Art für wißbegierige Aerzte sein soll!! 
Im ersten Theil, mit der Uebcrschrift „Physiologische Begründung 
der Thermotherapie im Allgemeinen" theilt uns der Verf. auf 34 Seiten 
mit, wie er in seinem Kopfe die wissenschaftliche Erklärung über die wirk 
same Potenz des Wasserbades gefunden habe! Er sagt uns in dieser Be 
ziehung, daß das Nervensystem die Erscheinungen des Gefühles und der 
Bewegung veranlasse, wie auch die des Denkens und Wollens, ja daß so 
gar die rein chemisch-physikalischen Processe unter seiner Botmäßigkeit 
stehen, und daß die dem Nervensystem eigenthümliche Kraft mit der Elektricität 
Einerlei sei! 
Wenn man sich eines Vergleiches bedienen wolle, so könne man sagen, 
daß das Nerven sy st em die Regierung darstelle, ohne welche im Körper 
Nichts geschehen könne und dessen jeweiliger Zustand daher die Kraft oder 
Schwäche des Lebens eines Individuums darstelle. Mit dem Wasser habe 
man es in der Hand, durch Beeinflussung des Ne rven syst eines alias Re- 
g i e r u n g die Widerstandskraft eines Individuums zu erhöhen, von 
deren jeweiliger Beschaffenheit der Gesund heitszu st and desselben abhängig sei 
und zwar geschehe dies auf nachstehende Weise. — 
Durch die Forschungen eines DnBoisEeymond (Professor in Berlin) 
sei nachgewiesen worden, daß im ganzen Nervensystem, so lange das Leben be 
stehe, eine e l e c t r i s ch e S t r ö m u n g in einer gewissen Richtung stattfinde und 
zwar in dessen winzigen Moleculen, welche sich verschieden gruppiren, 
je nachdem ein Reiz auf dieselbe einwirke; solcher Reize gebe es fünfer 
lei, nämlich: psychische, chemische, e l e c t r i s ch e, mechanische und 
thermische oder Temperatur reize. Die Physik lehre nun, daß die 
Wärme ausdehne und die Kälte zusammenziehe, demnach müsse 
jede Temperaturschwankung in gewissem Grade das moleculare Gleich 
gewicht der Nerven stören, oder mit andern Worten: dieselben erregen 
— zur Thätigkeit veranlassen! 
Es sei darum klar, daß es nicht der zu Prießnitz's Zeiten ange 
nommene Wassergeist sei, dem die verschiedenen Wirkungen eines Wasser 
bades auf den menschlichen Körper zugeschrieben werden dürfen, sondern 
lediglich dem Einflüsse des Nervensystemes, welches durch die verschiedene 
Temperatur des Wassers auch verschiedenartig erregt werden könne und
	        
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