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über diese ungesetzmäßige Aufforderung sich beschwert, oder wenn richtig, die
Erklärung abgiebt, daß man nicht Willens sei, sein Kind — vergiften zu taffen
— (man kann dann ein paar Nummern des N. A. aus der Tasche ziehen,
worin über Jmpfvergiftungen, bereits über 250 Fälle namhaft gemacht,
berichtet wird) und darum vorziehe, sich strafen zu lassen, wenn wirklich im
19. Jahrhundert ein Richter Jemand wegen Ungehorsams gegen solch' medi
zinischen Humbug (eigener Ausspruch von approbirten Aerzten!) zu strafen
wagen sollte! Wer aber noch mehr Courage im Leibe hat, der zahlt keine
Geldstrafe, sondern läßt sich gemüthlich in's Loch stecken und nach abgesessener
Strafzeit von befreundeten Jmpfketzeru im Triumph aus dem Arrestlokal ab
holen und sorgt dann noch dafür, daß er in öffentlichen Blättern als
Märtyrer ausposaunt wird, gerade wie in England, dem Vaterland
Jenner's, dieses Gründers der Schutzpockenimpfung, wo sie diese Art eklatanter
Opposition gegen eine versimpelte resp. übertölpelte Gesetzgebung meister
haft in Scene zu setzen verstehen!! —
Dflp Wie ich vernahm, hatte der A n t i t m p fverein in Hamburg beschlossen,
wenn Professor Virchow zur Versammlung kommen sollte, ihm eine respektable Depntanon
in sein Absteigequartier zu senden mit der höflichen Bitte um Aufklärung, aus welchen
triftigen Gründen Er die Impfung bei Schafen für verwerflich, bei Menschen
aber für nützlich finde, da er doch selbst erklärt habe, daß zwischen Thier und Mensch
bezüglich der Blutalteration kein Unterschied bestehe (s. „R.-A." 1875 Nr. 5). Professor
Virchow kam aber erst Sonnabend Mittag an, hielt geschwind seinen Vortrag, wozu ihm
ein Anderer ans Gefälligkeit Platz machte (s. oben) und dampfte dann sofort wieder ab, so daß
man ihm gar nicht bcikommen konnte. Der Btann muß einen guten S ch n tz g e i st be
sitzen ! —
An ha it g.
1. Bezüglich des in Section 10 (Innere Medizin) angekündigten, mir
besonders interessanten Vortrags des Dr. Sützbach aus Liegttitz über „Die
Wärmeentziehungcn im Vorläuferstadium der akuten Krankheiten"
muß ich hinzufügen, daß ich den Moment leider verpaßte, da ich den ersten
Vormittag seiner harrend vergeblich im Lokale saß und dann andern Tages
wieder zu spät kam; ich werde ihn daher erst im Anhang zum Tageblatt zu
lesen bekommen. Mit Bezug auf diesen Vortrag wurde am Eingang ein 8
Seiten starkes Heftchen abgegeben, bet. „An die 49. Versammlung deutscher
Naturforscher und Aerzte in Hamburg von I. Mpper, kk. Oberlieutcnant in
Gräfenberg", worin derselbe die Festrede dieses Dr. Süßbach zur Schindler
feier der Versammlung widmet mit der Bitte, daß das von Priesznitz auf
gestellte Wasser Heilverfahren seiner Wesenheit nach mehr und mehr ge
würdigt werden möchte, sowie, daß dessen Ueberlegenheit gegenüber den
vermeint fortschrittlichen Wasserheilmethoden, welche die einfache und mächtige
Wirkung des Wassers auf die Krankheitszustände des lebenden Organismus
durch allerlei hypothetische Maßregeln beirren oder aufheben, eine höchst ein
flußreiche Bestätigung auf's Neue ersühre!
Ich will nun den Abdruck des Vortrages abwarten, um dann von beiden
zusammen die Quintessenz mittheilen zu können.
(Schluß folgt in nä ch ster Nummer.)