Volltext: Der Naturarzt 1876 (1876)

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Nachtrag zum Artikel: 
PWMsche Behandlung des Scharlachßebers. 
Vom Herausgeber. 
(Fortsetzung.) 
Die betrübten Eltern hatten durch den guten Erfolg des Bades wieder 
einige Hoffnung für die Lebenserhaltung des Sohnes geschöpft, und darum seit 
mehren Tagen, wie sie mir sagten, zum erstenmale wieder etwas Lust zum 
Essen bekommen; wir saßen auch nach beendigter Mahlzeit noch einige Zeit 
plaudernd beisammen, wo ich dünn nochmals von ihnen den Verlauf der ganzen 
Krankengeschichte: zu hören bekam, wie ich^sie oben aus dem Gedächtniß und 
nach kurzen Notizen mitgetheilt habe; unter Aüdexm sagte hier nun auch Herr 
,W. zu mir: „Er könne nicht begreifen, warum Professor B. ihn nicht gleich 
an mich verwiesen habe, statt ihm erst den mediz. Professor zu schicken, der 
nun doch nicht mehr als sein Ortsarzt geleistet habe, dann wäre der Verlauf 
der Krankheit sicher ein ganz anderer geworden, das merke er schon jetzt aus 
dem Wenigen, was ich während meines kurzen Hierseins angeordnet und wie 
ich es gethan habe." 
Darauf erlaubte ich mir die Erwiderung, daß meiner Ansicht nach Herr 
Professor B. ganz correct gehandelt habe, denn er möge doch bedenken 
die große Verantwortlichkeit dieses Herrn, wenn derselbe, statt ihm den be 
gehrten besten Kindermediziner von Berlin zu schicken, ihn an mich, den ihm 
ganz fremden, unapprobirten Naturarzt verwiesen hätte und mir der Patient 
dann gestorben wäre; welche bittern Vorwürfe hätte Prof. B. dann ruhig von 
ihm einstecken müssen? Viel eher möchte ich ihn fragen, wie es komme, daß 
er, als abgesagter Medizin feind, auf dem Lande wohnend, nicht 
schon lange in der Anwendung des Naturheilverfahrens sich genügende Kennt 
nisse erworben und so sich von medizinischer Hülfe ganz unabhängig ge 
macht habe, wie ich selbst es seit dem Jahre 1850 gethan? Er solle nur 
einmal ein paar Wochen zu mir nach Dresden kommen, dann wolle ich ihn, 
wenn er Lust und ernsten Willen dazu habe, schon dahin bringen, daß er für 
den Anfang einer Erkrankung, sowohl bei sich als den Seinigen, sich schon 
allein zu helfen wissen werde und dann immer noch Zeit habe, sich nach wei 
terer Unterweisung per Post oder Telegraph umzusehen, So z. B. am 
28. Dezember, als sein Felix Abends über Halsschmerzen und allgemeines 
Unwohlsein klagte, brauchte er nach dieser Unterweisung nicht erst zu seinem 
Ortsarzte zu schicken, sondern konnte seinen Jungen ruhig in's Bett gehen 
lassen, selbst Puls und Körpertemperatur untersuchen, dann seinen dienenden 
und zur Wasserkur abgerichteten Geist Peter rufen und ihm befehlen, dem 
Felix eine feuchte Ganzpackung mit extra Hals - und Leibumschlag zu geben, 
weil er stark fieberte; weiter wußte er ja dann von mir, daß je nach der 
Höhe der Thermometermessung der Wicklung noch eine Abwaschung oder Bad 
vorausgehen und desgleichen nachfolgen und nach geraumer Zeit wieder mit 
kühlenden Umschlägen um Hals und Rumpf die ganze Nacht hindurch 
operirt und am andern Morgen die Herabstimmung der hohen Körpertemperatur 
je nach Befund weiter fortgesetzt werden müsse; wenn dann der auf der Haut 
sichtbar gewordene Ausschlag ihn belehrt, daß sein Sohn am Scharlach er 
krankt, so brauchte er weiter keine Angst zu haben, sondern wußte abermals, 
wie hier weiter zu verfahren sei; er konnte dann immer noch zu seiner eigenen 
wie seiner Gemahlin Beruhigung mich oder einen andern, mit dem arzneilosen 
Heilverfahren vertrauten, Mann kommen lassen und das Weiterein aller
	        
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