Volltext: Der Naturarzt 1875 (1875)

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Ein amtlicher Veterinärbericht aus dem Jahre 1867, von Müller und 
Roloff herausgegeben, welcher alle Veterinärnieldungen der königl. Bezirks- 
regierungcn zusammenstellt und vergleichend beurtheilt, kommt zu folgenden 
wichtigen Schlußfolgerungen: 
„D i e Schutzimpfungen unterhalten in ihrer H ä li e das 
Uebel, vor dem sie schützen sollen; ihre Empfehlung beruht daher 
einzig und allein auf einer Verwechslung von Ursache und Wir kung ! 
Die Thatsache, dass durch die an vielen Orten übliche 
Impfung die Keuche zu einer Stationaireu im Lande ge 
rn acht wird, kann gar nicht mehr bezweifelt werden ! /" 
Professor Dr. Roloff macht in diesem Bericht zugleich darauf aufmerk 
sam, daß beim Ausbruch der Schafpocken und bei geimpften Schafen im Winter 
das Hauptsächlichste Gewicht auf einen geräumigen, gutventi Irrten und 
kühlen Stall zu legen ist, um eben fortdauerndeVergiftungder 
Schafe und eine Steigerung des Fiebers zu verhüten, und 
fügt noch wörtlich hinzu: 
„Diese Grundsätze werden von Seiten der Besitzer und auch der Thierärzte nicht 
anerkannt, indem dieselben meinen, die pockenkranken Schafe müßten möglichst warm 
gehaltell werden, damit der Ausbruch der Pocken gut von Statten gehe. Dieses Verfahren 
führt große Nachtheile herbei; denn erfahrungsmäßig sterben viele pockenkranke Schafe 
lediglich in Folge des Fiebers; das Fieber wird aber gesteigert durch hohe Wärme 
des Stalles, während fortdauernde, jedoch gleichmäßige Wärmeabgabe das Fieber 
vermindert. Ganz besonders wird aber die Krankheit dadurch gesteigert, daß die 
Thiere in engen geschlossenen Räumen, in denen eine Anhäufung von Giftstoff 
stattfindet, fortwährend neu vergiftet werden. Die Verschiedenheit im Alter der 
Pusteln und in ihrer Entwicklung an einem und demselben Thiere zeigt unzweifel 
haft an, daß die Schafe nicht nur einmal, sondern in der Regel im Stalle fort 
laufend vergiftet werden." 
Daraus kann man nun aber auch für Menschenbehandlung die 
Vorschrift lernen, daß neben der fieberermäßigenden Wasserbehandlung noch 
Tag und Nacht in Zimmern, wo Pockenkranke liegen, ausgiebig ven- 
tilirt werden muß, damit das von ihnen ausgedünstete Pockengift fort 
während in den großen Ozean der atmosphärischen Luft seinen ungehemmten 
Abzug findet, wodurch allein verhütet wird, daß solche Kranke wie auch ihre 
Umgebung nicht fortwährend neu vergiftet werden. Dr. Oidtmann sagt 
darum ganz richtig: 
„Uns aber will es bedanken, als ob alle Massregeln (von den eingebildeten 
des Impfgeschäftes abgesehen), welche sanitätspolizeilich gegen die Blattern 
angestrengt werden, nur eitel Stückwerk seien, so lange wir von den Thieren und den 
Thierärzten, aus den Ställen und Stallseuchen nicht die Lehre ziehen, dass die 
Blatternseuche eine künstlich gezogene Luftseuche und dass es 
ein Unsinn sei, sie anders, als durch ein System von Luftdiätetik, abhalten und 
tilgen zu wollen! 
Der sächsische Medizinalrath Di-. Haubner, Professor an der Thierarznei 
schule in Dresden, giebt auf Grund nngefälschter statistischer Be 
obachtungen folgendes beachtenswerthe Gutachten ab: 
, Die Impfkrankheit ist nichts anderes, als die natürliche Pocken 
krankheit selbst, die alle Eigenthümlichkeiten derselben, wenn auch in ab 
geschwächtem Maasse, an sich trägt! Jede Impfung ist daher eine absichtliche Ver 
vielfältigung der Krankheit selbst! Die Impfung unterscheidet sich von der natür 
lichen Ansteckung nur dadurch, dass bei dieser das flüchtige Contagium durch 
die Lungen, bei jener (Impfung) das fix e Contagium durch die verwundete Hau t 
aufgenommen wird. Die jährliche S c h u t z i in p f u n g bei den Schafen ist u n b e d i n g t 
ohne jegliche Ausnahme zu verbieten! Sie ist nichts weiter, als eine ab 
sichtlich erhaltene und gepflegte Brutstätte der Seuche, die stets allgemein 
gefährlich ist! Man hält die Impfkrankheit für ungefährlich und doch lässt sich dar- 
thun, dass die Impfungen bei den Schafen die beständige Quelle der immer wieder 
kehrenden Pocken-Seuche ist! Die Zwangsimpfung wie auch die Tödtung der
	        
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