Volltext: Der Naturarzt 1875 (1875)

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vorgeschriebenen Bezeichnung der Person, bescheinigt, aus welchem Grunde und auf wie 
lange die Impfung unterbleiben darf. 
§ 11. Der Bundesrath bestimmt das für die vorgedachten Bescheinigungen (§ 10) 
anzuwendende Formular. Die erste Ausstellung der Bescheinigungen erfolgt stempel- 
und gebührenfrei. 
§ 12. Eltern, Pflegeeltern und Vormünder sind gehalten, auf amtliches Erfordern 
mittelst der vorgeschriebenen Bescheinigungen (§ 10) den Nachweis zu führen, daß die 
Impfung ihrer Kinder und Pflegebefohlenen erfolgt oder aus einem gesetzlichen Grunde 
unterblieben ist. 
Z 13. Die Vorsteher derjenigen Schulanstalten , deren Zöglinge dem Jmpfzwange 
unterliegen (8 1, Litera b), haben bei der Aufnahme von Schülern durch Einfordern der 
vorgeschriebenen Bescheinigungen festzustellen, ob die gesetzliche Impfung erfolgt ist. Sie haben 
dafür zu sorgen, daß Zöglinge, welche während des Besuches der Anstalt nach 8 1, Litera b 
impfpflichtig werden, dieser Verpflichtung genügen. Ist eine Impfung ohne gesetzlichen 
Grund unterblieben, so haben sie auf deren Nachholung zu dringen. Sie sind verpflichtet, 
vier Wochen vor Schluß des Schuljahres der zuständigen Behörde ein Verzeichniß derjenigen 
Schüler vorzulegen, für welche der Nachweis der Impfung nicht erbracht ist. 
8 14. Eltern, Pflegeeltern und Vormünder, welche den nach 8 12 ihnen obliegenden 
Nachweis zu führen unterlassen, werden mit einer Geldstrafe bis zu zwar'.zig 
Mark bestraft. Eltern, Pflegeeltern und Vormünder, deren Kinder und Pflegebefohlene 
ohne gesetzlichen Grund und trotz erfolgter amtlicher Aufforderung der Impfung 
oder der ihr folgenden Gestellung (8 5) entzogen geblieben sind, werden mit Geld 
strafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft. 
8 15. Aerzte und Schulvorsteher, welche den durch 8 8 Absatz 2, 8 7 und durch 
8 13 ihnen auferlegten Verpflichtungen nicht nachkommen, werden mit Geldstrafe bis zu 
einhundert Mark bestraft. 
8 16. Wer unbefugter Weise (8 8) Impfungen vornimmt, wird mit Geldstrafe bis 
zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen bestraft. 
8 17. Wer bei der Ausführung einer Impfung fahrlässig handelt, wird mit Geldstrafe 
bis zu fünfhundert Mark oder mit Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten bestraft, sofern 
nicht nach dem Strafgesetzbuch eine härtere Strafe eintritt. 
8 18. Die Vorschriften dieses Gesetzes treten mit dem 1. April 1875 in Kraft. 
Die einzelnen Bundesstaaten werden die zur Ausführung erforderlichen Bestimmungen 
treffen. Die in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Bestimmungen über Zwangs 
impfungen bei dem Ausbruch einer Pocken-Epidemie werden durch dieses Gesetz 
nicht berührt. 
EpilogM Deutschen ImphwangsgeH. 
Von Adolf Graf von Zedwitz in Gräfenberg. 
Die Würfel sind gefallen und Deutschland wird Dank dem Jesuitismus 
und der Unwissenheit seiner Aerzte einerseits, wie dem Autoritätsglauben der ge 
bildeten Klassen in medicinischen Dingen andererseits, mit einem Zwangs 
gesetz beglückt, das an Härte und Brutalität seines Gleichen 
sucht. Verwundert muß man sich fragen, in welchen Zeiten wir denn eigentlich 
leben, daß die Majorität eines hoch gebildeten Parlamentes ohne ein 
gehendste und gewissenhafteste Prüfung aller von den 
Gegnern, (woruuter angesehene und erfahrene Aerzte,) vorgebrachten 
Einwendungen, einzig und allein geleitet von blindem Vertrauen auf die 
Behauptungen und Lehren der in solchen Fragen sehr befangenen und 
unverläßlichen impfärztlichen Autoritäten, der Bevölkerung 
ein Joch auferlegen konnte, das dem religiösen Gewissenszwang gleich kommt 
und indem es alle jene Familien, die das Gefährliche und Verderbliche 
dieser Sanitätsmaßregel erkannt haben, in wahrhaft peinliche Lage
	        
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