Volltext: Der Naturarzt 1875 (1875)

Kirche, die christliche katholische Kirche, verbrannte lebendige 
Ketzer — zur höhcrn Ehre Gottes und der unbesteckten Jungfrau 
Maria und kanonisirte dafür ihre blutdürstigen Inquisitoren, d. h. 
erklärte diese Unmenschen für Heilige! Der Wiener Welt- 
Ausstellung vom Jahre 1873 war es nun vorbehalten, die Augen der 
rreute nuever aus die Verbrennung der 2. c i ch e n zu lenken, indem der 
Italiener L run stti, Professor der pathologischen Anatomie an der Universität 
Padua, uebcil eigenen und fremden Leichenconservirungsprüparaten 
(seines Landsmanns N a r i n i) noch einen Lei ch e n v er b r en n u n g s ap p ar a t 
im Model aufgestellt hatte, mittelst dessen er die Leiche eines Erwachsenen in 
ca. 3 Stunden mit einem Kostenaufwand von ca. 1 fl. 20 kr. für Holz bis auf 
3^/z Pfund einäscherte, welche Ascheuüberreste in einer gläsernen Urne zu sehen 
waren mit der Aufschrift: 
Pulvis es et iu pulverem reverteris. 
Auf Deutsch: Staub bist Du und zu Staub sollst Du wieder werden! 
Das zündete, das brachte das zahlreiche dort aus- und eingehende Pu 
blicum zum Nachdenken, die Presse that das Ihrige zur Verarbeitung und Ve- 
breitung des Themas „Begraben oder Verbrennen? und auf einmal 
erinnerte man sich, daß die Geschichte eigentlich nichts Neues sei, daß mit 
Leu Akiba zu reden „aucf) dieß schon dagewesen", und schon lange 
vorher deutsche Gelehrte darauf aufmerksam gemacht haben, daß unsere 
jetzige Sargbestattung ein ganz unrationelles Verfahren sei. 
So schreibt Professor vr. Bock in seinem „Menschenbuche", 7. Auflage 
vom Jahre 1866 schon Folgendes: 
„Die Bestattungsweise der menschlichen Leiche zeigt: wie weit zur Zeit die sog. civili- 
sirten Völker in der wahren Civilisation noch zurück sind! Denn anstatt die todten 
Menschenreste so schnell als möglich durch ihre Zersetzung wieder für das Leben 
von Pflanzen, Thieren und Menschen nutzbar zu machen, bemüht man sich den 
selben durch Sarge, sogar von Metall re. so lange als möglich die menschliche Form 
zu erhalten. Die Letchenberbrcnmlnii d. h. durch Feuer und Flanrme, (beim das 
Verfaulen ist auch eine, aber ganz langsame Verbrennung ohne Flamme) ist die 
geeignetste nnd für die Gesundheit der Lebenden unschädlichste Art der Lei- 
chenbestattttNg. Will man diese nicht, so begrabe man die Leichen wenigstens ohne 
Sarg, damit in ihnen die Zerstörung rascher eintreten kann!" 
Betrachtet man den Fäulnißproceß der Leiche, nachdem sie dem Boden 
übergeben oder im Freien, Wald oder Feld unbedeckt liegen geblieben oder in's 
Wasser geworfen und von keinem Thiere berührt wurde — also rein physi 
kalisch-chemischen Einwirkungen anheim gegeben ist, so weiß man aus viel 
lOOOfültiger Erfahrung, daß der ganze Körper früher oder später in zwei 
Gruppen von Stoffen ausgelöst wird, nämlich a) in Kohlensäure, Wasser 
und Ammoniak, welche iu Gasform in die atmosphärische Luft über 
geführt werden; b) in mineralische Bestandtheile als Kalk, 
Phosphor, Eisen, Schwefel, Magnesia rc., feste Elemente, 
welche liegen bleiben, wo sich die Leiche gerade beftndet, bis sie durch Regen 
oder Schnecwasser gelöst, durch Winde zerstreut, zuletzt vom Boden aufgenommen 
werden, wo sie den Wurzeln der Pflanzen zur Nahrung dienen, gerade 
wie die erste Gruppe aus der Luft theils direct wie die Kohlensäure durch 
die Blätter, theils indirect nach ihrem Niederschlag (Wasser , Ammoniak) 
iu den Boden ebenfalls von Pflanzenwurzeln aufgenommen werden. Das ist 
der ewige, der naturgesetzmäßige Kreislauf des Stosses zwischen 
der anorganischen und organischen Welt (Pflanzen und Thieren),
	        
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