Volltext: Der Naturarzt 1875 (1875)

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nicht geschadet, ihm keinenRückfall zugezogen, denn die Zuckerfabrik *) 
ist beiihm total eingegangen! 
Pat. hat sich in allen Anordnungen sehr folgsam und konsequent gezeigt, 
wie es eigentlich bei Allen der Fall sein sollte, aber leider nicht immer der 
Fall ist; er hat dabei den weiteren Beweis geliefert, daß, wer will, auch in 
seiner Wohnung und ohne Unterbrechung des Berufes eine sog. strenge Cur 
durchführen kann, vorausgesetzt, daß keine abnormen Familienverhältnisse hindernd 
in den Weg treten. 
Und was lehrt die approb. Staatsheilkunde über den merkwürdigen 
Diabetes mellitus? — Nach Niemeyer (spec. Pathologie und Therapie) 
ist die Entstehung dieser Krankheit noch immer in Dunkel gehüllt; 
sicher sei nur, daß der Zucker nicht in den Nieren bereitet, sondern 
daselbst aus d e m B l u t e ausgeschieden werde, aber in Folge welcher Anomalie 
im Organismus das durch die Nieren circulirende Blut bei Diabetikern Zucker 
enthalte und bei gesunden Menschen nicht, das sei noch ganz unbe 
kannt!! Man hat den Diabetes ferner von einer abnorm beschleunigten 
und gesteigerten Umwandlung der A m y l a c e a (Stürkmehl) in Zucker in Folge 
einer fehlerhaften Verdauung abzuleiten gesucht und daraufhin eine Cur- 
methode gegründet, welche sich aber nicht bewährt hat, nämlich alle 
Amylacea in der Nahrung zu vermeiden und den Kranken auf pure 
Fleischkost zu fetzen, man hat aber gefunden, daß trotz Monate lang 
fortgesetzter animalischer Kost der Zucker nur sehr selten im 
Harn der Diabetiker sich verringere, geschweige ganz daraus verschwinde! Man 
hat ferner angenommen, daß dem Diabetes ein Leberleiden zu Grunde 
liege, namentlich seitdem nachgewiesen, daß die L c b e r glykogene Substanz und 
resp. Zucker produzire, und in diesem Falle also mehrwiesonst erzeugt 
werde; umgekehrt hat man wieder gefunden, daß die Leber aus dem ihr 
im Blute zugeführten Zucker — Glykogen bereite und daher, wenn sie 
diese Fähigkeit verliere, der Zucker im Blute bleibe und so der Diabetes ent 
stehen könne! Auch in die A e t i o l o g i e fehlt jede nähere Einsicht, und die 
Therapie anbelangend, so sagt Niemesyer wörtlich: daß, trotzdem gegen 
den Diabetes eine große Zahl von Mitteln und Curmethoden empfohlen 
worden sei, bei dem heutigen Stande der Wissenschaft eine Brunnenkur in 
Carlsbad aber doch diejenige Verordnung sei, welche das meiste 
Vertrauen verdient!!! 
*) Anmerkung. Brieflich ist inzwischen bei mir angefragt worden, wie die Zahl beim 
specifischen Gewicht des Harns zu verstehen sei. Darauf diene, daß der Chemiker das spec. 
Gewicht für den normalen Harn im Mittel auf 1021 annimmt, wenn dasjenige des 
destillirten Wassers — 10.00 gesetzt wird. Zur Untersuchung des Harngewichts ist das 
11 r o m e t e r von Heller das beste Instrument und dasselbe ist eigentlich nichts Anderes 
als ein A r a e o m e t e r kleinster Form sammt einem Glascylinder zur Aufnahme der zu 
priisenden Flüssigkeit. Das specifische Gewicht steht unter gewöhnlichen Verhältnissen in 
geradem Gegensatze zur Urinmenge; ist diese durch Getränke vermehrt, so fallt in demselben 
Maße das specif. Gewicht. In Krankheiten kann es daher nicht auffallen, wenn bei 
c o P i ö s e r Harnausscheidung das Sekret ein leichtes, bei geringer ein schweres 
speeif. Gewicht zeigt; zeigt hingegen ein reichlicher Urin ein hohes, ein geringer 
ein niedriges Gewicht, so ist etwas faul im Staate Dänemark. Man kann daher 
mittelst des U r o m e t e r s auch ohne chemische Probe die Diagnose eines Diabetes mellitus 
mit hoher Wahrscheinlichkeit stellen, wenn bei starker Harnabsonderung das specif. Gewicht 
des blassen Harns über 1030 steigt. Bei der ersten Untersuchung des Harns meines 
Pat. betrug das specif. Gewicht desselben 1042, ergo — ! — Woher die späteren 
Schwankungen stammen, ist mir selbst noch unbekannt!
	        
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