Volltext: Der Naturarzt 1875 (1875)

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und mit wirklichem „Naturheilverfahren“ oder naturgemässein Heilverfahren 
nur den Namen gemeinschaftlich haben; in Wahrheit aber der miserabelsten Quack 
salberei huldigen! 
Literarische Besprechungen. 
2) Alfred von Seefeld, die modernen Theori c n der Ern äh r u n g 
und der Vegetarianismus. Zwei Vorträge. 
kl. 8. 56 S. Hannover 1875, Schmort und v. Seefeld. 50 Pf. — 8 Stück für 8 Mark. 
Ein kleines, aber inhaltreiches Schriftchen, welches dem Leser in Kürze 
doch viel bietet; die beiden Vorträge, welche jetzt gedruckt vorliegen und ebenso 
belehrend wie unterhaltend sind, stellen gleichsam, metapherisch ausgedrückt, eine 
d i ä t e t i s ch c P r o m e n a d e durch die alte und neue Zeit dar und gestatten 
somit Jedem, der sich für menschliche Ernährung interessirt — und wer sollte 
das nicht? — sich durch Lesung dieser wenigen Seiten in kurzer Zeit einen 
Uebcrblick des auf diesem Gebiete Geschehenen und Geleisteten zu verschaffen. 
Es sei mir gestattet, dem Leser zur Bekräftigung des Gesagten den Inhalt kurz 
zu skizziren. Im ersten Vortrag citirt Vers, den alten Hufeland (preuß. 
Leibarzt), der in seiner „MakvoOiotik" oder Kunst, das menschliche Leben 
zu verlängern, mit dürren Worten sagt: „Man halte sich bei der Wahl 
d er Sp eisen immer mehr a n d i c V e g e t a b i l i e n; Fleischspeisen 
haben immer mehr Neigung zu Fäulniß, die Vegetabilien hingegen 
zur Säure, und zur Verbesserung der Fäulniß, die unser beständiger nächster 
Feind ist!"; dann führt er uns Justus von Licbig vor, welcher eine zeitlang 
mit seiner bestehenden Ernährungstheorie, Eintheilung der Speisen der Menschen 
und Thiere in zwei Classen, wovon die eine zur eigentlichen Ernährung 
und Neubildung der festen Theile ihres Leibes — plastische Nahrungs 
mittel, die andere zur Vermittlung dieser Prozesse und zu andern Zwecken, 
namentlich der Wärmebildung dient — Respirationsmittel, 
Sensation machte; der Hufeland'schen Lehre ganz entgegengesetzt, 
predigte L i e b i g den Flcischgenuß in höchster Potenz und behauptete, daß 
von allen vegetabilischen Nahrungsmitteln keines wieder Fleisch mil gleicher 
Schnelligkeit erzeuge, wie Fleischnahrung, welche die in der Arbeit ver 
brauchte Muskelsubstanz mit eim m g l e i ch geringen Aufwand von or 
ganischer Kraft wieder herstelle i 
B c r f. sagt mm , daß dieser Satz durch neuere Beobachtungen v o l l st ä n d i g 
widerlegt sei und jetzt allgemein zugegeben werde, daß die Arbeit des Muskels 
lediglich durch den Umsatz der stickstoff freien Nahrungsstoffe geleistet werde. Ueberhaupt 
sei die ganze Liebig'sche Theorie vor der nüchternen Kritik nicht aufrecht zu erhalten. 
Die zwei großen Classen der Speisen existiren von vornherein nicht in der Natur, 
sonder n n u r als K u n st producte. Kein von der Natur gebotenes Nahrungsmittel 
falle pure in eine der beiden Liebig'schen Classen; denn alle Arten Pflanzennahrung ent 
halten int Eiweiß, Kleber rc. auch die st i ck st o f fh a l t i g e n Theile. Die Berechtigung 
der theoretischen Unterscheidung aber auch zugegeben, so sei doch die Vorstellung von der 
getrennten Function hinfällig. Zum Ausbau des Körpers und zum Ersatz seines 
Verbrauches seien das Wasser, das Fett, der Z u ck e r der Nahrung ebenso u n - 
crläßlich, als die von uiebig „plastisch" genannten E i w e i ß st o f f e; und zur 
Würmebildung dient der Umsatz des Eiweißes eben so gut, als der der sog. 
Respirationsmittel! — . 
Und Licblg hatte viele Herolde der Weiterverkündigung seiner f a l s ch e u 
Fleischte h r e, worunter namentlich Moleschott in seiner „Lehre der Nahrungs-
	        
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