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Frauen laut wird, dann kehrt vielleicht die allgemeine Gewohnheit, nur Hebammen
z u b e s ch ä f t i g e n, von selbst zurück, und man wird ihrer Ausbildung um so größere
Aufmerksamkeit schenken!
ad. b. Vorschrift für die Schwangere bei und
nach der Geburt.
Ist die Leibesfrucht beim menschlichen Weibe 40 Wochen alt, so ist sie
reif und wird von demselben ausgeschieden, welchen Vorgang man die G e b u r t
des Kindes oder die Niederkunft, auch Entbindungder Mutter
nennt. Die Ausstoßung der Frucht geschieht durch etwas schmerzhafte Zu-
s a m m e n z i e h u n g e n der Gebärmutter, welche man darum auch
Wehen nennt, auch die Bauchmuskeln helfen dabei mit, theils mit
theils ohne Willen der Gebärenden, auch Kreissenden genannt. Ohne
hier noch weiter auf den Geburtsact einzugehen, sei nur soviel bemerkt, daß
man denselben in 3 Momente eintheilt, nämlich a., in die Eröffnung des
Muttermundes, wobei die vom Fruchtwasser gefüllten Eihäute bersten und
das Wasser abläuft, b., in die Austreibung des Kindes und e., in die
der Nachgeburt, worunter man den Mutterkuchen, die E i h ä u t e
und das mütterlicheEnde desNabelstranges versteht. Die Geburt
des Kindes erfolgt allein durch die natürlichen Austreibungskräfte der Mutter
(Gebärmutter- und Bauchmuskelcontractionen); Hebamme und Geburtshelfer
haben dabei gar Nichts zu thun!
Ist das Kind geboren, so muß es im Zusammenhang mit der Mutter
durch die Nabelschnur noch eine Zeitlang bleiben, bis es geathmet und ge
schrien hat; dann wird bei uns in Europa die Nabelschnur etwn 2 Zoll
breit vom Nabel des Kindes weg mit einem festen Bändchen unterbunden resp.
umbundcn und hierauf einen Zoll weiter mit der Schecre durchschnitten*);
das Kind wird sofort in ein erwärmtes Tuch gehüllt an einen sichern Ort ge
legt. Nun widmet sich die Hebamme der M u t t e r, um ihr bei der Austreibung
der Nachgeburt behilflich zu sein und sie nachher an den Geschlechtstheilen
zu reinigen, auch für trockene Lagerung derselben zu sorgen. Ist
dieß Alles gründlich geschehen, so hat die Hebamme ihre Sorgfalt wieder dem
Kinde zuzuwenden, nämlich dasselbe in lauem Wasser ohne Seife zu baden,
resp. den ganzen Körper desselben von Blut und Schleim gründlich zu
reinigen, hernach zu bekleiden und auf sein Lager zu legen. Von dem Moment
an, wo die Geburt des Kindes und der Nachgeburt vollendet ist, heißt die
Frau — auf die Zeit von sechs Wochen — eine Wöchnerin und ihren Zustand
nennt man das Wochenbett; während dieser Zeit erfolgt die Zurück-
tz i l d u n g aller der Theile, welche durch die Schwangerschaft und die Geburt
eine Veränderung erlitten haben, auf beinahe denselben Zustand, wie er vorher
war; auch die Absonderung der Milch aus den Brüsten gehört
hieher, welche dem Neugeborenen zur Nahrung dienen soll, denn der Mensch
gehört zu den S ä u g e t h i e r e n, wenn er auch heutigen Tages selten mehr
gesäugt, sondern öfter künstlich aufgezogen wird.
Nachdem die Geburt ganz vorüber, fühlt sich die entbundene Frau ermattet,
oft tritt ein leichter Frostschauer bei ihr auf, welchem bald das Gefühl behag-
*) Anmerkung. An manchen Orten ist gebräuchlich, die Nabelschnur doppelt zu
unterbinden und zwischen diesen durchzuschneiden ; dieß hat den Vortheil, daß weniger Blut
in das Bett läuft, und daß der Mutterkuchen, welcher durch das zurückgehaltene Blut größer
bleibt, die Gebärmutter zu kräftigern Nachgeburtswehen anregt; die doppelte Unterbindung
ist aber der Frau wegen nicht nöthig, denn dieselbe kann deßhalb keinen Blutverlust erleiden!