Volltext: Der Naturarzt 1875 (1875)

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Frauen laut wird, dann kehrt vielleicht die allgemeine Gewohnheit, nur Hebammen 
z u b e s ch ä f t i g e n, von selbst zurück, und man wird ihrer Ausbildung um so größere 
Aufmerksamkeit schenken! 
ad. b. Vorschrift für die Schwangere bei und 
nach der Geburt. 
Ist die Leibesfrucht beim menschlichen Weibe 40 Wochen alt, so ist sie 
reif und wird von demselben ausgeschieden, welchen Vorgang man die G e b u r t 
des Kindes oder die Niederkunft, auch Entbindungder Mutter 
nennt. Die Ausstoßung der Frucht geschieht durch etwas schmerzhafte Zu- 
s a m m e n z i e h u n g e n der Gebärmutter, welche man darum auch 
Wehen nennt, auch die Bauchmuskeln helfen dabei mit, theils mit 
theils ohne Willen der Gebärenden, auch Kreissenden genannt. Ohne 
hier noch weiter auf den Geburtsact einzugehen, sei nur soviel bemerkt, daß 
man denselben in 3 Momente eintheilt, nämlich a., in die Eröffnung des 
Muttermundes, wobei die vom Fruchtwasser gefüllten Eihäute bersten und 
das Wasser abläuft, b., in die Austreibung des Kindes und e., in die 
der Nachgeburt, worunter man den Mutterkuchen, die E i h ä u t e 
und das mütterlicheEnde desNabelstranges versteht. Die Geburt 
des Kindes erfolgt allein durch die natürlichen Austreibungskräfte der Mutter 
(Gebärmutter- und Bauchmuskelcontractionen); Hebamme und Geburtshelfer 
haben dabei gar Nichts zu thun! 
Ist das Kind geboren, so muß es im Zusammenhang mit der Mutter 
durch die Nabelschnur noch eine Zeitlang bleiben, bis es geathmet und ge 
schrien hat; dann wird bei uns in Europa die Nabelschnur etwn 2 Zoll 
breit vom Nabel des Kindes weg mit einem festen Bändchen unterbunden resp. 
umbundcn und hierauf einen Zoll weiter mit der Schecre durchschnitten*); 
das Kind wird sofort in ein erwärmtes Tuch gehüllt an einen sichern Ort ge 
legt. Nun widmet sich die Hebamme der M u t t e r, um ihr bei der Austreibung 
der Nachgeburt behilflich zu sein und sie nachher an den Geschlechtstheilen 
zu reinigen, auch für trockene Lagerung derselben zu sorgen. Ist 
dieß Alles gründlich geschehen, so hat die Hebamme ihre Sorgfalt wieder dem 
Kinde zuzuwenden, nämlich dasselbe in lauem Wasser ohne Seife zu baden, 
resp. den ganzen Körper desselben von Blut und Schleim gründlich zu 
reinigen, hernach zu bekleiden und auf sein Lager zu legen. Von dem Moment 
an, wo die Geburt des Kindes und der Nachgeburt vollendet ist, heißt die 
Frau — auf die Zeit von sechs Wochen — eine Wöchnerin und ihren Zustand 
nennt man das Wochenbett; während dieser Zeit erfolgt die Zurück- 
tz i l d u n g aller der Theile, welche durch die Schwangerschaft und die Geburt 
eine Veränderung erlitten haben, auf beinahe denselben Zustand, wie er vorher 
war; auch die Absonderung der Milch aus den Brüsten gehört 
hieher, welche dem Neugeborenen zur Nahrung dienen soll, denn der Mensch 
gehört zu den S ä u g e t h i e r e n, wenn er auch heutigen Tages selten mehr 
gesäugt, sondern öfter künstlich aufgezogen wird. 
Nachdem die Geburt ganz vorüber, fühlt sich die entbundene Frau ermattet, 
oft tritt ein leichter Frostschauer bei ihr auf, welchem bald das Gefühl behag- 
*) Anmerkung. An manchen Orten ist gebräuchlich, die Nabelschnur doppelt zu 
unterbinden und zwischen diesen durchzuschneiden ; dieß hat den Vortheil, daß weniger Blut 
in das Bett läuft, und daß der Mutterkuchen, welcher durch das zurückgehaltene Blut größer 
bleibt, die Gebärmutter zu kräftigern Nachgeburtswehen anregt; die doppelte Unterbindung 
ist aber der Frau wegen nicht nöthig, denn dieselbe kann deßhalb keinen Blutverlust erleiden!
	        
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