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In Nr. 71 des Verein sblatt hat Freund A. v. Seefeld einen Artikel sud „Zur Ge
schäftsordnung" gebracht, dem ich Einiges entnehmen will, das mir wie aus der Seele
geschrieben ist. Vorerst aber kann ich meine Verwunderung nicht verbergen, wie so ge-
scheidte Leute erst zum 6. Bereinstag den Entwurf einer Geschäftsordnung und nicht
schon früher vorlegen!! Dieses unpraktische Gebühren ist nicht zum Lobe der guten Sache
und von der hiesigen Presse vor. Jahr auch nach Gebühr gerüffelt worden. —
v. Seefeld sagt, daß unser Verein jetzt nachgerade ein festgefügter geworden sei
und seinen Präsidenten, Schriftführer und Cassirer habe, was feie somit selbstver
ständlicher, als daß der Präsident den Vorsitz und der Schriftführer das Protokoll
führt, wenn der Verein zusammenkomme, es sei ihm rein unverständlich, warum dann
andere Personen dazu erst gewählt werden sollen! Ganz das nämliche habe ich Herrn
Baltzer am Vereinstag-Morgen hier im Schillerschlößchen gesagt, als er mich zum Vor
sitzenden pressen wollte, denn Tags zuvor besuchte er mich ausfallender Weise nicht in
meiner Wohnung, wo ich gar Manches zum bessern Gedeihen des Vereinstages vorher
mit ihm zu besprechen beabsichtigt hatte und welchen Besuch ich von ihm auch erwarten
durfte, denn ich war doch nicht sein von ihm mit dem Arrangement beauftragter Sklave,
der seine Mußarbeit vollbrachte! —
Das Festmahl anbelangend, so ist Seefeld für Beibehaltung desselben
und nicht für die von E. Baltzer so hartnäckigproponirte amerikanische Buffetabfütterung;
man habe bei diesen Mahlen immer eine Anzahl Nichtvegetarianer als Gäste, die uns
das Opfer bringen, sich einmal ohne Fleisch zu behelfen; es könne ja während der Tafel
gelegentlich einer launigen Tischrede mitgetheilt werden, daß wir nicht täglich so Vielerlei
verlangen, daß wir aber an unserem Festtage eben so fröhlich tafeln können, wie sie; er
wisse wahrlich nicht, was dem entgegen stände! Eben weil H. Baltzer als Präses vorig.
Jahr mich nicht Tags zuvor besucht und mir so Gelegenheit gegeben hat, das ganze Vereins-
tags-Arrangement mit ihm gemüthlich zu besprechen, uns darüber zu verständigen und
dann fest darnach zu handeln, ist die Geschichte nicht wie am Schnürchen gegangen,
wie sie sonst hätte gehen müssen ungeachtet der elenden Machinationen von ein paar eigen
nützigen überschnappten Kerlen.
Schließlich hält Seefeld die ganze Geschäftsordnung für überflüssig, da an
solchen Vereinstagen keine lange Debatten über Nebendinge, sondern ein möglichst lebendiger
persönlicher Verkehr wünschenswerth seie und schließt seine Epistel mit den Worten: Lasse
Jeder zu Hause, was von Uebelnehmereien K. vorhanden ist und bringe Jeder ein frisches
fröhliches Herz mit, das ist die beste Geschäfts-Ordnung!
Ich habe Herrn Baltzer, als er unterm 8. Juni vorigen Jahres an mich schrieb, daß
auf Dresden die Wahl des fünften Vereinstages gefallen sei und zugleich anfrug, wer
hier die Vorbereitungen dazu treffen könne oder wolle, da er glaube, dieses Geschäft mir
nicht zumuthen zu dürfen, — nicht geantwortet:
„Scheren Sie sich zum Teufel, halten Sie Ihren Vereinstag, wo Sie nur immer wollen,
„und fragen Sie nicht bei einem Menschen an, den Sie vorher durch einen Andern in
„Ihrem Blatt in höchst voreiliger ungeziemender Weise als „jesuitischen Ve
getarianer" haben herunter machen lassen" —
sondern ich bot ihm für den Fall, daß Niemand hier dazu geneigt sein sollte, meine Dienste
nach besten Kräften an, was sicher seiner Seits nach Ankunft hier eine freundliche Begrüßung
in meiner Wohnung verdient hätte, wobei dann eine gründliche Besprechung alles
Geschehenen und noch zu Geschehenden meinerseits beabsichtigt war! Statt
dessen fand der Vorstand erst am Dienstag Abend nach 8 Uhr sich auf dem Belvedere ein
und am Mittwoch Morgen war auch keine Gelegenheit mit ihm zu sprechen, da er
nicht mit in Großen Garten ging, daher der ganze verfahrene Vereinstagskarren, den die
hiesige Presse mit Recht so scharf tadelte und nun wird hintennach zum Dank vom Hause
Oesterreich im veget. Adreßbuche der „Naturarzt" gestrichen und sogar der unschuldige
brave Schrotbrodbäcker Groß mann todtgeschwiegen! Wahrlich der Stuttgarter hat ganz
Recht, wenn er sagt: Die Tugenden der jetzigen Vegetarianer erheben sich nicht
über das Niveau der Faustianer! Trotz alledem: Vivat, der 6. Vereinstag!!
Correspon-en; f ii r Älle intir m i t Mül
Ab. S. in Z ü r i ch. Sie fragen, wo jetzt Dr. phil. Earl M-u nde sich aufhalte,
der zuerst über „Prieszmtz" und Gräfenverg geschrieben, den Sie in Amerika persönlich
kennen gelernt und dessen „Hydrotherapie" 11 sage: Ei lf Auflagen erlebt, deren letzte ihn
aber wegen seiner Concession an dieHausapotheke unsterblich blamirt
habe; w o ferner ein Artikel contra M o r i n s o n 'sche Pillen zu lesen sei? Antwort:
Seit 1869 lebte vr. Munde in Stuttgart, wohin ich ihm den N.-A. honoris causa