Volltext: Der Naturarzt 1871 (1871)

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fährlicheren Verlauf nehmen sollen, als die auf dem Wege der zu 
fälligen Ansteckung entstandenen (was wiederum sehr stark bestritten 
wird). Dieser Gebrauch der Homination wird als ein sehr alter ge 
schildert und soll schon bei den Indiern in frühester Zeit vorkommen, 
von welchen er nach Arabien und im 18. Jahrhundert auch nach Europa 
verpflanzt wurde! 
Die Beobachtung der Pocken beim Rindvieh, bei welchem nach 
der Ansicht Einiger die Blattern nur durch Uebertragung von 
Menschen (z. B. beim Melken) entstehen, nach Andern aber sich eben 
falls selbständig entwickeln sollen, und ihre Uebertragung auf den 
Menschen (nach erster Ansicht also Rückübertragung) bei zufälliger Be 
rührung und deren milderer Verlauf als bei den natürlichen Pocken 
brachte wieder die Idee der Impfung in Aufnahme und zwar war es 
ein Wundarzt in England, Namens Jenner, dem Fortuna für die 
Verwerthung dieser unglücklichen Idee, auf welche eine Bäurin seine 
Aufmerksamkeit gelenkt haben soll, — 10,000 Pfd. Sterling als Par 
laments- und 20,000 Pfd Sterling als Nationalbelohnung in den 
Schooß warf! Jenner war nämlich der Erste, welcher aus den Pu 
steln, welche eine Milchmagd sich beim Melken an den Händen zugezogen 
hatte,, ein gesundes Individuum am Arme impfte, und bei weiteren der 
artigen Versuchen und Beobachtungen gefunden zu haben glaubte, daß 
die Kuhpockenlymphe auch beim Durchgänge durch mehrere 
Individuen ihre Ansteckungskraft nicht einbüße, und sich 
dieselbe daher leicht von Mensch zu Mensch verwenden lasse, was man 
humanisirte Lymphe nennt. Später entdeckten dann Andere, daß dieses 
Jmpfverfahren auch wieder leine Grenzen habe, indem nach einiger Zeit 
beim Durchgänge durch eine größere Anzahl von Individuen der Stoff 
die Ansteckungskraft verliere, daher man den Impfstoff 
von Zeit zu Zeit regeneriren müsse, was dadurch geschieht, daß 
man auf das Euter gesunder Kühe ächtes Blatterngift von Menschen 
impft, die Pusteln reifen läßt und diese Kuhpocken-Lymphe dann 
wieder zur neuen Menschenimpfung nimmt. 
Man will nun beobachtet haben, daß durch diese prophylaktische 
Kuhpocken-Menschen-Jmpfung (Vaccination), wie früher durch 
die Menschenblattern-Jmpsung (Homination), die Menschenblattern nicht 
so häufig und in so hohem Grade wie vordem auftraten, ferner daß die 
Empfänglichkeit zur Erkrankung an Menschenpocken bei 
Einigen für das ganze Leben (Klasse a?) erlischt, bei Andern aber schon 
früher, d. h. nach einer Reihe von Jahren sind solche Individuen nicht 
mehr sicher vor Ansteckung, daher eine Kuhpockenimpfung bei ihnen 
wiederholt vorgenommen werden muß, was man Revaccination nennt. 
Die unerschütterliche Parole des obersten medizinischen General 
stabes in dieser Pocken- und Jmpfangelegenheit ist nun zur Zeit folgende:
	        
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