Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

56 
verbessern, nur sich versch lechtern, an Kräften verlieren 
können, und darum auch kein in allen Theilen gesunder menschlicher 
Leib daraus entstehen kann, und daß der junge Daniel darum ganz 
Recht hatte, als er sagte: er wolle sich mit des Königs blutiger Speise 
nicht verunreinigen! 
Doch lassen wir an der Hand der Geschichte ein paar Jahrtausende 
an unserm geistigen Auge vorüberziehen, so finden wir, daß die vege- 
tarianische Lebensweise keine ephemere Erscheinung der Neuzeit, keine 
moderne Narrheit ist, wie die böse Welt zu sagen pflegt und die 
Gelehrten der Gartenlaube nachplappern, sondern die Bewohner ganzer 
Länder, großer Reiche, nicht blos Jahre lang, sondern Jahrhunderte und 
Jahrtausende hindurch auf diese unblutige Weise sich ernährten und 
noch heute so leben und wahrlich der Civilisation und Humanität 
dadurch keine Unehre machen, im Gegentheil dabei auf einen Höhe 
punkt der Bildung gelangten, welchen die heutigen civili- 
sirten Faustianer (gemischte Kostgänger) noch lange nicht erreicht 
haben!! — 
„Ob die Thiere ursprünglich dazu erschaffen worden sind, vom 
„Menschen gegessen zu werden, ist mir nicht ganz klar (so?!). Wenig 
stens giebt es keinen historischen Rechtstitel dazu. Im Gegentheil, im 
„ersten Kapitel der Bibel wird ausdrücklich erzählt, daß Gott den 
„Menschen nur Kraut, Baumfrüchte, und was dazu gehört 
„zur Speise angewiesen und sie in dieser Beziehung mit allen 
„Thieren aus Erden, allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm 
„nahezu auf gleiche Stufe gestellt habe. Ja, noch bei der Austreibung 
„aus dem Paradiese wird dieselbe Beschränkung festgehalten." — So 
läßt sich Rudolf Virchow, der berühmte Mediziner, in einem Aufsatze 
über das Fleisch essen hören und fügt hinzu: „In unserer Zeit, 
„wo das Recht der Thatsachen alles andere Recht über den Haufen 
„wirft, müssen wir wohl anerkennen, daß die Menschheit bis auf 
„Bruchtheile, die in der Zählung verschwinden, darin überein- 
,,stimmt(?), daß die Thiere um des Menschen willen da 
„sind und daß ihr Hauptzweck der ist, vom Menschen ver 
speist zu werden." Damit giebt sich nun aber dieser berühmte 
Gelehrte eine große Blöße, denn nicht ein in der Zählung verschwin 
dender Bruchtheil der Menschheit, sondern nach Berghaus weitaus 
der größte Theil, die. Majorität der zur Zeit mehr als 
1200 Millionen Menschen betragenden Bevölkerung der 
Erde ist nicht damit einverstanden, daß der Hauptzweck 
der Existenz der Thiere der sein solle: vom Menschen ver 
speist zu werden! Von einem so gefeierten Manne der Wissenschaft^ 
von dem schwergelehrten Virchow in Berlin hätte man wahrlich einen