Volltext: Der Naturarzt 1871 (1871)

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Meinungen vortrug. Eines Tages wurde ich aufgefordert mit nach Linde 
wiese zugehen, um einem physiologischen Experimente beizuwohnen, 
durch welches Schroth beweisen wollte: saure Milch sei eine 
naturgemäßere Nahrung als süße Milch. Er behauptete näm 
lich, die Milch werde im Magen doch sauer und deßhalb sei es besser, 
sie gleich in diesem Zustande zu genießen. Die Richtigkeit seiner Be 
hauptung glaubte er an einem Schweine, das vorher mit süßer Milch 
gefüttert war und dann geschlachtet wurde und nun sauere geronnene 
Milch in den Gedärmen hatte, bewiesen zu haben. In dieser und 
ähnlicher Weise entstanden die Dogmen der Schroth'schen 
Kurmethode. Indeß, der erste Patient Schroth's genaß in der That 
und das hatte zur Folge, daß einige ähnliche Kranke, welche ihre Kur 
auf dem Gräfenberge nicht rasch genug gefördert sahen oder sich sonst 
dort nicht zufrieden fühlten, hauptsächlich weil ihnen die Diät daselbst 
nicht zusagte und unzweckmäßig erschien, nach Lindewiese zu Schroth 
übersiedelten. Der Streit zwischen den Prießnitz'schen Patienten und 
Schroth'schen Anhängern, der eigentlich als Fortsetzung des persönlich 
feindlichen Verhältnisses der beiden Führer sich ausbildete, hat sich n e u e r- 
dings in die Literatur übertragen und wird dort noch mit der 
selben partheiischen Blindheit geführt, als früher im weißen Rosse 
in Freiwaldau. Dieß ist die wahre Entstehungsgeschichte der 
sog. Schroth'schen Kuren, die, so wenig verheißend und Vartrauen 
erweckend sie auch erscheint, uns nicht abhalten soll, das Wahre, was 
an ihnen ist, zu würdigen und in das rechte Licht zu stellen. So weit 
Mediz.-Rath vr. Richter in s. Buche. — 
Wo ist nun die Wahrheit? möchte man fragen, denn greller kann 
der Unterschied wohl nicht sein, als zwischen der Erzählung der Entsteh 
ung der Schroth'schen Kur nach Munde und der nach Richter. 
Und wo findet man die Kadner'sche Reinheit der Kurmethode? Die 
erste Kunde über die Sch roth'sche Heilmethode fand ich 1850 während 
meiner ersten Wasserkur in Herrenalb bei Lesung von Rausse's Schrift 
„über die ärztlichen Mißgriffe", wo Seite 115 folgender 
Passus vorkommt: Hr. Schrott* hat durch seine Nachbarschaft beim 
Gräfenberg und durch seine von Gegnern der Wasserkur unterstützte 
Rivalität gegen Prießnitz eine Art Ruf bekommen, an dem er selbst 
sehr unschuldig ist. Schrott hat seine Kurmethode oft und vielfach 
geändert und zwar nicht aus dem Satze in den Gegensatz verwan 
delt, woraus dann mit Gewißheit hervorgeht, daß er nicht daran denkt, 
über seine Heilkunde nachzudenken. Im Beginn seiner ärztlichen 
*) vr. Munde wie Ra usse schreiben stets Schrott, während alle übri 
gen Autoren Schroth schreiben.
	        
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