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„Die Verweichlichung der Haut mit allen ihren Folgen bemerkt
man vorzugsweise in den zivilisirten Ländern mit feuchtem Klima,
ind vielleicht in keinem Lande Europas mehr als in Holland. Frei—
lich ist die Ursache, weßhalb man fich von der feuchten Luft abzu—
schließen sucht, nicht sehr ferne zu suchen, da diese als guter Leiter
der Elektrizität die zwischen Körper und Luft sich, bildenden thermo—
elektrischen Strömungen leichter aufnimmt und den Nerven den be—
lebenden Reiz entzieht, was in Ländern mit trockener Luft weit weni—
ger der Fall sein kann. Aber je mehr man den Körper den Einwir—
kungen des Temperaturwechsels zu entziehen sucht, je verweichlichter
und empfindlicher werden die Hautnerven und um so leichter erfolgt
die Erkälung.“ So weit Erfurth.
Jedenfalls aber wirkt nicht blos die Entziehung der Kältereize
allein erschlaffend auf die Hautnerven und das Hautleben, sondern es
hat umgekehrt auch noch die für das Haut- und Hautnervenleben viel
zu warme Luftschicht, die die Hant bei dichterer Umhüllung umgibt,
großen Antheil dabei. Erinnern wir uns der im 10. Absatz (Nr. 12,
1868) angeführten hohen Wärmegrade, durch welche nach den
einschiäglichen Untersuchungen Du Bois Raymond's die Nerven
die elektrische Strömung zum Theil oder ganz verlieren; vergegen⸗
wärtigen wir uns ferner, wie heiße, schwüle Sommerluft, heiße
Dampfbäder, trockene und nasse Einwicklungen rascher oder langsamer
die Hautnerven so weit erschlaffen machen, so daß die Blutgefäße der
Haut in hohem Grade sich erweitern, voll Blut strotzen und zu
Schweiß Veranlassung geben, so wird uns auch klar sein, daß die
Verweichlichung der Haut immer in zwei nebeneinander gehenden Um⸗
ständen begründet zu sein pflegt: in der Entziehung belebender Kälte⸗
reize und in dem Vorhandensein erschlaffender Wärmereize.
Der Mensch ist ein Gewohnheitsthier, er kann sich an Alles ge—
—WI0— entwöhnen, beides freilich unbe—
schadet seiner Vollgesundheit immer nur bis zu einem gewissen, mehr
oder weniger beschränkten Grade. Auch selbst die Abhärtung der Haut
durch Kälte hat ihre Grenzen der Zuträglichkeit; und wenn uns Er⸗—
furth oben die wilden Stämme Nordamerika's als Musterexemplare
der Abhärtung anrief, so möchten wir hierzu nicht unbedingt beistim—
men. Erstens weisen die wilden Stämme Nordamerika's nur wenig
zahlreiche Glieder von sehr hohem Alter auf und zweitens sterben von
ihren Kindern noch mehr als bei uns in der frühesten Jugend weg.
Die Abhärtung kann eben zu weit gehen und hat dann etwas Auf—
reibendes, Zehrendes, das Nerven⸗, Blut⸗, Ernährungs⸗ und Wärme—