Volltext: Der Naturarzt 1870 (1870)

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im vollen Umfange sich entwickeln, wenn die dazu nothwendigen Be— 
dingungen auch in ausreichendem Maße vorhanden sind. 
Diese Bedingungen sind nun von zweifacher Art: einmal ist es 
die Unverdaulichkeit der Zellsubstanz, und zweitens ist es die entspre— 
chende Quantität der Nahrungsrückstände, welche durch ausreichende 
Kontaktwirkung die muskulare Thätigkeit behufs der Fortbewegung auf— 
recht erhäͤt. 
Ditese beiden Bedingungen werden nun durch die im Graham— 
brode vorhandene Kleie in naturgemäßer Weise erfüllt. 
Weder die Unverdaulichkeit der Holzfaser, noch auch das richtige 
Mengenverhältniß des Zellstoffes bei der Brodfrucht kann in Zweifel 
gezogen werden. Die Erstere wurde auch bisher von Jedermann zu— 
gegeben, und das Letztere ist — da das Fruchtkorn nur geschrotet 
wird, da h. ohne Anwendung des Mehlbeutels nur einmal die Mühle 
passirt — in einem naturgegebenen, daher unfehlbar richtigen Ver— 
hältnisse, welches übrigens auch durch die tägliche Erfahrung der Gra— 
hambrod-Esser in unzweifelhafter und augenfälliger Weise nachgewiesen 
erscheint. 
Darum hat auch Justus v. Liebig die reichlichen Darmfoörde— 
rungen, welche er während seiner Anwesenheit in Westphalen beob— 
achtete, als eine bewunderungswürdig gesunde Darmfunktion in alle 
Welt hinaus gerühmt (Chemische Briefe, Seite 170). In Westphalen 
bildet nämlich der Pumpernickel, aus geschrotenem Roggenkorne gebacken, 
ein Hauptnahrungsmittel. Dem Vorhergesagten gemäß ist es somit 
unbestreitbar nachgewiesen, daß die Kleie im Grahambrode all' jene 
Bedingungen erfüllt, welche zur Erhaltung einer fortdauernd gesunden 
Darmfunktion absolut nothwendig sind und daß man es ganz in 
seiner Hand hat, diese Funktion dem täglichen Bedürf— 
nisse gemäß durch den Genuß des Schrotbrodes zu 
regeln. 
Es ist allerdings mehrseitig gegen das Grahambrod der Einwurf 
erhoben worden, daß es die Schleimhäute des Darmkanals zu sehr 
reize und durch eine stärkere Flüssigkeitsabsonderung Durchfall erzeuge. 
Allein dieser von Moleschott und seinen Genossen dem Schrotbrode 
gemachte Vorwurf hat in der Praxis seine Bestätigung nicht gefunden; 
denn weder in Amerika noch in England, wo das Grahambrod zuerst 
seine Verbreitung gefunden hat, wurde eine derlei Beobachtung gemacht, 
noch weiß hierüber Th. Hahn von der Waid, der dieses Brod seit 
zwölf Jahren seinen ebenso zahlreichen als in der Regel schweren 
Patienten als alltägliches Hauptnahrungsmittel verordnet und dasselbe
	        
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