Volltext: Der Naturarzt 1870 (1870)

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Mann fiel in kochend heißes Wasser (oder Bier, weiß nicht mehr genau) 
— schaffte sich mit Hülfe eines Nebenbediensteten schnell wieder her— 
aus, eilte nach dem in der Nähe befindlichen laufenden Brunen, resp. 
Brunnschale und stürzte sich hinein. Nach 8, Stunden kam der Arzt 
und fand den Verunglückten noch im Wasser bis an den Hals; alle die 
ihm gemachten Vorstellungen waren vergebens, bis der Arzt erklärte, 
daß er jeden Augenblick sterben könne, wenn er noch länger im Wasser 
bleibe. Auf dieses hin ließ der Verbrannte sich endlich bereden und 
heraus helfen. Der Arzt war mein Onkel und ich erinnere mich noch 
genau, später oft aus seinem Munde gehört zu haben, daß er während 
seiner langjährigen Praxis keine so ausgebreiteten und hochgrädigen 
Brandwunden zu so schneller und dauernder Heilung gebracht habe. 
Ein ebenso interessanter Fall ist folgender: Im Jahr 1815 - 1816 
kam eiligst ein Dienstmädchen auf mein Zimmer mit der Anfrage: was 
mit dem 11/—2jährigen Mädchen anzufangen sei; es habe sich am 
Unterleib und an den Geschlechtstheilen erschrecklich verbrannt mit sie— 
dendem Wasser; in der Angst und Rathlosigkeit habe man das Kind 
sofort in einen Zuber kaltes Wasser gesetzt, worauf es bald ruhiger 
geworden. Eingedenk des vorigen Falles war meine Antwort kurz die: 
Das Kind so lange im Wasser zu lassen, bis es ruhig sei, doch das 
Wasser mit frischem zu vertauschen, wenn das Kind unruhiger oder 
das Wasser lauwarm werde ꝛe. So eilig das Mädchen gekommen, 
sprang es wieder zurück. Nach etwa“/ Stunde fing ich an, unruhig 
zu werden und eilte dem Mädchen nach. Die Entfernung zum Pa— 
tienten betrug eine kleine halbe Stunde. Als ich beim Kind ankam, 
fand ich dasselbe noch in seinem Bad, spielend mit Kindersachen. 
Nach etwa stündiger Beobachtung und Untersuchung des Kindes ließ 
ich dasselbe herausnehmen; aber nicht lange, fing es wieder an un— 
ruhiger zu werden und ging gern wieder in sein Bad zurück, das zuvor 
mit kälterem Wasser bis zu 14ÿ15 Grad R. gebracht war. Nach 
einer weitern halben Stunde ließ ich das Kind heraus heben und 
wickelte dasselbe in nasse Tücher und ging allmälig zu temperirtem 
Wasser, bis zur Heilung über, die schon nach wenigen Tagen voll— 
ständig erfolgt war. — 
Von jener Zeit an, also seit einem halben Jahrhundert, bediente 
ich mich in allen Fällen von Brandwunden immer des reinen Wassers 
mit bestem Erfolg. Ich habe auch schon viele Aerzte auf diese überaus 
günstigen Kurerfolge aufmerksam gemacht und sie angelegentlichst ersucht, 
in vorkommenden Fällen Gebrauch davon zu machen; allein nicht Einer 
ist mir bekannt, der meinen Rath befolgt hätte, was um so mehr be—
	        
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