Volltext: Der Naturarzt 1868 (1868)

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diese gerichtete Prof. Bock'sche Anathem, das wir ja schon Kopfweh befallen, dem sich später auch Müdigkeit in den 
in allen möglichen Variationen in der vorigen No. d. Gliedern und Appetitlosigkeit zugesellten. Der zu Rathe 
Bl. vorführten. gezogene Dr. H. erklärte den Zustand für Bleichsucht und 
S. 163 (a. a. O.) will Prof. Bock beim kalten Fie- berordnete der Kranken, der Frau eines Metzgers, der es 
ber außer noch einigen anderen weniger wirksamen Arz- vorher wahrlich nicht an sogenannter kräftiger Kost ge— 
neimitteln das Chinin als ein ganz unentbehrliches ehlt haben konnte, recht kräftige Kost. Trotz dieser (oder 
dargereicht wissen und S. 214 kann bei Schwäche mit dielleicht in Folge dieser?) verschlimmerte sich der Zustand 
Bleichsucht ein Eisenpräparat oder Stahlwasser nich: jedoch der Art, daß Pat. am 21. Sept. das Bett nicht 
schaden! Da Herr Professor den wissenschaftlichen Nach- mehr verlassen konnte. Das äußerst heftige Kopfweh 
weis für eine solche „aus dummem, grauem Alter- war von einem trockenen Husten und trockener Fieberhitze 
thume herstammende, aller Vernunft Hohn spre- begleitet. 9— 
chende Großmutteransicht“ gänzlich schulig bleibt, so Die Verordnung des sofort herbeigerufenen Arztes 
äußern wir umgekehrt die Ansicht, daß kein Arzt größer waren Stahlpillen und — man erschrecke nicht ob dieses 
Recht hat, Chinin bei kaltem Fieber und Eisen bei Bleich- unerhörten Eingriffes — Eisumschläge auf den Kopf und 
sucht zu geben, als Quecksilber bei Syphilis, Calomel bei die linke Brustseite! Statt einer irgendwelchen Linderung 
Hirnentzündung, Spanischfliegenpflaster bei Zahnschmerz 'olgten solcher Behandlung andern Tags heftige, bis zu 
und Glüheisen bei Rückgrathlähmung! Chinin und Eisen ꝛiner halben Stunde andauernde Ohnmachten und starkes 
sind so gut wie diese und alle die im Supplementband Abweichen. Bei gleichen schlimmgradigen Symptomen und 
S. 69 angeführten Mittel: Pfauendreck und gebrannte Fortgebrauch der Eisumschläge auf Kopf und Brust wurde 
Schuhsohlen, Katzenfett und Spinngeweb, Eselsklau und am 23. zur Beschwichtigung der außergewöhnlichen Herz— 
Wildschweinszahn, Mumienstaub und Ochsengall, Hirschen- khätigkeit ein Digitalis- (Fingerhutkraut-) Aufguß mit 
zung' und Menschenhirn, Hundekoth und Teufelsdreck — Kirschlorbeerwasser (Blausäurehaltig) und Salpeter ver— 
nichts als Hokuspokuse; und ob die einen nun mit latei- ordnet. Ohne allen Erfolg, ja umgekehrt unter steter 
nischen Hieroglyphen „nach den Regeln der Kunst“ aus Steigerung der Symptome ob solcher Behandlung wurde 
Apothekersgiftküche verschrieben und unter dem Schutze am 24. neben dem bisherigen Herrn Dr. H. noch Herr 
anitätspolizeilicher Todtschlagsprivilegien in den Leib der Medicinalrath und Physikus Dr. R. *) zu Hülfe gerufen. 
kKranken wandern, oder von alten Weibern oder Schäfern Dieser bestätigte einfach die bisherige Behandlung seines 
oder Schmieden unter sympathetischen Beigaben ihre An- werthen Collegen: die Eisumschläge auf Kopf und linke 
wendung finden, — nach Prof. Bock's Ansicht (a. a. O. Brustiseite wurden fortgesetzt, der Digitalis-Aufguß wieder— 
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geringsten Begriff von Heilkunst eben so gut Kranke her, uͤnd Opiumexrtract versetzt; dazu wurden Patientin kalte 
wie die gelehrtesten Doctoren, — mit Arznei oder Arznei Waschungen mittels Essigversetztem Wasser, sowie während 
— einzig und allein durch den sogenannten Naturhei- der heftigen Ohnmachten-Anfälle Befeuchtungen der Stirne 
lungsproceß! — und Schläfen mit Hoffmann'schen Tropfen (Schwefeläther) 
Wir begnügen uns mit der Aufzählung der Prof. und Kirschgeist verordnet 
Bock'schen Quacksalberei-Ansichten allein aus seinem Sup— Die Ohnmachten indeß, statt abzunehmen, steigerten 
plement-Band zu seinem Buch vom gesunden und kranken sich immer mehr, nahmen eine Dauer von —2 Stunden 
Menschen; in diesem Hauptwerke selbst würden wir leicht an und kehrten des Tags in unregelmäßigen Zeiträumen 
noch Dutzende von weiteren Belegstellen für unsere Be- oft 2—3 mal wieder; stärkere Fieberhitze mit abwechseln— 
hauptung finden, daß Herr Prof. Bock trotz seines ver- den Frostschauern und stärkeres und immer häufigeres 
meintlichen Freisinns. von allem Arznei- und Geheim- Abweichen machten den Krankheitszustand im höchsten 
mittelglauben noch tief in den Fesseln desselben gefangen Grade bedenklich. V —— 
und befangen isst. Die Herren Aerzte wandten sich nunmehr hauptsäch— 
Wir kommen im nächsten Abschnitt zu seinen diäteti- lich gegen die heftigen Durchfälle. Am 25. wurde eine 
schen Verkehrtheieenn. 28 Salpeter⸗Abkochung, mit Chinaextract, Opium und Man— 
(Fortsetzung folgt.) * delmilch versetzt, gereicht, — und — um ja allen An— 
— — forderungen verschiedner Diagnosenstellungen gerecht zu 
werden, ganz lege artis — nach den Anforderungen der 
Heilkunst, weitere 8 Pulver mit 1 Gran Calomel (Queck— 
filber), 2 Gran Digitalis (giftiges Fingerhutkraut) und 
Gran Goldschwefel. Am 26. folgte eine Gabe von 
15 Tropfen Opiumtinctur. Am 27. eine Mandelölemul— 
sion, wieder mit 10 Tropfen Opium, essigsaurem Ammo— 
nium und Brechwurzelsaft versetzt. Gleichzeitig und mehr— 
mals wiederholt wurden als ultima ratio medicorum, 
als letzter Triumph der so rath- und mittelreichen und 
doch, ach! so hülflosen Herren Aerzte Senf— und Spanisch⸗ 
fliegenpflaster ins Treffen geführt, aber — Alles umsonst! 
*) Vergl. No. J1, l. Jahrg. d. Bl., S. 8, Neujahrsgruß. 
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