Volltext: Der Naturarzt 1868 (1868)

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gereizt, nach einer Abkühlung lechzen sehe. Ich bade es 
in einer Temperatur, von welcher ich weiß, daß sie, ohne 
zu reizen, doch hinreichend abkühlt; oder ich schlage das 
Kind zu gleichem Zwecke naß ein. Oder ich sehe umge— 
kehrt, daß das Kind typhoid da liegt nach einem nicht 
recht zum Ausbruch gekommenen oder wieder zurückgetre— 
tenen Hautausschlag. Wird der Reiz, den ich mit einer 
kalten Abreibung auf der Haut hervorrufe, um sie neu 
zu beleben, zu bethätigen, zur nochmaligen Aufnahme des 
Ausstoßungsprocesses, wird dieser Reiz, frage ich, ein an— 
derer sein müssen, wenn die Pocken, ein anderer, wenn 
die Masern, ein noch anderer, wenn der Scharlach die 
zurückgetretene Hautkrankheit war? Zu was nützt nun da 
die specielle Kenntniß der Ausschlagsform der einen, der 
andern, der dritten Hautkrankheit? Und so wie in diesem 
Fall, ist's in allen anderen. Der praktische Arzt am 
Krankenbette braucht wahrlich nicht eine solche kleinliche 
Kenntniß — er soll den Blick einzig offen haben für die 
Gesammterscheinungen der Krankheit, des Kranken, des 
erkrankten Lebens. Ja, umgekehrt mögte ich gerade sagen: 
unsern heutigen gebildeten Aerzten und Vertretern der ärzt— 
lichen Wissenschaft ist vor lauter kleinlichen Studien und 
Erforschungen der einzelnen Krankheit und Krankheits— 
arten und ihrer anatomischen, chemischen, histologischen 
und mikroscopischen ꝛc. Producte das Bewußtsein und die 
Erkenntniß von einem kranken Gesammtorganismus, von 
einer einigen Natur im kranken Individuum gänzlich ab— 
handen gekommen — sie sehen den Wald vor lauter 
Bäumen nicht mehr. Sie wollen immer Krankheiten 
heilen und tödten drüber den Kranken! Heilt, d. h. kräf— 
tigt und stärkt den Kranken, — was natürlich aber nicht 
mit Blutentziehungen und Arzneigaben geschehen kann, — 
* iles: der Kranke heilt sich dann schon aus sich 
elber! 
S. 29 am gl. O. sagt Dr. Richter: „Die heutige 
wissenschaftliche Heilkunde hat vor allen Dingen den Zweck, 
überall die Herrschaft der Naturgesetze zu constatiren, und 
läßt nichts mehr gelten, weder in Theorie, noch in Pra— 
xis, was gegen die Naturgesetze läuft.“ 
Versteht Dr. Richter unter der heutigen wissenschaft— 
lichen Heilkunde diejenige, welche von den ersten Größen, 
z. B. Virchow, Frerichs, Niemeyer, Oppolzer, 
Wunderlich, Scanzoni, Hebra, Gräfe u. s. w. ver⸗ 
treten wird, und daß diese nichts mehr gelten lassen, was 
veder in Theorie noch Praxis gegen die Naturgesetze 
läuft, so sagt Dr. Richter einfach eine grobe Unwahr—⸗ 
heit. Mit welchem Naturgesetz z. B. ist die Verordnung 
des Calomels, des Merkurs, des Sublimats, des Präci— 
pates — mit einem Worte des mörderischen Giftes Queck— 
silber in Uebereinstimmung? Und doch verordnen sämmt— 
liche obengenannte Herren dies schreckliche Mittel bei Ge⸗ 
hirn⸗ und anderen Entzündungen, bei syphilitischen und 
Hautkrankheiten, bei Auͤgenleiden! Durchles e Dr. Richter 
doch nur z. B. den Jahrgang 1867 der immerhin als 
liberal und fortschrittlich zu bezeichnenden Wiener medie. 
Wochenschrift und wie dort fast von No. zu No. von den 
beiden Professoren und Primarärzten Dr. Herrmann 
und Dr. Lorinser die Unwissenschaftlichkeit, ja die Un— 
geheuerlichkeit der Darreichung von Quecksilber bei der 
Syphilis nachgewiesen wird und alle die schlimmen Nach— 
krankheiten derselben als Hydrargyrose, als Merkurial⸗ 
rankheit oder Quecksilbersiechthum zu bezeichnen seien. 
Fine solche Hydrargyrose oder ein solches Quecksilbersiech— 
hum in mehr oder weniger gleichem Maßstab giebt's aber 
mmer, ob nun das Quecksilber wegen Syphilis oder 
vegen einer Entzündung oder wegen einer Haut- oder 
iner Augenkrankheit verordnet wurde. Und ein Arznei— 
iechthum folgt so gut wie nach dem Quekcksilber, so auch 
aach irgend einer andern Arzneiverordnung und wäre es 
uur ein Löffelchen Chamillenthee, dem Säugling gegen 
Bauchkneipen verordnet; Arznei bleibt Arznei, bleibt un⸗ 
iatürlich, bleibt krankmachend, bleibt Gift! In welchem 
iaturgesetzlichen Zusammenhang steht das Löffelchen Cha— 
nillenthee mit dem Krampfzustande des wahrscheinlich ver—⸗ 
ehrt genährten Kindes? Ist nur einer der Tausende von 
vissenschaftlichen Heilkundigen, seien es nun Professoren, 
der Sanitäts- oder Medicinalräthe, im Stande, mir die— 
en naturgesetzlichen Zusammenhang nachzuweisen, ei, so 
»euge ich mich, gebe mich gefangen und beschließe meinen 
Lebenslauf, womit ich ihn vor nahe 30 Jahren begonnen, 
zehe wieder in die Apothekerbude und drehe Pillen und 
»erreibe Pulver. So lange aber Solches nicht geschehen, 
tehe ich fest in der aus naturgesetzlichen Gründen selbst, 
rei und mit allem Bewußtsein erwählten, von Oertel, 
Prießnitz und Rausse angeworbenen und mehr und mehr 
sich rekrutirenden Phalanx der Gegner alles Mediciner— 
und Receptenkleckserthums. 
Naturgemäße Heilung von einem 
Ohrgeschwür —* 
von — 
A. H. in H. bei . 
Ende vorigen Monats bekam ich in meinem linken 
Ohre beim Anfang des äußern Gehörganges ein kleines 
Geschwür, ein sogenanntes Aißel. Hierauf nicht achtend, 
sowie ich überhaupt seit meinem 17. Lebensjahre durch 
magere Kost und stete Arbeit nie Zeit zum Krankwerden 
inden konnte, glaubte ich durch Oeffnen mit der Nadel, 
aachdem dasselbe weiß war, genug gethan zu haben. Das 
Stechen und Brennen, das sich jedoch schoͤn einige Tage 
or dem Sichtbarwerden des Aißels zeigte, vermehrte sich 
einige Tage später, ohne daß man weiteres als die ver⸗ 
narbte Stelle und einen erhöhten röthlichen Punkt etwas 
veiter hinten und oben, dem früheren Aißel gegenüber, 
erblicken konnte. Dieser Zustand, in dem ich jedoch das 
Ohr vor Zugluft durch ein seidenes Tuch schützte, daͤuerte 
'o etwa 14 Tage fort, ohne daß eine wesentliche Aende— 
rung eintrat. Um das lästige Ohreneinbinden zu beseiti— 
gen, und überhaupt doch etwas dagegen gethan zu haben, 
legte ich mich zu Bette, um zu schwitzen. Nachdem ich 
dies drei Stunden lang gethan, ohne übrigens viel ge⸗ 
schwitzt zu haben — was mir auffallend war, da ich 
onst sehr zum Schwitzen geneigt bin — ließ ich mich mit 
einem leinenen Tuch ordentlich trocken reiben und wusch 
nich gleich aus dem Bett heraus mit frischem Brunnen— 
vasser tüchtig ab, was mir sehr gut zu bekommen schien. 
Die Schmerzen schienen verschwunden zu sein. Tags dar—
	        
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