Volltext: Der Naturarzt 1868 (1868)

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besonderm Bezug auf die aargauischen medicinalen Zu— 
tände und Einrichtungen, jedoch gleichwohl von allgemein— 
tem Interesse und in solchem Sinne selbst ein Zeichen 
der Zeit. Einen Stein nach dem andern reißt man her— 
us aus dem medicinischen Babelthurm, schon klaffen die 
Fugen allüberall an ihm aus einander, und nicht lange 
nehr wird's währen, so stürzt er, trotz steter neuer müh— 
amer Verkittung und Verkleisterung mit rationellen und 
ohysiologen Phrasen, doch einmal über Nacht prasselnd 
ind krachend zusammen, das ganze Heer blind- und starr⸗ 
zläubiger Receptenschreiber unter sich vergrabend. „Eile 
aber thut den Aerzten Noth, denn die Wahr— 
heit hat schon so die Raien durchdrungen, daß, 
venn die Aerzte nicht selbbst Hand an's Werk 
legen, wir dastraurige Beispielberleben müf— 
sen, daß eine Reform der Medicin von den 
daien angestrebt wird.“ Mit diesen vor drei Jah— 
en von einem norddeutschen Arzte ausgesprochenen Wor— 
den leitet der Verf. sein Schriftchen ein. J 
Wir können nur kurz sein heute mit unsrer Besprechung 
desselben, behalten uns jedoch vor, einzelne Stellen des— 
elben später herauszuheben und unserm Blatte einzuver— 
eiben, wollen es aber nichtsdestoweniger hier schon auf's 
Dringendste allen Lesern empfohlen haben. Schonungs—⸗ 
os deckt es die Schäden und Gebrechen unsres heillosen 
Medicinalwesens und Unwesens auf. —— 
5. 1—-26 besprechen die Zunftärzte, d. h. die Aerzte 
als staatlich organisirte, promovirte, approbirte, patentirte 
und privilegirte Zunftgenossenschaft; S. 27 —53 die Apo⸗ 
theker als getreue Knappen jener Zunftsame; S. 54—577 
die Frage, ob Bezirks-(Physikats-) oder gerichtliche Aexzte, 
und S. 80—-84 endlich drückt Verf. „Fromme Wünsche“ 
aus: „man soll nicht nur tadeln, man soll das Getadelte 
zuch besser zu machen suchen“, und kommt damit auf seine 
guten Räthe und Vorschläge. J 
Der Verf., obschon ein arger Feind von allem Pur— 
giren und Laxiren (S. 12 u. ff.), gibt dem die Schrist 
lesenden Publikum gleichwohl eine so drastisch wirkende 
Ldaxanz ein, daß es sicher gründlich von seinem bisherigen 
Respect und Glauben an die alleinheilmachenden Medi— 
ciner und ihre Zunft gründlich gereinigt und geheilt wird. 
Epigramm. 
Neujahrsgruß des Physikus Dr. med. R... in W. an 
einen ebendaselbst wohnenden Collegen Dr. med. H...: 
Gott bewahre für und fii 
Dich vor mir und mich vor Dir! 
Aufforderung. 
Es gingen im verflossenen een wieee 
* . Klagen ein, daß der „Naturarzt“ bei Bestellungen auf den 
Vom Büchertische. resp. Postämtern entweder gar nicht oder nur mangelhaft 
Die Zunftkrankheit in der Mediein von J. MKuhn, erhältlich war. Sollten sich diese Fälle auch neuerdings 
prakt. Arzt. Haller'sche Verlagshandlung in Bern. S. IV viederholen, so wolle man doch vorziehen, sich an die 
und 84. 12 Sgr. nächste beste Buchhandlung oder direct an die Redaction 
Ein Büchelchen aus dem Aargau (Schweiz) und mit (Heilanstalt Waid bei St. Gallen) zu wende. — 
Verlag von Theobald Grieben in Berlin. — Druck von A. Büche in Elgg, Kant. Zürich. 
2) Ein weiterer Grund scheint uns der zu sein, daß 
bei der Aushebung nicht strenge genug auf Phthisenhabitus 
und weniger kräftigen Brustbau Rücksicht genommen, Per— 
fkussion und Auscultation (genauere Ausforschung des Lun— 
genzustandes, der Athmungsfähigkeit) nicht sorgfältig ge— 
handhabt, nicht fleißig darauf nachgefragt wird, ob in der 
Familie des Conscribirten nicht Scropheln oder Phthisen 
erblich oder übertragen sind?*)— 
3) Unter den Conscribirten befinden sich stets eine ge⸗ 
wisse Anzahl von Professionisten, welche die nachtheiligen 
Einflüsse ihrer Gewerbe in merkbaren Eindrücken in den 
Soldatenstand übertragen. Wäre es nicht besser, sie aus— 
zuscheiden? 
4) Dieser letztere Grund scheint manche Elemente zu 
hbergen, welche Tuberkel und Phthise begünstigen, und 
welche noch manche wünschenswerthe Rückficht von Seite 
der Militärhygieinik im Großen und im Kleinen in An— 
spruch zu nehmen haben. Wir rechnen dahin die Caser— 
nirungen mit großen Truppenmassen, während sich um— 
gekehrt größtmögliche Vertheilungen als wohlthätig be— 
währt haben. Ferner Ueberfüllung der Casernenzimmer, 
manchmal sogar der Gänge mit Mannschaft, dabei schlechte 
oder mangelhafte Ventilation (Lüftung), Mißstände der 
Aborte, zu langes Schildwachstehen — zumal an dem 
Winde und Zuge ausgesetzten Stellen und vorzüglich zur 
Winterszeit und in ungesunden Garnisonen, schlechte Be— 
rücksichtigung und hygieinische Ueberwachung der Mann— 
schaft in den Wachstuben — besonders zur Winterszeit, 
wo der abgelöste Mann häufig die dem Ofen nächste 
Pritsche aufsucht. 
65) Gelerstedt in Stockholm schuldigt auch die steife 
Haltung an, welche die Brust ermüden macht.“**) — 
Es istin der That merkwürdig, daß die Ariilleristen 
statistisch die Minderzahl Tuberkulöser haben, weil sie sich 
mehr in freier Luft aufhalten müssen (und weil sie viel— 
seitigere Bewegung und Arbeit haben. D. Her.); unter 
den Cavalleristen nimmt die Tuberkulose schon zu, und am 
häufigsten ist sie in der Infanterie. 
Dr. J. B. Ullersperger. 
von den meisten zu Conscribirenden dann schon der Grund zu einem 
eigenen Geschäfte und Haus- und Familienstand gelegt sein würde. 
Der Herausgeber. 
. Da würden am Ende gar keine Soldaten zur Aushebung 
mehr übrig bleiben; is ja jetzt schon manche Stadt, manche Pro⸗ 
vinz, manches Land kaum mehr fähig, die erforderliche jährliche 
Rekrutenmannschaft zu liefern. Nein, nein! man fafse nur muthig 
und entschieden das Uebel bei der Wurzel an: man forge fuͤr eine 
volks⸗ und naturgemäße Hygieine, man lehre naturgemäße Diät und 
lege damit den Grund zu größerer körperlicher, sittlicher, socialer 
und politischer Wohlfahrt. Vergl. Ed. Baltzer, Die natüurliche 
Lebensweise, Ju. V. 7Der Berausgeber. 
*) Hierin ist, nach französischen Vorgange, auch anderwärts 
etwelche Besserung eingetreten. Der Herausgeber. 
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