Volltext: Der Naturarzt 1868 (1868)

120 
sieht also einen Vorzug in der Einfachheit der Art der 
Natureinflüsse. Kann er es dem Naturarzt da verargen, 
wenn dieser in richtiger Schlußfolgerung für die Formen 
der Anwendung dieser einfachen Natureinflüsse auch wieder 
nur „Einfachheit“ gewahrt wissen und alle überbildeten 
und kostspieligen großstädtischen Künsteleien, die heißen 
Dampf- und Luftbäder, wie die electrischen Ozon- und 
pneumatischen Heilapparate u. s. w. entfernt gehalten 
—D0 
Form; Einfachheit aber auch in der Temperatur und dem 
Wärmegrad. Hierin gehen wir ja indeß auch einig, Dr. 
jur. Meinert, und Hr. Erfurth, wie der Herausgeber. 
Dr. jur. Meinert war 1863 durchaus in richtiger Er— 
kenntniß, als er folgende Sätze niederschrieb (s. Naturarzt 
1863, S. 2483)3: 
„Die täglichen oder doch mehrmals in der Woche vor— 
zunehmenden ganzen Körperwaschungen dürfen, auch bei 
scheinbar vollständiger Gesundheit nicht unter 150 R. an— 
gewendet werden. 
„Je tiefer das Wasser in Temperaturen unter 150R. 
angewendet wird, je stärker ist seine Nachwirkung und 
die Erschütterung der Nerven dabei“.. 
„ein kräftiger Organismus wird zwar Jahre lang 
die durch kälteres als 180grädiges Wasser beim Ganz— 
wvaschen hervorgebrachten Nervenerschütterungen ertragen 
zönnen, aber allmählig, wenn auch kaum bemerkbar, in 
Woder 2 Jahren, wird selbst bei solch kräftigem Körper 
der fortdauernden zu starken Erregung die naturgemäße 
Erschlaffung folgen. Dann greift man wohl zu noch 
niedrigeren Graden und hat auch von diesen wieder eine 
Zeit lang scheinbar den besten Erfolg; aber neue Zeichen 
don Reizbarkeit, Erkältbarkeit machen sich allmählig gel— 
tend und der Aufmerksame und Erfahrene sieht, daß der 
betr. Körper abermals in seinem Kraftzustande gesunken 
ist. So wurde in der That schon mancher Or— 
ganismus durch falschen Wassergebrauch langsam 
äber sicher zu Grunde gerichtet!“ 
Hiermit in vollem Einklang steht, was Hr. Erfurth 
in seiner „Theorie des Wasserheilverfahrens“ sagt und 
was von uns schon in der vorvorigen No. dieses Blattes 
ausführlich hervorgehoben wurde: 
„daß nur schwache electrische Strömungen, also mittlere 
Temperaturgrade (16— 20 -220) eine zweckmäßige, ge— 
sunde und gesundende Nerven- und Hautbelebung herbei— 
führen können,“ 
„daß höhere Wärmegrade, also Dampf- wie heiße 
Luftbäder ebenso wie niedrigere Temperaturgrade, unter 
16—150, eine Schwächung der Nerven- und Hautthätig— 
keit im Gefolge haben.“ 
Wenn von diesen Herren die Schlußfolgerungen aus 
solchen richtigen, wissenschaftlich festgestellten Vordersätzen 
nicht gezogen und begriffen werden und sie gleichwohl 
Kranken noch verordnen, was Gesunden nachtheilig ist, 
so stehen sie mit den Medicinern auf dem gleichen Stand— 
punkte, die bekanntlich auch Kranken unter dem Titel 
„Arzneien“ Stoffe verordnen, die jedem Gesunden zum 
Ekel, zum Nachtheil, zum Gift werden würden; alle Aus— 
reden: „das Dampfbad, das irisch-römische Luftbad hat 
dort und hier wunderbare Erfolge gehabt“ — sind nur 
der Wiederhall von dem Marktgeschrei aus dem medicini— 
schen Lager: „das Quecksilber hat bei der Entzündung, 
»as Opium bei dem Krampf, die Lobelia bei dem Asthma 
Wunder gethan.“ Für den Unbefangenen lösen sich diese 
abergläubischen Posaunenstöße in die zwei Sätze auf: „die 
Heilung wäre in diesem Falle auch ohne jene, mit mil— 
deren Formen der Anregung und Reizung in rein natur— 
gemäßer Weise zu Stande gekommen“, oder: „sie erfolgte 
krotz solcher kühner, naturgesetzwidriger Eingriffe.“ 
Wie viele Kranke aber ob solcher Quecksilber-⸗, Dampf— 
oder Frischbad-Medikasterei gar nicht geheilt und elender 
als vorher heimgeschickt, oder gar in's Grab gefördert 
verden, darüber haben nur einzig die durchaus Unbe— 
tangenen ein maßgebendes Urtheil, diejenigen, welche 
weder das Eine, noch das Andere anwenden, weil sie es 
auf Grund wissenschaftlicher Beweisführung, wie auf 
Brund von Beobachtung und Erfahrung an den solcher 
Weise anderwärts Mißhandelten vorweg vperwerfen und 
ich nicht bestechen und übertölpeln lassen durch einzelne 
cheinbare Wundererfolge. 
Ad 8) der Naturarzt spreche für alle Fälle dem 
in Dampf aufgelösten Wasser, der durch Sonne oder 
Feuer erwärmten Luft von vorneherein den günstigen 
cherapeutischen Erfolg ab. 
Wieder eine Dr. jur. Meinert'sche Unwahrheit, eine 
Verdächtigung, eine Verleumdung, die, größer als irgend 
eine der vorhergehenden, beweist, daß Herr Meinert 
sehr wenig Wahrheitsliebe und außerordentlich wenig Ach— 
ung vor sich selbst haben muß und vor seinen Lesern, 
denen er solche „Bären“ aufbindet. 
Der Naturarzt hat sich so wenig 1867, wie bis zur 
Stunde 1868, wo Hr. Dr. jur. Meinert sein Abschieds— 
wort geschrieben haben mogte (etwa bis Ende März), 
vegwerfend über alle Heilwirkung oder Nichtwirkung der 
Dampf-, Sonnen- und irisch-römischen Bäder ausgespro— 
hen. Umgekehrt ausdrücklich brachte unser Blatt in 
Ro. 1, 1867 eine Krankheitsgeschichte: die Hundswuth 
»der Wasserscheu, in welcher das heiße Dampfbad als 
das anregende Mittel zur Heilung dieser gefährlichen 
Krankheit rühmlich hervorgehoben wurde. In No. 14 
desselben Jahrgangs, S. 116 brachte unser Blatt eine 
Beschreibung der bei den Indianern gebräuchlichen Form 
risch-türkisch-römischer Schwitzbäder und wurde diesen „in 
zielen Fällen Heilung von Neuralgie und Rheumatismus“ 
aachgerüͤhmt. Wieder in No. 22 des gl. Jahrg., S. 179 
zrachte unser Blatt unter rühmlicher Anerkennung den 
Bericht des Memor. de Lälle, nach welchem ein Fabrik— 
hesitzer seine 65 Cholerakranken einem heißen Schwitzbade 
in Wolldecken in der Nähe seines Dampfkessels aussetzte 
und alle zu glücklicher Heilung zurückführte. Und endlich 
in No. 24 des gl. Jahrg. gestattet unser Blatt S. 194 
die Anwendung des Dampfbades in verzweifelten Fällen 
der Choleraerkrankung. Dagegen allerdings sagte unser 
Blatt 1867, S. 116, daß die russischen Dampfbäder mit 
den darauf folgenden kalten Uebergießungen in vielen 
Fällen außerordentlich bedenklich erscheinen müssen, wo— 
gegen wohl Niemand Etwas einzuwenden haben wird. 
Es sagte ferner 1867, S. 179, daß eine trockne Einwick— 
ung in heißen Räumen bei der Cholera zwar nicht das 
zrundsätzlich allgemein zutreffende Heilverfahren sei, aber 
doch — unter statistisch zu leistendem Nachweise — um 
500 
Verf 
gem 
des, 
ühr 
X 
vah 
ägl 
86 
Eins 
—X 
iicht 
u 
däl 
erhö 
ind 
N 
ãteꝛ 
drei 
getr 
Ma 
¶ 
ins 
mä 
pär 
t⸗ 
N 
1* 
9 
2* 
J 
61 
na 
Vh 
14 
J 
2 
D. 
1* 
N. 
24 
iit 
14 
ih 
yr 
De 
91t 
J—
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.