Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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zu arbeiten, und dies ist es eben, worauf die Naturheil 
kunde fußt. 
Das neuere Heilverfahren bietet uns also die größte 
Sicherheit in den Erfolgen bei Heilung und Verbesserung un 
seres Organismus, was dem alten Heilverfahren fehlt. Nach 
diesem hat man während des 2000 jährigen Bestehens gegen 
3000 verschiedene Krankheiten ermittelt und fast ebensoviel 
verschiedene Heilmittel aufgefunden. Es gehören gründliche 
Studien und vieljährige Erfahrungen dazu, um nur einiger 
maßen mit Sicherheit, nach Maßgabe der verschiedensten Symp 
tome der Krankheiten und der Wirkungen der Heilmittel, Ku 
ren ausführen zu können. Hiernach erscheint der Modus der 
Erhaltung und Herstellung der Gesundheit als eine große 
Kunst, unter deren Wirkung aber alle lebenden Wesen zu 
Grunde gehen müßten, wenn nicht in den einfachen Gesetzen 
der Natur allein ihr gesundes Dasein gesichert wäre. Die 
alte Heilkunde ist stolz auf ihre Resultate, sie übersieht es 
aber, daß die übrigen Heilsysteme, selbst Laien, Schäfer und 
alte Frauen, auch gute Kuren aufzuweisen haben, und dies 
eben nur deshalb, weil die Natur allein heilt. Man unter 
läßt es, die diesfallsigen Heilbestrebungen, wie es die Natur 
gesetze erfordern, zu unterstützen, dagegen bemüht man sich, 
dieselben durch verschiedene Mittel und namentlich vermöge 
der sogenannten heroischen Medicamente (Gifte) zu unter 
drücken, in deren Gefolge oft chronische Krankheiten, innere 
Vereiterungen, früher Tod und andere Gebrechlichkeiten auf 
treten. Diese traurigen Erscheinungen, welche die Homöo 
pathie und besonders das Naturheilverfahren an's Licht gezo 
gen, haben das alte Heilsystem in seinen Grundfesten erschüt 
tert und wesentlich dazu beigetragen, daß dessen Unsicherheit 
und Unhaltbarkeit in die Oeffentlichkeit gelangt ist und sich 
hier durch zunehmendes Mißtrauen bemerkbar macht. 
Der Dr. S choen lein, eine bedeutende Person in der me- 
dicinischen Welt, sagt daher auch: „Die Medicin habe seit der 
griechischen und römischen Kultur so gut als gar keine Fort 
schritte gemacht, sie müsse auf ganz neuen Grundlagen von 
unten aus aufgebaut werden " 
Selbst in Wien ist man seit Jahren daran, den Natur 
heilungen und der Naturkraft das einzuräumen, was ihr ge 
bührt — ihre Kraft und ihr natürliches Recht. Man läßt 
den Kranken-Organismus in Frieden seine Kräfte verwenden, 
ohne dabei, wie früher, zu hemmen, und gestattet ihm, für sich 
das zu thun, was jedes kranke Thier der Wildniß für sich 
zu leisten berechtigt ist, d. h. seinem natürlichen angeborenen 
Instinkte zu folgen beim Kranksein. — 
Nachdem wir hiermit die Licht und Schattenseiten ein 
zelner Heilmethoden in ihrer Allgemeinheit beleuchtet haben, 
muß es uns einerseits als eine dringende Forderung der 
Menschheit und Wissenschaft erscheinen, zur Natürlichkeit und 
Einfachheit bei Pflege und Behandlung des kranken Organis 
mus zurückzukehren, andererseits müssen wir es als einen 
unaufhörlichen Mahnruf betrachten, — Wache zu halten für 
den gesunden Leib, um ihn zu schützen vor Leiden und Ge 
brechen. Eine Rückkehr zur Natur in Erziehung und Bildung, 
in Abhärtung und Körperstählung, in Veredlung unseres gei 
stigen Ichs thut Noth und ist Pflicht für Alle, die sich 
einen wahren Diener der Menschheit nennen, zumal da uns 
bekannt geworden, daß langjährige Leiden durch einfaches 
Naturheilverfahren gehoben, kranke, lang verhaltene Stoffe 
hierdurch gelöst und Schädlichkeiten ausgeschieden werden. 
Wir kommen jetzt zum Schluß. Lassen Sie uns einzelne 
Hauptzüge des eben vollendeten Gesammtgemäldes noch näh^r 
ins Auge fassen, und zwar unseren Organismus und die Na- 
turheilkräste. 
Daß sich eine unscheinbare Flüssigkeit, der Fortpflanzungs- 
Stoff, mit ihrer Lebenskraft oder Seele den Körper selbst 
baut und bestrebt ist, sich mit diesem zur Reife zu entwickeln, 
haben wir bereits dargethan. Demnach ist das Seelenleben 
der Grundpfeiler, auf den das Körperleben sich stützt. Und 
wenn nun in der Natur der Kreislauf des Lebens aus Har 
monie der Elemente beruht, so findet dies auf unser Seelen- 
und Körperleben gleiche Anwendung. 
Der Organismus ist nach seiner Knochenverbindung rc° 
auf Bewegung und Thätigkeit angewiesen. Dadurch entsteht 
natürlich Reibung und Abnutzung, was sich einestheils in der 
Ermattung und dem Hunger, anderntheils in deren Beseiti 
gung durch Ruhe und Nahrungsstoff bemerkbar macht. Der 
Organismus ist daher einem dauernden Stoffwechsel unter 
worfen, d. h. er ist dauernd bestrebt, Blut und daraus Kör 
perteile zu ergänzen, zu welchem Behufe er die hierzu nöthi 
gen Stoffe einnimmt und die verbrauchten im flüssigen, festen 
und gasförmigen Zustande ausscheidet. Was die Einnahme 
der Nahrung anbetrifft, so haben wir dieselbe den betreffen 
den Organen nicht allein in möglichst einfacher und natür 
licher Beschaffenheit zuzuführen, sondern wir haben uns auch 
stets in frischer, mit Sauerstoff re. geschwängerter Luft zu be 
wegen, und unseren Durst mit frischem Quellwasser zu be 
friedigen, wenn die Blut- und die daraus hervorgehende Kör 
perbildung eine normale, und so eine gesunde und kräftige 
werden soll. In Betreff der Ausscheidung der verbrauchten 
Stoffe ist der Organismus mit verschiedenen Organen ausge 
stattet und zwar dem Dickdarm, den Nieren, den Lungen mit 
der Luftröhre und der äußeren Haut. Von diesen Organen 
beschäftigen sich der Mastdarm und die Nieren vorzugsweise, 
mit Aussonderung derjenigen Theile von Speisen und Ge 
tränken, welche nicht als Blutbestandtheile im Körper behalten 
werden, wogegen die Lunge und ganz besonders die Haut die 
Aufgabe haben, die verbrauchten Körperftoffe auszuführen. 
Die äußere Haut ist von der größten Wichtigkeit und 
hat einen mehrfachen Zweck. Sie ist Schutzorgan des Kör 
pers gegen äußere Einflüsse (Zurückhalterin der Wärme), 
— Sinnes- (Tast- und Gefühls-) und Ausscheidungs-Organ. 
Außerdem ist sie noch Vermittlerin der Wärme- und Elektri- 
citäts-Strömungen, wodurch die Säfte-Circulation und der 
Stoffwechsel im natürlichen Gange erhalten werden. 
Wenn wir nun den steten Wechsel der Stoffe, wie sie 
in den verschiedenen Organen ab- und zugeführt, geändert 
und umgesetzt werden, betrachten, so sehen wir klar, wie alle 
übrigen Functionen des Körpers, die Thätigkeit der Muskeln, 
der Eingeweide, der Gesäße, des Gehirn- und Nerven-Sy 
stems nur in dem Grade lebenskräftig sein können, als der 
hochwichtige Stoffwechsel im richtigen Verhältniß zu den Func 
tionen der übrigen Organe und Systeme vor sich geht, und 
es sind alle Systeme des Organismus nur in dem Maße be 
fähigt, aus den Verlaus des ganzen Lebens-Processes günstig 
einzuwirken resp. denselben naturgemäß zu vermitteln, als ihre 
normale Thätigkeit durch eine richtige Stoffaufnahme, rich 
tige^ Stoffmischung, Umsetzung und Bewegung, 
sowie durch eine richtige Stoffausscheidung er 
halten wird. 
Hierin liegt das offenkundige Geheimniß des Naturheil 
verfahrens. Es kommt also nur darauf an, daß wir die Na- 
turheilmittel im rechten Maße, im rechten Verhältnisse, auf 
die rechte Weise, in der rechten Ordnung und in dey rechten
	        
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