Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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üls ein angeblich Besonderes, zu gestatten. Dort, wie hier, 
waren es abtrünnige Vertreter der bisherigen Autorität selbst, 
welche die Veranlassung oder doch Möglichkeit zur Fortdauer 
S des Spaltes gaben — indeß, meine Herren, es ist ein großer 
Unterschied, ob eine Autorität durch wieder eine Autorität 
; schon anerkannter Art einen Abbruch erfährt, oder ob es ein 
neues Element ist, welches sich erst zur Autorität machen will. 
- Weder der Protestantismus, noch die Homöopathie hätten 
Wurzel geschlagen, so wie es geschehen, wenn nicht dort Für 
sten, hier Aerzte (ckoetores medicinae) selbst, also Theile der 
bisherigen Autorität, an die Spitze der sich trennenden Frac- 
Lionen getreten wären. Aber darin liegt anderer Seits auch 
noch eine gewisse Hoffnung für Wiederherstellung der alten 
Autorität: die geistige Verwandtschaft uralter, anerkannter 
Autoritäten besteht fort, und eher oder später führt sie in 
Einem Punkte wieder zusammen. Sehen Sie hin, meine 
Herren, nach der Protestantischen Kirche, und Sie namentlich, 
geehrter Herr Pastor, frage ich: ist jetzt, wenigstens in den 
Autoritätskreisen, die Abneigung gegen die alte Mutter noch 
so schroff, wie vor ein oder zwei Jahrhunderten? Und zei 
gen die homöopathischen Aerzte in den Extract-Tropfen ihrer 
Medicinen und in manchen anderen Verordnungen nicht auch 
i bereits mehr und mehr Geneigtheit, von den Decillionentheil- 
chen Hahnemanns abzugehen und der allopathischen Mutter 
reuig sich wieder in die Arme zu werfen? Anders, leider 
ganz anders verhält es sich noch mit den Wasser- und Schroth- 
schen Aerzten Zwar find, namentlich unter den ersteren, 
viele .,von unsere Leut, wie das treffliche Berliner Volks 
stück sagt, und wenn diese allein die sogenannte Naturheil 
weise in der Hand hätten, möchte der frohe Tag bald erschei 
nen, wo Prießnitz und Schroth ferner nicht weiter als Ent- 
\ decker, sondern nur als Ausschreier von schon längst in An 
wendung gewesenen Mitteln: „Wasser und Diät", angesehen 
würden. Aber, leider, in diesen beiden Richtungen hat sich 
auch das Laien-Element in einer Art eingemischt, welche jenen 
Tag der Anerkennung der allgemeinen Mutter noch in weite 
Ferne rückt, wenn nicht ganz aus aller Aussicht streicht. Wo 
es dahin gekommen, daß Laien sich vermessen, ebenso gut, 
wenn nicht gar noch besser, als die gesetzlichen Vertreter der 
Sache, also die Autoritäten, diese Sache selbst zu verstehen, 
selbstständig ansangen, darin und darüber zu urtheilen, ja so 
gar zu handeln, — dann adieu Autorität, gesetzmäßiger Zu 
stand, Ruhe und Glück der Menschheit! Dann wird der 
Begriff „Natur" hervorgezogen, ein Sturm- und Angriffsin 
strument gegen die Mauern der alten Gesetzlichkeit daraus ge 
macht, und eine Begriffsverwirrung entsteht, zum Entsetzen!" 
„Wer nennt sich denn jetzt „Naturarzt"? Etwa die Mehr- 
, heit derjenigen wirklichen berechtigten Aerzte, welche sogenannte 
Wasserheilanstalten oder Schroth'sche Institute besitzen oder 
^ dirigiren? Keineswegs! Nur wenige von diesen Entarteten 
gebrauchen diese Bezeichnung; vorzugsweise nennen sich viel 
mehr „Laien" so — Menschen, welche, ohne eigentliche Aerzte 
zu sein, vorgeben, eine besondere Befähigung für Erkennung 
und Heilung zu besitzen, und diese sind es auch, welche dann 
belieben, in die Worte „Naturheilkunde" und „^Natur- 
arzt" einen ganz besonderen Begriff zu legen, mit welchem 
sie sich außerhalb der anerkannten Heilwissenschaft zu stehen 
brüsten, ja behaupten, über derselben zu stehen. Allerdings, 
außerhalb stehen sie und sollen sie immer stehen, weil 
sie nicht hineingehören in's Heilfach, weil sie „Wiedertäu 
fers sind, die, wie diese einst, die Menge bethören und be 
schwindeln. Aber mit welchem Rechte nennen sie sich „Na 
turärzte"? Wenden sie, wenn sie Wasser und Diät zu 
ihren angeblichen Kuren gebrauchen, etwa etwas Anderes an, 
als was die Aerzte aller Zeiten auch angewendet habe? Gehen 
wir, die legitimen Aerzte, nicht auch Hand in Hand mit der 
Natur? Gehören das Mineral-, Pflanzen- und Thierreich, 
aus denen wir unsere Mittel entnehmen, etwa nicht mehr zur 
Natur? oder benutzen wir nicht auch den Menschen-Körper, 
wenn er krank, selbst und seine Einrichtungen, um ihn gesund 
zu machen? Wissen die Herren etwa mehr davan, wie ihr 
Wasser, ihre altbackenen Semmeln und ihr Wein wirken, als 
wir davon, auf welche Weise unsere Arzneien den Körper 
gesund machen? Ist der mit mehr Recht ein „Naturarzt" 
zu nennen, welcher nur mit 3—4, oder der, der mit allen 
Stoffen aus allen Natur-Reichen agirt?" 
Alle (mit Ausnahme des Schuldirectors und des gleich 
bei Beginn der medicinalräthlichen Rede eingetretenen, aber 
an der Thür und hinter Herrn Medio stehengebliebenen Herrn 
Gotthold Augustin). Bravo! Bravo! (Forts, folgt.) 
Krankencorrespondenz. 
Herr F. W. P. in M. an die Redaction. 
Ich leide seit einigen Jahren an Magencatarrh, der nach 
dem Ausspruche meines Arztes, eines Allopathen, chronisch ge 
worden ist Ich habe die verschiedensten Mittel dagegen ge 
braucht, aber ohne Erfolg, wenigstens ohne dauernden. Ver 
gangenen Sommer bin ich 4 Wochen in Kissingen gewesen 
und habe Rakoczy dort getrunken und warme Soolbäder da 
bei genommen. Das Uebel ist dasselbe geblieben, eher schlim 
mer geworden. Ich trank früher bayrisch Bier, durchschnitt 
lich vielleicht täglich 3 Töpfchen. Auf Anrathen meines Arztes 
trinke ich seit einem halben Jahre keines mehr; dafür aber 
Wein und Wasser. Diese Diät, wobei ich auch noch alles 
Saure, Backwerk, Obst re meide, ist nicht ganz ohne Erfolg 
geblieben, gleichwohl befinde ich mich nicht wohl. Es plagt 
mich nämlich ein periodisches Uebelsein, ein Zusammenziehen 
des Magens nach innen, bisweilen — nach dem Rakoczy aber 
seltener — auch Säure. Ich werde den Schnupfen fast gar 
nicht los und bin immer verschleimt. Mein Arzt sagt: es 
sei ein allgemeines catarrhalisches Leiden. In Folge desselben 
höre ich seit ziemlich einem Jahre aus dem rechten Ohre sehr 
schwer, ich rieche fast gar nicht und schmecke nur sehr wenig. 
Dabei leide ich bisweilen an Obstruction, die ich indessen durch 
laue Klystiere in der Regel hebe. Bisweilen habe ich Mast 
darmblutungen. Wenn ich diese habe, befinde ich mich am 
wohlsten, am freiesten, kurz vor ihrem Eintritte aber am un 
wohlsten. Seit ich in Kissingen war, haben sie sich gegen 
früher sehr verringert. 
Ich habe mich nun entschlossen, eine Kaltwasserkur zu 
gebrauchen und in den Ferien eine Kaltwasseranstalt zu be 
suchen. Welche? Darüber wollte ich mir Ihren Rath er 
bitten. Aber es sind noch 5 Monate bis dahin. Kann ich 
nicht inzwischen etwas thun? 
Ich bin 44 Jahre alt, Vater von 7 Kindern, habe zwar 
nie gewüstet, aber sonst gut gelebt. Ich trinke jetzt viel Soda 
wasser, das ich mir selbst bereite, und vielleicht im Durch 
schnitt täglich eine halbe Flasche guten Wein, rauche auch täg 
lich 2 bis 6 Cigarren. Mein Appetit ist gut; (ich sitze viel) 
Antwort der Redaction. 
Obwol Sie unterlassen haben, sich über mehrere Gegen 
stände auszusprechen, von denen zu hören uns für Ihre Be-
	        
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