Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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den kalten unausgesetzten Umschlägen sei die Genesung zuzu 
schreiben; —* beide notirten sich mein Heilverfahren*). 
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Ein Dienstmädchen hatte an einem Finger den Knochen 
fraß; alle Kuren mit Salben re. blieben erfolglos, das obere 
Glied war ganz geschwunden. Ich gab ihr thuja und sulphur 
homöopathisch und ließ, da sie so bedeutende Schmerzen hatte, 
daß sie nicht schlafen konnte, den Finger mit einer in kaltes 
Wasser getauchten Compresse (welche so oft gewechselt wurde, 
als sie heiß geworden und bei nicht vorhandener Hitze bis 
zum Trocknen liegen blieb) belegen und verbinden; nach 14 
Tagen war der Finger geheilt und zu allem Dienst brauchbar. 
Ein anderes Dienstmädchen klagte über Reißen in den Glie 
dern, sie hatte schon allerlei gebraucht, ja sogar gebadet, aber 
ohne Erfolg; sie konnte keine Nacht schlafen. Da nach ihrer 
Angabe eine Erkältung zum Grunde lag, gab ich ihr eine ho 
möopathische Gabe rhus. Sie schlief darauf die Nacht und 
war verwundert- als sie am Morgen ihr Reißen und zwar 
für immer beseitigt fand. 
3. 
Ein Kind von 3 Jahren bekam in der Nacht einen so 
heftigen Biäuneanfall, daß es sich immerfort nach der Kehle 
faßte, indem es keine Luft bekam; ich gab ein Eiweiß in 
Zuckerwasser gequirlt, und Aconit homöopathisch; der Husten 
ließ bald nach, und nach 3 Tagen war das Kind völlig 
gesund. 
4. 
Meine Kinder hatten die Masern, meine Frau pflegte 
dieselben und klagte nach 8 Tagen, daß sie ein allgemeines 
Unwohlsein empfinde; sie glaubte, abermals das bereits ein 
mal gehabte Nervenfieber zu bekommen. Da sie nicht wußte, 
ob sie in der Kindheit die Masern gehabt, so ließ ich sie ein 
Sitzbad von kaltem Wasser eine halbe Stunde nehmen, wusch 
ihr dann die Füße kalt, und machte einen Umschlag von kal 
tem Wasser aus den Unterleib. Sie legte sich zu Bett, und 
in 3 Stunden hatte sie die Masern über unb über, offenbar 
durch die Reaction des Blutes aus die Anwendung des kal 
ten Wassers; die übrige Kur homöopathisch — ließ sie 
bald genesen**). 
*) Anm. der Red. Bei ähnlichem Vorkommniß empfehlen wir 
dem Herrn Referenten, wie Jedermann, nicht blos mit Kopf- und 
Unterleibsumschlägen sich zu begnügen, sondern womöglich Sitzbäder 
en 16 "Wasser, welches nach einiger Zeit noch etwas kälter, bis auf 14 o 
herab, temperirt wird) x 4 Stunde lang mit gleichzeitigen sehr feuchten 
Kopsauflagen (die, so oft sie heiß, gewechselt werden) 2 — 3 Wal des 
Tages, oder auch ganze, kurze (nur bis zum Heißwerden des Körpers, 
also ca. 20—30 Minuten dauernde) feuchte Einpackungen, mit 
darauffolgenden kühlen Abwaschungen, 2—3 Mal täglich, anzuwenden, 
im Uebrigen aber auf instinktive Kundgebungen des Patienten wohl 
zu achten; — dann wird Gehirnaffection, selbst bei schon eingetretener 
mäßiger Ausschwitzung, in viel kürze rer Zeit (als 6 Wochen) zu 
beseitigen sein. 
**) Anm. der Red. Homöopathie und Hydrotherapie lassen sich 
sehr füglich verbinden; denn die homöopathischen Gaben sind ja so un 
bedeutend, daß sie, wenn erfolglos, niemals schaden können, und falls 
sie wirksam, geschieht die Wirkung wahrscheinlich durch kleine, ge 
fahrlose Umstimmungen der Nerventhätigkeit, und können sich diesfalls 
die Naturheilkunde, welche es ebenfalls so oft mit solchen Umstimmun 
gen zu thun hat, und Homöopathie gewiß nur unterstützen. Jeden 
falls stehen sie sich nicht entgegen, wie Allopathie und Hydrotherapie. 
Aus dem hydro-diätetischen Verein zu Dresden. 
(Dritte, in Nr. 232 der vorj. Dresdn. Nachr. vom Verein veröffent 
lichte Ansprache an das Publikum.) 
Das Wasser, ein schon längst von Aerz ten anerkanntes 
Heilmittel. 
Nachdem wir neulich der hauptsächlichsten Mittel einer 
naturgemäßen Heilmethode gedacht haben, wenden wir uns 
nun speciell dem einen dieser Mittel, dem Wasser zu, um 
darzuthun, daß dasselbe von jeher, und zwar von Aerzten, 
als treffliches Heilmittel anerkannt und benutzt worden ist. 
Von Hippokrates, den wir als den wissenschaftlichen Be 
gründer der Heilkunst bezeichneten, bemerken wir, daß er das 
Wasser namentlich in chirurgischen Fällen, auch bei Entzündungen 
und Blutflüssen anwendete, und daß er chronische Hautkrank 
heiten mit Meerwasser, und bösartige Fieber mit kalten Ueber- 
gießungen behandelt wissen wollte. Die meisten griechischen Aerzte 
folgten seinem Beispiele und wendeten bei ihren Kuren gleich 
falls Wasser an. Auch von einem arabischen Arzte. Avicenna, 
mehr aber noch von einigen römischen Aerzten wurde das 
Wasser zum innerlichen und äußerlichen Gebrauch, wie aus 
ihren Schriften hervorgeht, bei den verschiedensten Krankheiten 
benutzt. Wir sehen jedoch von den Anführungen aus jener 
alten Zeit ab und belegen den obenangestellten Satz mit eini 
gen Beispielen aus uns näher gelegenen Jahrhunderten. 
In dem französischen Feldzuge unter Franz I. (1515) 
verbanden die französischen Wundärzte alle Schuß-, Hieb- und 
andere Wunden lediglich mit Wasser, und der berühmte Am 
brosius Pars, der anfangs nur ein von einem italienischen 
Arzte erprobtes Oel (oleum eatellorum) zur Wundenheilung 
gebraucht hatte, war nicht wenig erstaunt, als er dieselben 
guten Eigenschaften am kalten Wasser bemerkte. — Trotz 
solcher Wahrnehmungen erlangte es aber doch keine allgemeine 
Verbreitung, und obgleich eine 1542 erschienene Abhandlung 
von Michael August Blondi über das Wasser als Heilmittel 
anfänglich große Aufmerksamkeit erregte, so wurde dieselbe 
doch bald, weil darin nur von gemeinem Wasser ~~ ohne 
Zauberformel und Sympathie — die Rede war, still wieder 
bei Seite gelegt Erst später, im Jahre 1732, bewirkte La- 
monier die Einführung des kalten Wassers auf's Neue bei den 
französischen Aerzten, wo es nun auch bei fürstlichen Personen 
Dienste leistete. Der Herzog von Orleans hatte nämlich am 
Mittelhandknochen der einen Hand eine Wunde erhalten und 
die Zufälle gestalteten sich dabei so heftig, daß die Aerzte die 
Amputation (Ablösung) beschlossen. Durch noch rechtzeitige 
Anwendung des kalten Wassers, unter Leitung des Dr. Chi 
rac, wurde jedoch der Arm erhalten und glücklich geheilt. 
Ebenso wurde der Herzog von Lorges von mehreren hartnäcki 
gen Krebsgeschwüren an den Beinen, welche selbst die be 
rühmtesten Aerzte nicht heilen konnten, von einem schweizeri 
schen Soldaten durch geschickte Wasseranwendung binnen Mo 
natsfrist vollständig hergestellt — 
Unter den englischen Aerzten, die überhaupt mit kaltem 
Wasser sehr glücklich kurirten, heben wir vorzüglich James 
Currie hervor, der das Wasser mit dem besten Erfolge sowohl 
in acuten (hitzigen), wie auch in chronischen (langwierigen) 
Krankheiten gebrauchte und die ersten glänzenden Resultate 
im December 1787 im Krankenhause zu Liverpool erzielte. 
Auf einzelne seiner Kuren kommen wir vielleicht später zurück, für 
jetzt theilen wir nur etwas über denjenigen Arzt mit, durch dessen
	        
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