Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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(d. h. trocken-heiße Lustanwendung) oder irisch-römische 
Bäder (welche eine durch Ventilation vervollkommnete Abart 
der türkischen sind) vorgefunden werden, da ist dies eine 
höchst beachtenswerthe Vermehrung der Naturheilmittel; nur 
prüfe der Patient wohl, da es jetzt auch derartige, als völlige 
Kurinstitute mit Pension eingerichtete Badeanstalten giebt, ob 
der Besitzer, namentlich wenn er allopathischer Arzt ist, etwa 
auch Arzneien nebenbei noch für nöthig zu und bei der 
Dampf- oder trocken-heißen Luftbad-Kur hält; ist dies der 
Fall, auch eine Geneigtheit des Dirigenten zur Gestattung 
nur der heißen, resp. heiß-feuchten und mit kühlen und kal 
ten Abwaschungen verbundenen Bäder, ohne gleichzeitige Arz 
neianwendung, nicht vorhanden, dann sehe der Patient ab von 
ihrer Wahl, ebenso wie von dem Gebrauche des Minerals 
in Mineralbädern, deren Besuch ihm, wie schon erwähnt, nur 
zum diätetischen Leben daselbst zu rathen ist. 
Von den einzelnen eigentlichen Naturheilanstalten 
werden wir nun, wie wir dies bereits im vorigen Jahrgange 
mehrfach gethan*), auch Heuer die uns persönlich genau be 
kannten zu beschreiben fortfahren und machen in unserer näch 
sten Nummer den neuen Anfang — gemäß der Reihenfolge, 
in welcher wir sie besuchten, d. h. durch längeren, resp. öfte 
ren Aufenthalt sie kennen lernten — mit der zur Schweizer 
mühle in der Sächsischen Schweiz. — Daß wir auch Schroth- 
sche Heilanstalten in den Chclus unserer Beschreibungen aufneh 
men werden, versteht sich von selbst; nur wird uns diese ab 
wechselnde diesfallsige Vorführung erst vom zweiten Quartale 
an möglich sein. 
Die Frage übrigens, inwieweit und unter welchen Vor 
aussetzungen naturärztliche Kuren chronischer Krankheiten auch 
zu Hause abgemacht werden können, bleibt einem besonderen, 
baldigen Artikel vorbehalten. 
Krankencorrespondenz. 
Herr Photograph G. M. in M ...U an die Redaction. 
In Ihrem (verjähr.) Blatte „der Wasserfreund" wurden 
Freunde der Wasserkur aufgefordert, Krankheiten, welche sie 
an sich, Bekannten oder Angehörigen rc. naturärztlich behau- 
meiner Beharrlichkeit, bin glücklich, diese Wendung der Dinge mit 
herbeigeführt zu haben, und entschädigt für alle gebrachten Opfer. 
Es ist ein Hauptaugenmerk in unserm Wirken, der nenen Heil- 
weife einen möglichst wissenschaftlichen Boden gewinnen zu helfen, und 
in den zahlreichen während der Kur auftretenden Erscheinungen ein 
Gesetzliches zu suchen, das als leitende Norm festzustellen ist. Das 
Verhältniß des Stoffwechsels ist es zumal, dem eine besondere Auf 
merksamkeit zugewendet wird, und finden täglich Arbeiten mit dem 
Mikroscop und dem Reagenz statt. Wir wissen zwar recht wohl, wie 
schwer ein solches Vorhaben erfolgreich zur Ausführung zu bringen ist, 
da sich der Beobachtung so variabler Stoffe unendliche Schwierigkeiten 
entgegenstellen, allein dies schreckt uns nicht, wir werden ruhig weiter 
arbeiten und uns des geringsten Erfolges freuen " 
Zwar konnten wir, um in keiner Weise partheiisch zu erscheinen, 
den Namen des Schreibers vorstehenden Briefes und seiner Anstalt hier 
nicht erwähnen, aber wir sind natürlich, auf Privatanfragen, sehr gern 
bereit, dieß zu thun, wie wir überhaupt über alle auf die Wahl einer 
Anstalt bezügliche Anfragen bereitwilligst privatliche weitere Auskunft 
ertheilen werden, soweit uns die betr. Oertlichkeiten und Persönlich 
keilen genau bekannt sind. 
*) Wir haben im ,,Wafferfreund" bisher die Beschreibungen von 
Gräfenberg, Veldes (Malnerbrunn bei Laibach in Oberkrain), Geltschberg 
und Wartenberg gegeben. 
delt haben, in Ihrem Blatte zu veröffentlichen, auch solche, 
welche keinen Erfolg gehabt haben. Als ein Leser Ihres 
Blattes erlaube ich mir nun die Frage: Kann ein Schan 
ker mit alleiniger Wasseranwendung geheilt werden? Nach 
vielen hydriatischen Schriften, welche ich gelesen habe, behaup 
tet man es. Aber nach dem Resultat, welches ich bei vorlie 
gendem Falle erzielt habe, muß ich es bezweifeln, und gebe 
dem Aufsatze eines Mediciners in Ihrem Blatte Recht, welcher 
sagt, daß es nutzlos sei, besagte Krankheit ohne Mercur 
heilen zu wollen: 
Mein Bruder, ein junger kräftiger Mann von 25 Jahren, 
welcher noch keine ansteckende Krankheit gehabt hatte, bekam 
im Juni, in Folge einer solchen, Tripper und Schanker 
zusammen (der Sch. bildete eine kleine Wunde vorn an der 
Röhre) Da ich ein Feind von allem Mediciniren bin, und 
wußte, daß in hiesiger Wasseranstalt besagte Krankheit nicht 
ohne Mercur geheilt werde, so fing ich mit ihm die Kur 
gleich selbst zu Hause an. Ich wickelte ihn des Morgens aus 
dem Bett heraus in 2fache Leintücher und ließ ihn 2 auch 
3 Stunden liegen, wobei er öfter in Schweiß kam; darauf 
habe ich ihn mit dem triefenden Leintuch eine Abreibung gege 
ben. Sitzbäder nahm er 2—3 des Tages von § Stunden 
Dauer, im Anfang von 16 Gr. und fiel nach und nach auf 
10 4fr. Die Nacht über trug er den Schroth'schen Leibum 
schlag, und Tag und Nacht war das Glied in feuchte Um 
schläge eingehüllt; dabei wurde eine strenge Diät aus Milch 
Obst und Gemüse, überhaupt alle möglichen Vorsichtsmaß 
regeln beobachtet. So wurde 3 Monate consequent fortge 
fahren. Im Verlauf dieser Zeit stellte sich aber am ganzen 
Körper und im Gesicht ein Ausschlag von rothen Flecken ein, 
welche ich für ein gutes Zeichen hielt, später aber mich über 
zeugte, daß die Ursache davon die war, daß das Gift be 
reits ins ganze Blut eingedrungen. Es kamen nun auch 
Drüsengeschwülste und Blasen im Munde am Zahnfleisch vor, 
überhaupt sah man es, daß sich der ganze Zustand verschlim 
merte, anstatt verbesserte, so daß ich doch zuletzt gezwungen 
war, ihn in die hiesige Wasseranstalt zu bringen, wo nach 
Untersuchung der Dr. erklärte, der Schanker sei schon in der 
Rachenhöhle, Nase und überall, und dabei bemerkte: „Ein se- 
eundärer Schanker sei niemals ohne Mercur zu 
heilen; die primären Symptome indeß würden bei ihm 
auch ohne M. geheilt." Jetzt geht er nun bereits den vier 
ten Monat in die Anstalt und hat bis jetzt 30 Gr. Mercur 
in Pillen erhalten, muß aber vielleicht noch einmal so viel 
oder mehr nehmen, ehe er hergestellt sein wird. Die Anwen 
dung in der Anstalt besteht in einer täglichen einfachen Ein 
packung mit daraus folgender schwacher Douche und Brause, 
und 2 Dampfbädern wöchentlich; außerdem trägt er einen 
Neptunsgürtel; zu Hause habe ich ihm angeordnet, gegen 
Abend ein Sitzbad und für die Nacht eine halbe Einpackung 
(bis unter die Arme) und Halscompresse; der Penis ist Tag 
und Nacht eingewickelt in feuchte Umschläge. 
Muß ich mich nun nicht nach obigen Andeutungen ankla 
gen, meinen Bruder, wenn nicht so zu sagen unglücklich, doch 
allerwenigstens auf ein Jahr in einen kranken Zustand ver 
setzt zu haben, der, wenn die jetzige Methode der Behandlung 
mit Qnecksilber gleich von Anfang angewendet worden wäre, 
vielleicht nur 3 Monate gedauert hätte, ohne daß das Gift 
eine solche Ausbreitung gewonnen, und daß auf Jahre hinaus 
noch andere Nachwirkungen und Rückfälle zu befürchten wä 
ren? Ueber dieses bitte ich, mir Ihren Rath und die strengste 
Wahrheit ohne jede Rücksicht zu sagen.
	        
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