Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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und alledem ist dieses Verfahren bis zur Stunde in den 
bayerischen Militärkrankenhäusern förmlich verboten. Zwar 
darf dasselbe unter den Augen der hohen Regierung in der 
Umgebung von München schon seit Jahren in 5 eigens für 
Wohlhabende eingerichteten Naturheilanstalten praktisch ausge 
übt werden. An keiner bayerischen Landes-Universität aber 
ivird es aus dem Katheder gelehrt und in Kliniken praktisch 
durchgeführt. Welch' ein Widerspruch*)! Die Universität 
Prag macht in ganz Deutschland allein eine rühmliche Aus 
nahme,^ nur an dieser hält (laut dem neuesten Verzeichniß der 
akademischen Vorlesungen**) Privatdocent Dr. Spott Vorträge 
über „Wasserkuren in hitzigen und langwierigen Krankheiten". 
Ist diese Bezeichnung auch eine falsche, weil es Kuren aus 
„Wasser allein" nicht giebt, so ist doch wenigstens die Sache 
dadurch anerkannt und geziemend vertreten, die erst ^>ann zu 
verdientem Ansehen gelangen und im Publikum bleibendes 
Vertrauen gewinnen kann, wenn sie an den Universitäten ge 
lehrt und in eigens dafür eingerichteten Kliniken prakticirt 
wird, mag- dies immerhin unter einer Form geschehen, unter 
welcher es will, um sie auf diese Weise recht bald den Hän 
den der Geldspeculation zu entziehen. — Ganz dasselbe gilt 
auch in der „mesmerischen, odisch-magnetischen Heilweise", für 
deren Ausbreitung gegenwärtig Dr. Moser inMiürchen thä 
tig ist, der auch jüngst einen siegreichen Kampf für sie vor 
Gericht bestanden hat; (zu bedauern ist, daß er nebenbei 
noch Homöopathie treibt). Sie bildet ohne Zweifel als Er 
gänzung gleichsam den Schlußstein des Naturheilversahrens 
und ist darum bei chronischen Nervenleiden, die nicht auf or 
ganischer Verbildung beruhen, von besonders großer Bedeu 
tung, wenn ihre Durchführung am Krankenbette ohne alle 
und jede Anwendung von Arzneistoffen und Blutentziehungen 
dem Naturinstinkte gemäß geschieht. 
Ueber Gesundheitspflege 
mit Rücksicht ans die Resultate, die bei Behaudluug der 
verschiedensten Kinder-Krankhekten erzielt wordm sind. 
Mitgetheilt von A. Fr. in Stettin. 
(lPiehe auch S. 20 u. 85») 
IV. 
Bei der Fortsetzung der Erzählungen bezüglich der ein 
fachen natürlichen Heilung von Kinderkrankheiten kommen wir 
nunmehr auf das Gebiet der Fieber; es dürfte daher zu 
nächst die Frage am Orte sein: Was ist Fieber und auf wel 
chem Wege kann es beseitigt werden? 
*) Die Einrede: „Dieses Gegenstandes werde bei den Vorträ 
gen über Therapie gedacht, das Wasser wende man ohnedies schon 
längst in den dazu geeigneten Fällen am" ist ungefähr so viel werth, 
wie die folgende: „Der Phrenologie werde bei den Vorträgen über 
Anatomie und Physiologie in geeigneter Weise Erwähnung gethan." 
Wie dies aber geschieht, ist männiglich bekannt. 
**) M. 1860; denn ans dem diessallsigenJahrgange des „Bay 
rischen Land boten" wurde aus gefällige Anregung des Herrn Ver 
fassers obiger Artikel entlehnt. 
Die alte Schule hielt das Fieber für eine Krankheit, 
während die von dieser Schule leider noch unbeachtete neuere 
Wissenschaft (Naturheilkunde) in den fieberhaften Erscheinun 
gen ein Heilbestreben des Organismus, erkennt. Jene Schule 
beseitigt das Fieber durch heroische Mittel (Chinin re.), d. h. 
sie schwächt den Organismus soweit ab, daß die Fiebererschei 
nungen verschwinden, wogegen die Naturheilkunde die natur 
gemäße Unterstützung seiner Heilbestrebungen lehrt. Die erstere 
wirkt also lähmend und schwächend, die letztere belebend und 
kräftigend auf die allein heilende Naturkrast des Organismus 
ein. Wir sehen dies täglich und können solches in den Er 
gebnissen der einzelnen Heilmethoden nachweisen. 
Die Medicin-Heilkunde hat allerdings oft die Fieberer 
scheinungen bekämpft, sie hat aber auch oft zu der, Krankheit, 
die das Fieber kennzeichnete, ein anderes Uebel gesetzt, also 
selten im wahren Sinne des Wortes geheilt. Wenn in ein 
zelnen Fällen der Fieberkranke gesund wurde, so hat er dies 
seiner Naturkrast zu verdanken, die durch zufällige, natürliche 
Einwirkungen den Heilproceß vollführte; denn wir wissen, daß 
keine Krankheit existirt, die nicht schon ohne alle. Beihülfe der 
Kunst geheilt worden wäre. Jene Uebel, deren Keim bei einer 
naturwidrigen Behandlung des Organismus nicht ausbleiben 
können, machen sich namentlich bemerkbar, — in gestörter 
Ausdünstung des Körpers, Abschwächung der Athmungs- und 
Verdauungswerkzeuge, Disharmonie in der Blutcirculation 
und Athmung, Anschwellung der Milz oder Leber, und in 
Entstehung chronischer Leiden. Oft bemerkt.man aber auch 
Anschwellung der Beine, Wassersucht und Tod. 
Die Naturheilkunde dagegen hat bessere Resultate aufzu 
weisen. Sie erkennt die Krankheit, welche das^Fieber anzeigt, 
in dem gestörten harmonischen Zusammenwirken der flüssigen 
und festen Theile und sucht die Ursache dieser Störung in 
der Abschwächung des Organismus, namentlich der Verweich 
lichung des Hautorgans. Eine geringe partielle Erkältung 
oder ein Ueberreiz des im Wechselverkehr stehenden Haut- oder 
Verdauungs-Apparates reicht hin, eine Störung in dem Or 
ganismus mit fieberhaften Erscheinungen hervorzurufen. Je 
geringer der Grad einer solchen Störung ist, desto leichter ist 
die Heilung der dadurch hervorgerufenen Fieberkrankheit. Wir 
haben eine solche schon nach einer einmaligen feuchten Abrei 
bung schwinden sehen, oft ist aber auch ein schärferes Ein 
greifen mit Naturheilkräften nothwendig geworden^ dann aber 
stets eine gründliche Heilung eingetreten. 
Leicht und schnell läßt sich dies herbeiführen, wenn der 
Körper bei dem Eintritt des Gähnens, oder bei den Vorboten 
des Frostes —• wenn Lippen und Fingerspitzen eine bleiche 
Farbe annehmen — mit einem in kalt Wasser getauchten 
und ausgerungenen Laken abgerieben werden. Man hat also in 
der Zeit, wo der Organismus in seinem Heilbestreben das 
Blut von den äußeren in die inneren Blutgefäße treibt, um 
mit allen Kräften die normale Cirkulation anzubahnen, welche 
die Haut, als Regulator der Wärme- und Elektricitäts-Strö- 
mung, vermittelt, in ihrem kranken Zustande aber nicht voll 
ständig vermitteln kann, — durch entsprechenden Kültereiz ein 
zuwirken. In Fällen, wo bei der ersten feuchten Abreibung 
das Laken sehr warm wird, macht man eine darauf folgende 
gleiche Abreibung und nötigenfalls auch noch eine dritte. 
Der Kranke, der sich nach dieser Behandlung gewöhnlich sehr 
wohl fühlt, legt sich zu Bett, und wird später, beim Aufstehen 
oder nach einem etwa eingetretenen Schweiße, entweder trocken 
oder mit einem derb ausgerungenen Laken abgekühlt, wir mei 
nen leicht und schnell abgerieben. Tritt das Fieber zum zwei-
	        
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